Changing Flight Levels - Die Stewardess die die Welt verändern wollte

Ein Jahr danach…

Nun hätte ich also die Luftfahrt verlassen und müsse mich noch immer mit den gleichen Themen beschäftigen. -Ob das nicht langweilig sei, fragte mich Anfang dieser Woche eine Führungskraft, als wir die ein oder andere „kulturgestaltende“ Maßnahmen für seinen Bereich planten. Ich musste lächeln, denn genau das war doch mein Plan, mein Traum seit Jahren: Raus in die Welt zu gehen und alles das, was mir die Luftfahrt in Hinblick auf den Faktor Mensch und High Performance Teams beigebracht hat, zu teilen. Und was soll ich sagen? Es funktioniert ganz ausgezeichnet!

Aber lasst mich mal von vorne anfangen, denn die Zeit verging wie im Flug. So musste ich feststellen, dass es schon ein Jahr her ist, dass ich die für mich so große Entscheidung getroffen habe, die Luftfahrt nach 21 Jahren zu verlassen. -Nicht wegen Corona oder weil ich keine Lust mehr auf Flugzeuge hatte, sondern weil da schon so lange dieser Traum existiert, der nicht geringer ist, als die (Business-) Welt zu verändern. Dass ich mich trotzdem gefühlt täglich mit dem Thema Flight Levels beschäftigen würde, war mir damals noch nicht klar, war mein agiles Wissen doch noch ausbaufähig. Aber das ist ein anderes Thema. Denn vor dem Neubeginn stand ja zunächst der Abschied. -Der tränenreiche Abschied! Diejenigen von euch, die mir auf den sozialen Medien folgen, konnten in den letzten beiden Wochen meine Abschieds-Blogs nochmals lesen. Die Frage, die darauf immer wieder aufkam, war ob ich es denn bereut habe. Die Antwort ist klar und deutlich: Nein! Zu keiner Sekunde!

“Two roads emerged for the woods. I took the one less travelled by and that made the difference…“

Das schrieb mir mit neunzehn oder zwanzig eine Backpacker-Bekanntschaft in mein Reise-Poesiealbum. Mit zwanzig findet man das einfach nur cool und irgendwie progressiv. Dass dieser kluge Satz tatsächlich eine Art Prophezeiung sein würde, war mir damals nicht wirklich klar, auch wenn ich natürlich immer anders sein wollte, also mit Anfang zwanzig! Es folgte eine Phase in der ich nach Menschen gesucht habe, die so sind wie ich, damit ich eben nicht mehr anders bin. Interessanterweise habe ich parallel dazu erzählt, wie wichtig Diversität doch sei. Verrückt, oder?

Als ich mich entschieden hatte von der Luftfahrt in die Bankenwelt zu wechseln, war mir natürlich total klar, dass ich vom ersten Tag an anders sein würde, als jeder andere dort. Mein Werdegang und das Paket, das ich mitbringe, würde absolut einzigartig sein und selbstverständlich habe ich mich mehr als einmal gefragt ob das denn passen könne. Nun neigt sich mein erstes von zwei Jahren dem Ende zu und ich finde es passt perfekt. Es „menschelt“ einfach überall gleich und es ist, wie ich es mir erhofft habe: Alles das, was ich in meiner Zeit in der Luftfahrt in Hinblick auf den Faktor Mensch lernen durfte, passt perfekt in meine neue Welt. De Facto mache ich mir gerade fast Sorgen, dass mir ein weiteres Jahr nicht ausreicht, um all das da zu lassen, was aus meiner Sicht einen Mehrwert darstellen kann. Und parallel dazu gibt es so viel zu lernen.

