Sicherheit und Vertrauen in Phasen der Veränderung - Psychological Safety in a Nutshell

Halt in haltlosen Zeiten

In den letzten Wochen habe ich immer wieder mit Führungskräften und Führungsteams gearbeitet, die ein zentrales Thema beschäftigt: Veränderungen überholen sich gegenseitig. Die Dynamik hat auf allen Ebenen stark zugenommen. Führungskräfte fragen sich zunehmend, wie sie ihre Teams oder Organisationen mitnehmen und „bei Laune“ halten können. Dahinter steckt die Erkenntnis, dass viele von ihnen die Sorgen und Ängste ihrer Mitarbeitenden nicht nur nachvollziehen können, sondern oft selbst spüren. Denn was bei all diesen Veränderungen häufig auf der Strecke bleibt, ist das Gefühl von Sicherheit.

Was braucht es also, um in einer scheinbar unberechenbaren Welt aktiv, erfolgreich und zielorientiert zu agieren? Es braucht sichere Räume, aus denen heraus man sich den Herausforderungen des Lebens stellen und in die man sich immer wieder zurückziehen kann. Solche sicheren Räume sind auch im beruflichen Kontext unverzichtbar. Die Suche nach diesen führt mich zu einem meiner Lieblingsthemen: psychologische Sicherheit. Diese sicheren Räume, die uns mutig, kreativ und leistungsfähig machen und uns helfen, äußere Veränderungen zu bewältigen, finden wir im Arbeitsumfeld vor allem in unseren Teams – in den Menschen, mit denen wir direkt zusammenarbeiten.

Mir ist aufgefallen, dass ich schon viel zu lange nicht mehr über dieses wichtige Thema geschrieben habe. Es ist also höchste Zeit!

Psychological Safety in a Nutshell

Psychologische Sicherheit beschreibt ein Klima innerhalb einer Gruppe oder eines Teams, in dem sich die Mitglieder sicher fühlen, ihre Meinung zu äußern, Ideen zu teilen, Fehler zuzugeben und Bedenken anzusprechen – ohne Angst vor negativen Konsequenzen wie Zurückweisung, Bloßstellung oder Bestrafung. Der Begriff und das dahinterstehende Konzept wurden vor allem durch die Arbeit der Harvard-Professorin Amy C. Edmondson geprägt.

Laut Edmondsons aktueller Forschung ist eine Kultur der psychologischen Sicherheit der zentrale Bestandteil effektiver Teamarbeit. Und effektive Teamarbeit ist das wichtigste Instrument, um erfolgreich mit einem dynamischen und komplexen Umfeld umzugehen. Dadurch entsteht nicht nur der sichere Raum, den wir alle brauchen. Psychologische Sicherheit fördert auch die Innovationskraft, die essenziell ist, um mit der Dynamik unserer Zeit Schritt zu halten. Zudem bildet eine vertrauensvolle Zusammenarbeit die Basis für eine offene Fehlerkultur, die dazu führt, dass Fehler frühzeitig erkannt und behoben werden können – bevor sie größere Schäden anrichten. Nicht zuletzt steigert eine Kultur des Vertrauens das Wohlbefinden und die Gesundheit der Mitarbeitenden.

Wie erkennt man psychologische Sicherheit?

In meiner Arbeit als Beraterin werde ich oft gefragt, wie ich das Maß an psychologischer Sicherheit in einem Team oder einer Organisationseinheit einschätze. Kann man psychologische Sicherheit erkennen? Für mich gibt es vier zentrale Bereiche, die ich bei einer solchen Einschätzung besonders betrachte:

  1. Offenheit
    Ist es erlaubt, Fehler zu machen? Wird bei Problemen nach Schuldigen gesucht oder nach gemeinsamen Lösungen? Dürfen der Status quo hinterfragt und neue Ideen eingebracht werden?

  2. Konfliktkultur
    Werden Konflikte vermieden, weil sie als negativ wahrgenommen werden? Oder werden sie als Chance für Weiterentwicklung und Diskurs gesehen?