Denn Coaches brauchen natürlich einen Purpose

So wirble ich also durch mein neues Leben, mit viel Motivation, Freude und vor allem auch Dankbarkeit dafür, dass ich in einem Umfeld bin, in dem ich mich ausprobieren darf. Das ist zum einen sehr befreiend, zum anderen sorgt es dafür, dass ich gefühlt täglich dazulerne. Auf diese Weise konnte ich mich auch inhaltlich gut an meinen neuen Job herantasten, um inzwischen einen verdammt klaren Plan im Kopf zu haben. Überraschung! Mein Thema ist Feedback-Kultur gepaart mit Psychological Safety und bewusster Selbstführung. In kleinen Schritten darf ich also Kultur gestalten, die Zusammenarbeit in Organisationseinheiten von 60 bis zu 500 Kollegen Schritt für Schritt hin zur Kultur einer lernenden Organisation führen! -Und ich habe noch ein ganzes weiteres Jahr Zeit! Ein weiteres Jahr um mich auszuprobieren, zu lernen, zu wachsen und das zu tun, was mich tief in meinem innersten antreibt. Ja, natürlich haben viele Coaches, gerade im agilen Umfeld, einen Purpose, eine Bedeutung, ein Ziel, eine Bestimmung, die wir uns geben. Meinen Purpose habe ich schon sehr lange, aber ich habe ihn bis heute noch nie geteilt, weil ich immer Sorge hatte, man könnte mich für größenwahnsinnig halten. Denn mein Purpose ist kein geringerer, als die (Business-) Welt zu verändern! „Ich verändere die Welt“ postuliert meine innere Stimme. Vor einem Jahr war mir klar, dass ich die Welt nicht verändern kann, wenn ich weiter im Korsett meiner alten Welt gefangen bin. Ich wollte die Welt verändern, indem ich meinen Beitrag dazu leiste, holistische Unternehmenskulturen zu schaffen, geprägt von einem achtsamen Miteinander, denn ich bin davon überzeugt, dass das der einzig wahre Weg zu echter High Performance ist. Der zauberhafte Nebeneffekt ist, dass Menschen glücklicher, zufriedener, ausgeglichener sind. -Meine Art die Welt zu verändern, für eine Hand voll Menschen, in winzig kleinen Schritten! Dabei wurden mir meine wunderschönen “Flugzeugschuhe” irgendwie zu klein.

Mit den Erfolgen kommt der Mut. Mit dem Mut werden die Träume größer.

Zu merken, dass mein Weg, mein Ansatz auch außerhalb der Luftfahrt nicht nur funktioniert, sondern sogar begeistert und auf offene Ohren und Gemüter stößt, macht mich von Tag zu Tag mutiger und gibt meinen Träumen weitere Flügel. Momentan träume ich von einer Mischung aus Konferenz und Bar-Camp unter dem Arbeitstitel „Luftfahrt meets Business - der Mensch als Schlüssel zum Erfolg nach dem Vorbild des Human Factors Trainings in der Luftfahrt“. Ich weiß, der Titel ist viel zu lang! Vielleicht hat ja jemand von euch eine zündende Idee. Inhaltlich wird es super, auch weil ich ein unglaubliches Team toller Frauen dafür begeistern konnte, mitzumachen. Und es gibt noch ein zweites zartes Pflänzchen, das vorsichtig sein Köpfchen aus der Erde streckt: Das Leben hat mir die Möglichkeit vor die Füße gespült, meine Schulungsansätze aus der Luftfahrt für die Business-Welt im Rahmen eines Vortrags mit Master-Studenten im Bereich Talent and Learning zu teilen! Wie kann man die Welt nachhaltiger verändern, als der nächsten Generation eine anständige Portion „Food for Thought“ mitzugeben. Bin ich doch fest davon überzeugt, dass meine Generation lediglich den ersten Schritt in Richtung einer wirklich neuen Welt der Zusammenarbeit macht. Die fundamentalen Veränderungen, auch auf gesellschaftlicher Ebene, stehen uns noch bevor und werden von diesen jungen Menschen getragen, denen ich meine Gedanken mitgeben darf. Welche Ehre!

Ja, es haben wohl tatsächlich zwei Pfade aus diesem Wald geführt und ich habe mich für den weniger ausgetretenen entschieden und das macht mich besonders. Es macht den Unterschied. Mein ungewöhnlicher und in weiten Teilen vielleicht auch steinigerer Weg hat mir Perspektiven geschenkt, die einzigartig sind und die mich einzigartig machen. „Jemand anderes sein zu wollen ist eine Verschwendung deiner Persönlichkeit“ sagte Kurt Cobain und er hat recht! Als ich selbst bin ich am besten! Und die letzten zwölf Monate haben mir sehr intensiv dabei geholfen, herauszufinden, wer ich bin und worin ich am besten sein kann. Allein aus diesem Grund habe ich meine Entscheidung nicht bereut. Ich fliege jetzt eben auf einem anderen Flight Level! Und wenn es zu turbulent wird, wechsle ich einfach das Flight Level… Für den Moment bin ich angekommen und das fühlt sich toll an.

Und was die Zukunft bringt…

Keine Ahnung! Klar habe ich zumindest für die nächsten zwölf Monate einen Plan. Allerdings bin ich mir auch bewusst, dass ich in etwa acht Monaten damit anfangen werde, mich beruflich neu auszurichten. Ende nächsten Jahres läuft mein Vertrag mit der ING aus und Stand jetzt habe ich tausend Ideen, aber keinen Plan, wie ich danach weitermachen möchte, oder wer denn überhaupt Lust auf mich hat, auf einen Quereinsteiger in so ziemlich jedem Kontext. Wahrscheinlich schreibe ich euch in einem Jahr einen Blog, in dem ich euch davon berichten werde, wie schwer mir der Abschied von der ING fällt, wie aufgeregt ich hinsichtlich meines neuen Jobs bin, wie oft ich mich fragen werde, ob ich dem Neuen gewachsen sein werde und so weiter und so fort… Mein Leben ist Wandel und alles ist in einer stetigen Veränderung begriffen. Das war ehrlicherweise schon immer so. Der einzige Unterschied ist, dass ich mich entschieden habe, diese Veränderungen nun bewusst wahrzunehmen und zu gestalten. Charles Darwin hat einmal gesagt, dass es nicht die stärkste Spezies sei, die überlebe und auch nicht die intelligenteste. Es sei diejenige, die sich am ehesten an den Wandel anpasse. Challenge accepted! Her mit dem Wandel! Ich bin bereit für weitere steinige Pfade durch wilde Wälder, die mir weitere wertvolle Perspektiven liefern, die mich nicht nur als Coach und Berater, sondern auch als Mensch einzigartig machen.

Ich wünsche euch einen schönen Sonntag! Seid ihr selbst und genießt euch dabei! Alles andere wäre tatsächlich Verschwendung!

Eure Constance

“Two roads emerged from the woods. I took the one less travelled by and that made the difference.”

Wenn das gute alte Poesiealbum zur Weissagung wird!

Wie geht Kreativität? -Aus der Rubrik "Vom Gehirnbesitzer zum Gehirnbenutzer"

Für Laura

Was braucht es, um kreativ zu sein? Diese Frage stellt sich sicher jeder von Zeit zu Zeit. Laura stellt sie sich gerade wahrscheinlich sehr intensiv. Geht es doch darum, eine Hausarbeit fertig zu bekommen! Gut soll sie sein, kreativ soll sie sein und dann leuchtet auch noch diese Deadline inzwischen fast bedrohlich groß am Horizont. “Ich muss! Ich muss…!”, schallt es da durch den Kopf. Eine innere Stimme, die wir sicher alle nur zu gut kennen. Der innere Druck steigt und steigt, aber irgendwie will das Gehirn da partout nicht mitmachen. Der Kopf macht dicht, obwohl er doch muss! -Oder vielleicht sogar, weil er muss?