  3. Respekt
    Wird den Unterschieden im Team mit Respekt begegnet?

  4. Lernkultur
    Entwickelt sich das Team gemeinsam weiter – aus Fehlern oder externen Impulsen?

Wie entsteht psychologische Sicherheit?

Eine weitere häufige Frage in meiner Zusammenarbeit mit Führungskräften ist: „Wie kann man psychologische Sicherheit schaffen?“

Die Wahrheit ist: Psychologische Sicherheit kann man nicht mit Maßnahmen A, B, und C initiieren. Sie lässt sich nicht einfach „erschaffen“. Aber es ist möglich, Rahmenbedingungen zu gestalten, die ihre Entstehung fördern. Hier tragen Führungskräfte eine besondere Verantwortung, denn ihr Verhalten beeinflusst das Sicherheitsgefühl der Mitarbeitenden direkt. In stürmischen Zeiten blicken Teams auf die Führung – auf ihre „Kapitänin“ oder ihren „Kapitän“.

Wenn ich an meine Zeit als Flugbegleiterin zurückdenke, kenne ich dieses Gefühl nur zu gut. Es gab Kapitäne, denen ich ohne Zögern in jeden Sturm gefolgt wäre – und ich war damit nicht allein. Die Strahlkraft guter Führung kann ein ganzes Team prägen, besonders in herausfordernden Situationen. Schon damals habe ich mich gefragt, was genau diese Führungspersönlichkeiten auszeichnete und was mich so bedingungslos vertrauen ließ.

Mit Blick auf die Gestaltung psychologisch sicherer Teamkulturen sehe ich acht zentrale Handlungsfelder, die ich gerne mit euch teilen möchte:

Acht Handlungsfelder für Führungskräfte

  1. Vorbildfunktion der Führungskraft
    Offenheit zeigen: Eigene Fehler und Unsicherheiten zugeben.
    Empathie leben: Zuhören, auf die Bedürfnisse der Mitarbeitenden eingehen.
    Respekt vorleben: Wertschätzend auf andere Meinungen reagieren.

  2. Fehlerkultur etablieren
    Fehler als Lernchancen betrachten, statt Schuld zuzuweisen.
    Offen und ehrlich über Herausforderungen und Schwächen kommunizieren.
    Eine „Blame Culture“ vermeiden.

  3. Kommunikationsregeln festlegen
    Aktives Zuhören sicherstellen: Jedes Teammitglied fühlt sich gehört.
    Eine konstruktive Feedback-Kultur etablieren.

  4. Vertrauen aufbauen
    Verlässlichkeit, Integrität und Diskretion vorleben.

  5. Diversität wertschätzen
    Unterschiedliche Perspektiven fördern.
    Konflikte als Chance für Wachstum sehen.

  6. Gemeinsame Ziele und Werte betonen
    Werte aktiv vorleben, nicht nur in Leitbilder schreiben.

  7. Raum für Fragen und Ideen schaffen
    Formate schaffen, in denen Meinungen und Ideen offen geteilt werden können.
    Experimentierfreude fördern.

  8. Regelmäßige Reflexionen
    Zeiträume für Meta-Gespräche über Zusammenarbeit, Erfolge und Misserfolge schaffen.

Psychologische Sicherheit zu etablieren ist ein fortlaufender Prozess. Eine Kultur des Vertrauens erfordert Pflege, und Führungskräften kommt dabei eine Schlüsselrolle zu. Doch auch die Teammitglieder tragen Verantwortung – sowohl als Individuen als auch als Gemeinschaft.

In einer Zeit voller Dynamik und Komplexität ist eine Kultur des Vertrauens überlebenswichtig. Ohne sie droht eine Kultur der Angst, die Innovation und Zusammenarbeit lähmt und letztlich den Erfolg von Organisationen gefährdet.

In zwei Wochen werde ich euch ein Beispiel aus der Luftfahrt mitbringen, um die Bedeutung von psychologischer Sicherheit in High-Performing-Teams noch greifbarer zu machen.