Mit steigendem Stresspegel schwindet der Verstand

Eigentlich ist es ja ein altbekanntes Phänomen: Je größer der Druck, desto mehr Stress, je mehr Stress, desto mehr Stresshormone toben durch den Körper und nicht nur durch den Körper, sondern auch durch das Gehirn, wo sie allerlei Unheil anrichten können. Diese verflixten Stresshormone - angefixt durch unser Angsthirn, die Amygdala, die all diesen Druck als konkrete Bedrohung wahrnimmt - sie flitzen durch unsere Großhirnrinde, jenen Teil unseres Gehirns, den wir für rationales Denken, aber auch für Kreativität brauchen, und legen ihn erstmal weitestgehend lahm. Psychologischen Nebel nannte die großartige Vera Birkenbihl diesen Zustand, der uns weit weg von jeder Form rational-kreativer Leistung katapultiert. Anstatt innezuhalten sagen wir uns nun für gewöhnlich “ich muss aber...”, was den Druck nur weiter steigert. Das wiederum führt dazu, dass die Amygdala noch lauter Alarm schlägt und eh wir uns versehen, sind wir in einem Teufelskreis, den wir noch nicht einmal wahrnehmen, weil unsere Großhirnrinde ja im Nebel steckt! Aussteigen wird schwer, zumal diese wilden Teufelskreise in unserer dynamischen und unüberschaubaren Welt allgegenwärtig zu sein scheinen. Wir müssen noch schnell dies und das, dabei ergibt sich noch jenes und wir sind so busy, dass wir keine Zeit haben, mal darüber nachzudenken, was wir denn eigentlich tun! “Eile mit Weile!”, hat meine Oma immer gesagt. Neuhochdeutsch heißt das jetzt wohl “Haste makes waste!”. Was passiert, wenn wir tief drin stecken im Nebel? Wir machen Fehler! Wenn es richtig dumm läuft, knallt es sogar! Doch anstatt langsamer zu fahren, aufmerksamer zu sein und die Nebelscheinwerfer einzuschalten, geben wir im Business-Umfeld lieber noch zusätzlich Gas! Der Mensch ist ganz sicher viel weniger klug, als es scheint!

Bewusste Entschleunigung zur anschließenden Beschleunigung

Guter Rat ist natürlich immer teuer und sich bewusst dazu zu entscheiden, langsamer zu machen wird meist auch seitens der Chefs nicht gerne gesehen. Trotzdem kann ich als Coach nur dazu ermuntern, diesen Weg zu gehen, sich dabei gegebenenfalls Unterstützung zu holen, oder sich selbst ein wenig zu zwingen. Meistens ist unser eigener innerer Schweinehund ohnehin viel gnadenloser, als es die gnadenlosesten und leistungsorientiertesten Chefs jemals sein könnten.

In der letzten Woche habe ich im Rahmen eines eintägigen Workshops eine Hand voll Kollegen mit sanften Druck dazu gebracht, mehr oder weniger freiwillig mal einen Tag aus diesem wilden Karussell auszusteigen und gemeinsam mit mir einen ganzen Tag der Selbstreflexion, dem Lernen und der Persönlichkeitsentwicklung zu widmen. Initial kam das so “so lala” an! Natürlich wurde schon eingangs erklärt, dass man sich sehr freuen würde, wenn es nicht so lange ginge. Einer der Teilnehmer war sogar so ehrlich zu sagen, dass er überlesen habe, dass das den ganzen Tag dauere, sonst hätte er sich nicht angemeldet (Anm. d. Red.: Immer auch das Kleingedruckte lesen!). Ob man das nicht auch in kleinen “Nuggets” verpacken könne, die man dann so nebenher machen könnte? -Wenn ein Tag so losgeht, ist das immer eine besondere Herausforderung für den Coach. So schaukelte ich mich mit meinen Teilnehmern zur ersten Kaffeepause, dann weiter zur Mittagspause. Die Stimmung wurde immer gelöster und ich bildete mir ein, dass meine Teilnehmer immer mehr bei der Sache waren. Ich konnte fast spüren wie sie aus dem Karussell ausgestiegen sind, innehielten, wenn auch nur für einen kleinen Moment. Am Ende das Tages habe ich um Feedback gebeten, vor allem auch in Hinblick darauf, was man weglassen könnte, denn es stehen noch weitere dieser Tage innerhalb eben dieser Organisation an. Die Antwort war erfreulich und vielleicht auch ein wenig erhofft: Nichts! Es war alles spannend und wichtig, auch die zeitintensiven Lernzielübungen um auch erfahrungsorientiert arbeiten zu können, wurden als ausgesprochen wertvoll empfunden. Man habe jetzt verstanden, warum der Workshop einen ganzen Tag dauern muss!

Wenn man etwas Neues lernen möchte, wenn man Verhaltensweisen ändern möchte, muss man für einen Moment innehalte, um dem Gehirn den notwendigen Raum und die notwendige Zeit zu geben. Klar hätte ich die Inhalte in kleine Nuggets packen können, lustige Häppchen für Nebenbei! Diese wären jedoch ganz sicher im Nirvana verpufft, weil der Stress des Alltages, der Druck, der allgegenwärtig ist, der Großhirnrinde die Möglichkeit genommen hätte, neue zarte Strukturen zu bilden, Neues zu verankern und sich dabei selbst zu reflektieren. Dann kann man es auch gleich sein lassen und seine Zeit als Coach sinnvoller investieren!

Wer Großes leisten will, Neues lernen, oder gar erfinden will, der muss dafür in der Lage sein, sein volles Potenzial auch nutzen zu können und wenn dieses volle Potenzial im dichten Nebel steckt, wird das unmöglich! Öfter mal Stopp sagen und innehalten, ruft hier nicht nur der Resilienz-Beauftragte, sondern auch der Coach, der Teams und ganze Organisationen in die schwindelerregenden Höhen der High Performance katapultieren soll! Die Festplatten eurer Computer habt ihr damals ja auch immer mal wieder defragmentiert, damit sie dann wieder schneller und geschmeidiger laufen. Gönnt das doch auch mal eurer eigenen Festplatte. Die ist nämlich noch nicht auf SSD-Standard!

Denn auch meine Festplatte muss mal wieder defragmentiert werden

Keine Sorge, noch nicht einmal Coaches wie ich kommen drumherum, auch ihren eigenen Gehirnen mal eine Pause zu gönnen. Ich habe letzten Sonntag tatsächlich zum ersten Mal seit einer ganzen Weile gemerkt, dass ich urlaubsreif bin, dass mein Kopf eine Pause braucht, um dann wieder top-kreativ zur Tat zu schreiten. Normalerweise freue ich mich sonntags immer schon auf montags. Ich arbeite tatsächlich ziemlich gerne. Letzten Sonntag, als ich abends auf der Coach saß, war da diese Stimme in meinem Kopf, die sich wünschte, es sei erst Samstag um sich einen Tag länger ausruhen zu können. Wie gut, dass ich nächsten Freitag meinen letzten Arbeitstag habe, um dann bis Ende des Monats Urlaub zu machen! Ja, diese letzte Woche wird es noch einmal in sich haben! Zwei Workshops und eine dicke, fette Großveranstaltung! Ich freue mich schon riesig, aber ich freue mich auch, danach dem Kopf eine Pause zu gönnen, um im November wieder durchzustarten. Es stehen spannende Dinge an, für die ich mein Gehirn, meinen Verstand und all meine Kreativität brauchen werde, um auch meinen ganz eigenen Ansprüchen gerecht zu werden. Aus diesem Grund wird auch mein Blog bis Anfang November pausieren. Die meisten kennen das ja schon aus der Vergangenheit: Wer mir auf den sozialen Medien folgt, bekommt natürlich auch weiterhin sonntags sein Gedankenfutter, allerdings in recycelter Form! -Quasi das Beste aus den letzten Jahren! Den Anfang macht nächsten Sonntag ein bisschen was zum Thema Terror, da sich schon sehr bald mal wieder die Erstürmung der Landshut in Mogadischu jährt. Danach gibt es dann zwei Wochen lang meine beiden vielleicht persönlichsten Blogs, eh ich wieder ganz neu kreativ werde!