Bis dahin freue ich mich auf meinen letzten Einsatz als Human-Factors-Trainerin in der Luftfahrt und auf zwei wunderbare Tage in Maastricht, wo ich erneut an der wirtschaftspsychologischen Fakultät der Universität einen Workshop für Master-Studierende leite. Beide Veranstaltungen stehen ganz im Zeichen psychologisch sicherer Teamkulturen.

Eure Constance

Safety First!

Je stürmischer die See, desto wichtiger das Gefühl, dass da im Notfall ein Rettungsring ist.

Wie merke ich dass ich ausbrenne? - Zwölf Phasen auf dem Weg ins Burnout

Die Sorgen scheinen breit gestreut…

„Wie merke ich denn nun, dass ich ein Burnout bekomme, also wie genau?“ Diese und ähnliche Fragen haben mich nach meinem letzten Blog-Artikel in erstaunlicher Menge erreicht. Es scheint eine berechtigte Frage zu sein, die viele umtreibt. Ja, auch mich! Wer mich kennt, weiß, dass ich mit absoluter Sicherheit das bin, was man als Workaholic bezeichnet. Ich frage mich regelmäßig, ob das alles für mich noch passt und okay ist. Bislang kam ich für mich selbst immer wieder zu der Erkenntnis, dass dem so ist und ich mir keine Burnout-Gefährdung zuschreibe. Ja, ich habe viel zu tun, tue dies mit einem recht hohen Perfektionsstreben, aber ich kann nach getaner Arbeit gut abschalten und nehme vor allem meine Selbstwirksamkeit und somit auch die Sinnhaftigkeit meines Tuns immer wieder wahr. Das verleiht mir Flügel und manchmal auch unglaubliche Superkräfte. Aber bin ich mir deshalb wirklich sicher, dass Burnout für mich kein Thema ist? Wahrscheinlich nicht.

Burnout – ein schleichender Prozess

Ein Burnout ist ein langsamer, schleichender Prozess, der häufig zunächst mit hohem Engagement und Enthusiasmus beginnt. Bin ich engagiert und enthusiastisch, wenn ich auf meinen Beruf, den ich gerne auch als Berufung bezeichne, blicke? Oh ja! Und wie! Genau hier beginnt der Ritt auf der Rasierklinge. Getrieben von Enthusiasmus und Engagement verzichtet man vielleicht auf einen pünktlichen Feierabend, auf Erholungsphasen, Hobbys, Dinge, die guttun.

Betrachtet man dies rein physiologisch, ist es nicht der Hochstress, der uns krank macht. Unser Körper ist sogar auf regelmäßige hohe Belastungen ausgelegt, jedoch nur im Wechsel mit Entspannung und Ruhephasen. Verzichte ich aus Freude und Übereifer (oder aus dem Gefühl, dringend gebraucht zu werden, unabdingbar zu sein, die Welt retten zu müssen oder aus Angst, den Job zu verlieren) auf diese Erholungsphasen, kann die Stimmung schnell umschlagen: Im Zuge allgemeiner körperlicher und geistiger Erschöpfung wird aus Engagement und Enthusiasmus Zynismus und Gleichgültigkeit und daraus vielleicht depressive Episoden oder eine Überlastungsdepression. Dieser Prozess kann sich über Jahre hinziehen und ist deshalb oft schwer greifbar.

Zwölf Phasen – Struktur im Gefühlschaos

Herbert Freudenberger und später auch Matthias Burisch beschreiben diesen oft langen Prozess ins Burnout mit einem Zwölf-Phasen-Modell, das ich recht hilfreich finde, um den Gesamtablauf zu betrachten. Auch nach dem Feedback auf meinen letzten Artikel teile ich es gern mit euch. Die Phasen laufen oft langsam und schleichend ab, und nicht alle treten bei jedem gleichermaßen auf. Dennoch bieten die zwölf Phasen wertvolle Orientierungspunkte:

  1. Zwang, sich beweisen zu müssen: Menschen starten oft hochmotiviert mit dem starken Bedürfnis, sich zu beweisen und Erwartungen zu erfüllen – häufig die eigenen hohen Erwartungen.