Liebe Laura,

du siehst, du bist nicht allein im Nebel! Die Besten und Tollsten, die Professionellsten und Größten sind immer wieder da, wo du gerade bist. Und auch sie können alle nicht zaubern. Druck hilft nicht weiter. Vielmehr bedarf es Achtsamkeit und Wohlwollen, gerade auch mit sich selbst, um dem Gehirn die Möglichkeit zu geben, über sich hinaus zu wachsen. Ich weiß, Deadlines sind manchmal gnadenlos. Sie machen Angst und ihnen ist auch eine Grippe völlig egal. Aber du kannst nicht mehr als dein Bestes geben und dafür musst du eben auch Pausen machen, schlafen, spazieren gehen. Du musst die Sonne genießen und mit der Sonne das Leben! Denn genau das ist es, was dein Gehirn braucht, um sich dann wieder zu konzentrieren und um glücklich und zufrieden zu arbeiten. Es ist jetzt Samstag, 18:45 Uhr. Ich sitze an meinem Laptop und tippe diese Zeilen, hoffend dass du deinen inzwischen ausgeschalten hast. Morgen ist ein neuer Tag und du darfst deinem Kopf dann eine neue Chance geben. Was soll denn schon schief gehen? Entweder das Ergebnis wird als gut beurteilt, oder du hast eben deine erste Hausarbeit verhauen. Da kommen noch viele mehr und damit auch mehr Chance, um daraus zu lernen. Wenn du dein Bestes gegeben hast, darfst du trotzdem stolz auf dich sein, denn in diesem einem Leben, das wir haben, geht es nicht nur um Erfolg an der Uni oder später im Beruf! Was wirklich zählt, ist das Leben zu genießen und immer noch genügend Kapazitäten zu haben, um die Vögel singen zu hören…

Eure Constance

…They are in my head…

Denn es reicht nicht, ein Gehirn zu besitzen! Es ist hilfreich, es auch nutzen zu können!

Feedback... Immer diese alte Leier

Feedbackkultur und kulturelle Veränderungen

Wenn man mich fragt, womit ich mich dieser Tage am intensivsten beschäftige, dann sind es Teamdynamiken und die damit zusammenhängende Feedbackkultur innerhalb des Teams oder einer gesamten Organisationseinheit. Hierbei gilt die kluge Erkenntnis einer Führungskraft, mit der ich zu diesem Thema in den Austausch gegangen bin, dass ja auch die Abwesenheit von Feedback eine Feedbackkultur ist. Was soll ich sagen? Recht hat er! Die Art und Weise, wie Feedback in das alltägliche Tun integriert wird, oder eben auch nicht, ist Teil des kulturellen Miteinanders innerhalb eines Teams, einer Organisationseinheit oder sogar einer kompletten Organisation. Dementsprechend ist der Wandel hin zu mehr offenem und selbstverständlichem Feedback nicht mehr und nicht weniger, als ein kultureller Wandel. Diese kulturellen Veränderungen gehen sehr tief und brauchen Zeit. Es ist sicher nicht damit getan, anzuordnen, dass es ab jetzt anders zu sein hat.

Über Selbstbild, Fremdbild und Persönlichkeitsentwicklung

Ich habe einige Führungskräfte getroffen, die genau einen solchen Wandel angeordnet haben. -Und gerade zu empört waren, dass sich nichts getan hat! Sie haben verstanden, wie wichtig Feedback für ein erfolgreiches Miteinander ist. Sie haben verstanden, dass es oft eine gewisse Diskrepanz zwischen dem Selbst- und dem Fremdbild gibt und man nur über Feedback erfährt, wie andere einen wahrnehmen. Sie haben verstanden, dass so ziemlich jeder immer sein Bestes gibt, dass unsere Welt jedoch so komplex und dynamisch ist, dass Menschen trotzdem Fehler machen, in die falsche Richtung abbiegen. Oft bekommen viele Menschen mit, dass da einer falsch abbiegt. Sie sagen jedoch nichts und der Betroffene ist fest davon überzeugt, den richtigen Weg einzuschlagen. In einer lebendigen Feedbackkultur passen Menschen aufeinander auf, schützen sich gegenseitig vor Fehlern und lösen Probleme gemeinsam, falls doch mal etwas schiefgegangen ist.

Auch Führungskräfte profitieren von einer offenen, ehrlichen und lebendigen Feedbackkultur. In der letzten Woche habe ich vom Eisberg der Ignoranz berichtet, auf dem der ein oder andere Manager recht selbstzufrieden saß, im festen Vertrauen darauf, dass der Laden läuft. Leider haben diese Herren dann erst zu spät gemerkt, dass es in eine völlig falsche Richtung ging. Was ihnen fehlte, waren die notwendigen Informationen von vorderster Front. Über Probleme wurde in ihren Organisationen nämlich nicht offen gesprochen. Fataler Fehler!

Kleine Notiz am Rande: In den mir bekannten Fällen waren es tatsächlich immer Männer, die auf diese Art und Weise Unternehmen bis an den Rand des Abgrundes managten. Ein Schelm wer da Böses denkt! Es muss primär daran liegen, dass Frauen einfach noch nicht genügend Chancen hatten, um als Managerinnen zu versagen!

Aber zurück zum eigentlichen Thema: Das Ding mit dem Feedback! Ja, viele Führungskräfte haben sehr viel verstanden, wenn es um Feedback geht. Was die meisten jedoch noch nicht verstanden haben, ist dass es nicht ausreicht, den Mitarbeitern gebetsmühlenartig zu erklären, wie es geht und warum es wichtig ist. Irgendwie braucht es mehr! Selbst ich ertappe mich immer wieder dabei, zu erklären, was der Benefit einer offenen, hierarchieübergreifenden Feedbackkultur ist. Zusätzlich erkläre ich auch noch ganz ausführlich, wie man rein technisch gesehen Feedback gibt. Und jedes Mal komme ich an den Punkt, an dem ich mir halbwegs doof vorkomme, denn meine für gewöhnlich klugen und sehr gut ausgebildeten Zuhörer wissen doch bereits warum Feedback wichtig ist. Ich kann diesbezüglich allerhöchstens noch meinen geliebten Impuls in Hinblick auf die Physiologie der menschlichen Wahrnehmung und Watzlawicks Radikalen Konstruktivismus geben, oder auf das Johari Fenster und das Phänomen von Selbstbild und Fremdbild hinweisen. Für gewöhnlich wissen meine Teilnehmer auch wie man Feedback rein technisch gibt und auf was es dabei ankommt. Ich freue mich immer , wenn der ein oder andere mein geliebtes WWW-Prinzip noch nicht kennt. Aber in den meisten Fällen ist selbst das für meine Teilnehmer eine Wiederholung. Fast etwas frustrierend!

Feedback: Vom Können zum Tun

Genau das wird in den nächsten Wochen meine Herausforderung an allen Ecken und Enden sein. Ich habe es mit Menschen zu tun, die wissen, wie wichtig Feedback ist, die sich wünschen, in einen besseren Austausch mit ihren Kollegen zu sein. Ich treffe auf Führungskräfte, die sich offenere, ehrlichere und ruhig auch ungemütlichere Mitarbeiter wünschen. Ich darf mit ganzen Organisationseinheiten arbeiten, die sich im Rahmen von Mitarbeiterbefragungen eine lebendigere Feedbackkultur wünschen. Sie wollen es und doch tun sie es nicht! Und hier ist guter Rat teuer! Dann fangt doch einfach an, möchte man ihnen zurufen. Aber so leicht ist es eben nicht. Immerhin reden wir hier von einer Veränderung im kulturellen Miteinander. Hierzu braucht es mehr als ein “macht mal!”. Spannend für mich als Coach und Trainer ist es, herauszufinden, warum es die betroffenen Kollegen nicht schaffen, ins Tun zu kommen. Die Antworten können hierbei sehr unterschiedlich sein und reichen von einer allgemeinen Verunsicherung, bzw. fehlender Psychological Safety, wie Prof. Amy C. Edmondson das nennt, bis hin zu einem zu hohen Stresslevel, welcher einen schlicht und ergreifend vergessen lässt, sich auch noch um das Miteinander im Team zu kümmern. Für mich gilt es nun Brücken zu bauen, die so unterschiedlich aussehen, wie die Organisationseinheiten, mit welchen ich zusammenarbeite. Klar sind da Bereiche dabei, mit welchen ich am Thema der Psychological Safety arbeiten werden. Hier geht es darum, Menschen mutiger zu machen. Die Brücke, die ich hier gerne baue, ist die, mit positivem Feedback nach dem WWW-Prinzip anzufangen und wenn es doch einmal zu einer Situation kommt, in der es nicht nur darum geht, dem anderen zu sagen, wie toll er ist, sich mit Hilfe des WWW-Prinzips und dem Drei-Welten-Modell von Bernd Schmid durch die Situation zu hangeln. -Im festen Vertrauen darauf, dass es einem von Mal zu Mal leichter fällt. So steigt mit jedem gegebenem und erhaltenen Feedback das subjektiv empfundenen Sicherheitsgefühl. Weiß man doch, dass man in einer Kultur unterwegs ist, in der nicht über- sondern miteinander gesprochen wird.