  2. Verstärkter Einsatz: Um diese Erwartungen zu erfüllen, steigern diese Menschen ihren Arbeitseinsatz, machen Überstunden und opfern Freizeit.

  3. Vernachlässigung eigener Bedürfnisse: Persönliche Bedürfnisse wie Pausen oder Hobbys werden vernachlässigt. Die Arbeit steht im Fokus.

  4. Verdrängung von Konflikten und Bedürfnissen: Anzeichen von Überforderung und Konflikte werden ignoriert. Man redet sich ein, die Situation im Griff zu haben.

  5. Umdeutung von Werten: Interessen und soziale Kontakte werden weniger wichtig. Arbeit wird zur obersten Priorität, andere Werte wie Geselligkeit und Genuss treten in den Hintergrund.

  6. Verleugnung der auftretenden Probleme: Probleme, besonders körperliche Symptome wie Schlaflosigkeit oder emotionale Erschöpfung, werden geleugnet und als unwichtig abgetan.

  7. Rückzug: Betroffene ziehen sich zunehmend sozial zurück, fühlen sich von anderen unverstanden und isoliert.

  8. Verhaltensveränderungen: Zynismus und Gereiztheit nehmen zu, und Dinge, die früher Freude bereitet haben, verlieren an Bedeutung.

  9. Depersonalisierung: Die Betroffenen entfremden sich zunehmend von sich selbst und ihrer Umgebung, verlieren das Gefühl für ihre Bedürfnisse und Identität.

  10. Innere Leere: Eine anhaltende innere Leere und Gefühllosigkeit machen sich breit. Manche Menschen versuchen, diese innere Leere durch exzessives Verhalten zu füllen, etwa durch übermäßiges Essen, Alkoholkonsum oder übermäßiges Joggen.

  11. Depression: Anhaltende Niedergeschlagenheit, Hoffnungslosigkeit und Apathie treten auf. Die Betroffenen fühlen sich wertlos und ohne jede Perspektive.

  12. Völlige Erschöpfung: Dies ist das Endstadium des Burnouts, das als körperlicher und psychischer Zusammenbruch erlebt wird. Ein normaler Alltag ist hier nicht mehr möglich.

Wo stehe ich? Wo stehst du?

Diese Phasen lesen sich klar, doch steht hinter jeder eine komplexe Gefühlswelt, die es situativ zu beachten gilt. Eine zwölfte Phase, den Zusammenbruch, habe ich einmal von außen miterlebt und war völlig überrascht, überfordert und hilflos. Deshalb ist es mein Ziel, frühe Anzeichen zu erkennen und gegenzusteuern – nicht nur als Coach oder systemischer Berater, sondern auch für mich selbst. Ich kenne Momente, in denen ich sicher schon in der dritten Phase unterwegs bin und eigene Bedürfnisse zurückstelle. Nicht, weil ich glaube, das tun zu müssen, sondern weil ich es so entscheide, weil mir meine Arbeit so viel Spaß macht, so wichtig ist. Nicht nur äußerer Druck bereitet den Weg ins Burnout, auch hohes Engagement und Euphorie können in Überlastung führen.

New Work – ein Turbolader für Burnouts?

Dass hohes individuelles Engagement und der Wunsch, sich zu beweisen, den Einstieg in die Burnout-Spirale erleichtern, lässt mich besonders mit Blick auf „New Work“ aufmerksam werden. Agiles Arbeiten und das, was wir als “New Work” bezeichnen, basieren auf Eigenverantwortung und Selbststeuerung der Mitarbeitenden. Wie schön: Wir haben mehr Freiraum! Wie gefährlich: Da ist kein Chef mehr, der darauf achtet, was ich wann, wie und in welchem Umfang tue… Diese neue Realität in Organisationen öffnet die Tür zur Überlastung, besonders für hochmotivierte Top-Performer.