Findet Feedback nicht statt, weil alle in ihren Hamsterrädern gefangen sind, zu gestresst um sich mit Dingen zu beschäftigen, die über das eigentliche Arbeiten hinausgehen, dann braucht es Brücken in Form von Ankern und Unterstützern (hier legt dann der NLPler in Ausbildung in mir los!). Ich brauche eine konkrete Erinnerung, eine die ich sehen und fühlen kann, um das, was ich mir vorgenommen habe, umsetzen zu können, ohne dass mich der tägliche Wahnsinn dabei überholt. Lacht nicht, ich verteile hierbei gerne Steine, die sich wahlweise auf dem Schreibtisch rechts oder rechts in der Hosentasche befinden. Für jeden Stein muss ein (positives) Feedback nach dem WWW-Prinzip gegeben werden. Für jedes Feedback wandert ein Stein von rechts nach links und am Ende des Tages sollen sich alle Steine links befinden. So einfach und so kompliziert! Der gute alte Knoten im Taschentuch! Zusätzlich formiere ich gerne kleine Gruppen, die sich gegenseitig unterstützen und daran erinnern, Feedback zu geben. Für gewöhnlich sind wir alle deutlich besser darin, andere zu unterstützen und andere an etwas zu erinnern, als wir es sind, wenn es um uns selbst geht.

So ermuntere ich meine Teilnehmer, zwei bis drei Monate die Steine zur Orientierung dabei zu haben und sich gegenseitig zu unterstützen, hoffend, dass Feedback geben so mit der Zeit zu einem Automatismus und somit auch zu einer neuen Kultur wird.

Und dann?

Ja, dann hat der Coach geholfen, Brücken zu bauen. Das heißt, jetzt muss er gleichzeitig loslassen und für Nachhaltigkeit sorgen, das heißt ein System implementieren, dass die Feedbackkultur am Laufen hält, ganz ohne ihn! Denn machen wir uns nichts vor, ein Coach sollte nie Teil des Systems sein, sondern vielmehr immer aus der Metaebene agieren. Die richtig guten Coaches machen sich ganz schnell überflüssig. Solltet ihr mal auf der Suche nach einem guten Coach für euch selbst sein, nehmt euch einen, der Zeit hat und nicht einen, der euch auf eine ewig lange Warteliste setzt. -Nur so am Rande!

Zurück zum Thema Feedback und einem klitzekleinen Mini-Coaching, dass ich euch an diesem Sonntag gerne als Anregung mitgeben möchte: Ihr habt doch sicher auch schon die ein oder andere Feedbackschulung gehabt, oder! Und? Seitdem gebt ihr immer Feedback! Wirklich immer? Oder gehört ihr auch zu denen, die es manchmal vergessen, weil so viel los ist, oder zu denen, die sich manchmal einfach nicht trauen? Keine Sorge, das ist total normal und absolut menschlich. Vielleicht nehmt ihr ja meinen kleinen Artikel zum Anlass, um mal ganz für euch selbst darüber nachzudenken, was euch hier und da davon abhält, Feedback zu geben und welche Brücken ihr euch bauen könnt, um es trotzdem zu tun! Denn wie Feedback geht, warum es wichtig ist und weshalb nicht nur die Organisation, sondern auch ihr selbst davon profitiert, wisst ihr sicher ganz genau!

Viel Spaß beim Bauen eurer eigenen Brücken!

Eure Constance

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Feedback geben!

Denn wir alle brauchen Brücken!