Jede Führungskraft sollte diese zwölf Phasen kennen und mit Argusaugen darauf achten, dass die Mitarbeitenden eine Balance zwischen Leistung und Entspannung finden. Das ist heute eine Kernaufgabe von Führungskräften. Wir können das Rad nicht zurückdrehen. Arbeitswelten verändern sich. Die Komplexität und Dynamik unserer Zeit erfordern ein hohes Maß an Eigenverantwortung und Selbststeuerung. Die gute alte Zeit, in der der Chef wusste, wie es geht, die Lösung hatte und bis ins Detail steuern konnte (und so für ausgewogene Auslastung sorgte), ist vorbei. Führung muss sich weiterentwickeln und an die Bedürfnisse der Mitarbeitenden anpassen. Manchmal habe ich die Ehre, Führungskräfte zu begleiten, die dies erkannt haben und die Erkenntnis wirksam in die Tat umsetzen. Diese Aufklärungsarbeit ist aus meiner Sicht eine wichtige und wertvolle Form der Burnout-Prävention, bei der Business Coaches unterstützen können. Das alte Motto, die Zitrone auszupressen, so gut und so lange es geht, ist überholt. Heute geht es darum, die Zitrone zu pflegen und den Baum, an dem sie hängt, zu wässern und zu düngen. Unternehmen sind mehr denn je auf gesunde und leistungsfähige Mitarbeitende angewiesen.

Auf der Ebene der Mitarbeitenden ist es wiederum wichtig, sie dabei zu unterstützen, nicht nur Eigenverantwortung für ihr Arbeitsumfeld und ihre Aufgaben zu übernehmen, sondern auch für sich selbst, für ihre Belastungskurve und ihre emotionale Gesundheit. Häufig sind die Themen Abgrenzungsfähigkeit und Selbstwert oder Selbstliebe dabei zentrale Punkte, an denen ich immer wieder mit meinen Kunden arbeite.

Ich wünsche euch auf jeden Fall einen entspannten Sonntag – ganz ohne Leistungsgedanken und mit ganz viel Spaß, Geselligkeit und Genuss!

Eure Constance

Der lange Weg in den Nebel

Denn Burnouts treten nicht über Nacht auf

Volkskrankheit Burnout? - Tabuthema Depression

Für Ralf…

Kevin Kühnert tritt nicht nur als Generalsekretär der SPD zurück, sondern zieht sich offenbar für den Moment komplett aus der Politik zurück.

Die Spekulationen beginnen sofort. Ein junger Mann, noch keine 40 Jahre alt, ist auf absehbare Zeit offenbar nicht arbeitsfähig. Krebs? Oder eine andere schwere körperliche Erkrankung? Die tatsächliche Antwort bleibt offen. Allerdings werden die Hinweise deutlicher, dass es sich um eine emotionale oder psychische Erkrankung handeln könnte. Burnout heißt es im Volksmund. Ein Begriff, der immer präsenter wird. Dabei ist Burnout, rein psychotherapeutisch betrachtet, keine Diagnose. Diese Form der Erkrankung ist im aktuellen ICD-10-Katalog zur Klassifikation psychischer Störungen nicht aufgeführt. In der reinen Diagnostik muss man sich im Bereich der depressiven Episoden bedienen – Überlastungsdepression? Doch offen bleibt die Frage, was genau Burnout eigentlich ist.

Burnout – ein Zustand emotionaler, geistiger und körperlicher Erschöpfung

Ein Burnout wird als Zustand emotionaler, geistiger und körperlicher Erschöpfung durch anhaltenden Stress, insbesondere im beruflichen Umfeld, beschrieben. Menschen, die unter einem Burnout leiden, fühlen sich oft überfordert, ausgebrannt und nicht in der Lage, ihre täglichen Aufgaben zu bewältigen. Typische Symptome sind:

  • Anhaltende Müdigkeit

  • Rückzug von sozialen und beruflichen Verpflichtungen

  • Negative Einstellung gegenüber der Arbeit

  • Konzentrationsschwierigkeiten

  • Geringe Motivation und Kreativität

Ein Burnout entwickelt sich häufig über einen längeren Zeitraum, wenn Stress dauerhaft und ohne ausreichende Erholung oder Unterstützung anhält.

Was lässt uns ausbrennen?

Schauen wir uns genauer an, welche Faktoren die Entstehung eines Burnouts begünstigen. Diese lassen sich in vier Felder einteilen:

Im ersten Feld finden wir den wahrscheinlich offensichtlichsten Punkt, der ein Burnout begünstigt: chronische Überforderung im Beruf. Dazu gehören eine hohe Arbeitsbelastung, also zu viele Aufgaben, womöglich in Kombination mit hohem Zeitdruck und unrealistischen Zielen. Dies führt zum Gefühl ständiger Überforderung. Hinzu kommt das Gefühl mangelnder Kontrolle, also der fehlende Einfluss auf Entscheidungen und Arbeitsprozesse, oft gepaart mit mangelnder Anerkennung oder Wertschätzung sowie einem negativen Arbeitsklima oder einer ungünstigen Unternehmenskultur. Inzwischen spricht man offen über toxische Arbeitsumfelder, da diese unglücklicherweise keinen Seltenheitswert haben.

Das zweite Feld betrifft eine mangelhafte oder fehlende Work-Life-Balance, also zu wenig Freizeit und zu kurze Erholungsphasen. Insbesondere in Zeiten von Homeoffice oder hybridem Arbeiten verschwimmen die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben zunehmend, was das Gefühl von Stress verstärken kann. Wenn das Wohnzimmer zum Arbeitsplatz wird, greift man schnell mal auch abends um neun zur Tastatur, um noch schnell eine E-Mail zu beantworten.

Im dritten Feld sehe ich persönliche Faktoren: familiäres Umfeld, Geldsorgen, persönliche Krisen, Einsamkeit… Dazu gehören aber auch Perfektionismus und das ständige Streben nach den eigenen, oft gnadenlosen Ansprüchen an sich selbst. Einige Menschen haben nie gelernt, eigene Strategien zur Stressbewältigung zu entwickeln.

Das vierte Feld ist aus meiner Sicht als Coach besonders interessant: das Gefühl der Sinnlosigkeit oder der Mangel an Sinnhaftigkeit. Wenn wir das Gefühl haben, unsere Arbeit ist bedeutungslos oder trägt nichts Positives bei, kann das zur Entfremdung in Bezug auf die eigene Tätigkeit führen und Frustration auslösen. Man sollte sein Bedürfnis nach einem größeren „Wofür“ nicht unterschätzen. Unsere Seele, unser Unterbewusstsein, schätzt es gar nicht, wenn wir unsere kostbare Zeit sinnlos vergeuden – und das zu Recht!

Wie sich schützen?

Um ein Burnout zu vermeiden, geht es immer auch darum, die eigene Resilienz zu stärken. Es gibt sieben Bereiche, in denen man aktiv werden kann. Allerdings lesen sich diese Empfehlungen oft einfach und leuchten sofort ein. Doch bei der Umsetzung im Alltag wird es schwieriger. Hier kommt oft die Unterstützung durch Coaches wie mich ins Spiel.

Es ist wichtig, sowohl im beruflichen als auch im privaten Leben Maßnahmen zu ergreifen, die das Stressempfinden reduzieren und die eigene Achtsamkeit steigern. Hier also sieben wirksame Strategien, an denen es sich zu arbeiten lohnt – ob allein oder mit Unterstützung eines Coaches:

  1. Gesunde Work-Life-Balance aufbauen: Es ist wichtig, klare Grenzen zu setzen. Arbeit und Freizeit sollten getrennt werden, und auch die eigene Erreichbarkeit sollte kritisch beleuchtet werden. Regelmäßige Pausen während der Arbeit und längere Erholungsphasen in Form von Urlaub sind essenziell. Auch Zeit für Hobbys und die Pflege sozialer Kontakte sind wichtig.

  2. Stressbewältigungstechniken erlernen: Stressmanagement geht mit gutem Zeitmanagement einher. Achtsamkeitsübungen und Meditation helfen, den Fokus im Hier und Jetzt zu halten und Stress zu reduzieren. Entspannungstechniken wie progressive Muskelentspannung, autogenes Training, Atemübungen oder Yoga können ebenfalls hilfreich sein.

  3. Persönliche Grenzen respektieren: Lernt, „Nein“ zu sagen, und akzeptiert, dass ihr nicht alles schaffen könnt. Legt Perfektionismus ab. Fehler sind in Ordnung, überzogene Erwartungen an sich selbst nicht!

  4. Gesunde Lebensweise pflegen: Körper und Geist bilden eine Einheit. Regelmäßige Bewegung, gesunde Ernährung und ausreichend Schlaf sind die Grundlage für einen gesunden Geist.

  5. Sinn in der Arbeit finden: Identifiziert die Aspekte eurer Arbeit, die euch Freude bereiten oder Sinn geben. Falls das schwerfällt, ist ein Jobwechsel möglicherweise eine Option. Berufliche Weiterentwicklung schützt uns davor, in eine Routine der Sinnlosigkeit zu verfallen.

  6. Soziale Unterstützung suchen: Geteiltes Leid ist halbes Leid. Offene Gespräche über individuelle Themen ermöglichen Reflexion und bieten Unterstützung. Neben Freunden und Familie können auch Coaches oder Therapeuten hilfreich sein.

  7. Frühwarnzeichen ernst nehmen: Je früher man gegensteuert, desto leichter lässt sich ein Burnout verhindern. Achte auf Anzeichen von Überlastung wie ständige Müdigkeit, Gereiztheit oder das Gefühl, nicht abschalten zu können.

Raus aus der Schmuddelecke?

Die gesellschaftliche Akzeptanz gegenüber Burnout und Depressionen verändert sich langsam zum Besseren. Dennoch sind beide oft noch Tabuthemen, insbesondere in (Arbeits-)Umfeldern, in denen Leistung und Belastbarkeit hoch geschätzt werden. Burnout wird oft als Schwäche ausgelegt und ist mit Scham behaftet. Menschen zögern, über ihre Erschöpfung und psychische Belastung zu sprechen, aus Angst, als schwach wahrgenommen zu werden. Dieses Stigma führt dazu, dass Betroffene ihre Symptome ignorieren und erst spät nach Hilfe suchen.

Es wird Zeit, Burnout und Depression auf allen Ebenen unserer Gesellschaft als ernsthafte Erkrankungen anzuerkennen, die ebenso wie körperliche Leiden behandelt werden müssen. Ein offener Diskurs baut die Stigmatisierung dieser Erkrankungen ab und schärft das Bewusstsein für die Problematik.

Etwa ein Drittel von uns erkrankt im Laufe unseres Lebens an Depressionen. Jährlich erkranken etwa fünf Prozent der Deutschen an einer depressiven Episode. Es ist davon auszugehen, dass die Dunkelziffer höher liegt, da viele Fälle nicht diagnostiziert und somit nicht behandelt werden.

In der Diagnostik unterschiedet man zwischen leichter, mittlerer und schwerer Depression. Etwa 50 bis 60 Prozent der Menschen, die an einer schweren Depression erkranken, haben suizidale Gedanken. 10 bis 15 Prozent sind akut Suizid gefährdet. Bei Depressionen handelt es sich um eine potenziell lebensgefährliche Erkrankung, insbesondere wenn diese nicht diagnostiziert und behandelt wird. - Und niemals um Schwäche!

Ein offener Umgang mit dem Thema kann Leben retten.

Lasst uns darüber sprechen und den Erkrankten die Wertschätzung und Unterstützung entgegenbringen, die sie verdienen. Die dunkle Jahreszeit steht bevor, und ja, ein Mangel an Sonnenlicht kann depressive Episoden begünstigen. Lasst uns aufeinander achten, ohne einander zu be- oder verurteilen.

Eure Constance

Tabuthema Burnout

Von der Scham der Traurigkeit und Erschöpfung...