Persönlichkeitsentwicklung

Wie merke ich dass ich ausbrenne? - Zwölf Phasen auf dem Weg ins Burnout

Die Sorgen scheinen breit gestreut…

„Wie merke ich denn nun, dass ich ein Burnout bekomme, also wie genau?“ Diese und ähnliche Fragen haben mich nach meinem letzten Blog-Artikel in erstaunlicher Menge erreicht. Es scheint eine berechtigte Frage zu sein, die viele umtreibt. Ja, auch mich! Wer mich kennt, weiß, dass ich mit absoluter Sicherheit das bin, was man als Workaholic bezeichnet. Ich frage mich regelmäßig, ob das alles für mich noch passt und okay ist. Bislang kam ich für mich selbst immer wieder zu der Erkenntnis, dass dem so ist und ich mir keine Burnout-Gefährdung zuschreibe. Ja, ich habe viel zu tun, tue dies mit einem recht hohen Perfektionsstreben, aber ich kann nach getaner Arbeit gut abschalten und nehme vor allem meine Selbstwirksamkeit und somit auch die Sinnhaftigkeit meines Tuns immer wieder wahr. Das verleiht mir Flügel und manchmal auch unglaubliche Superkräfte. Aber bin ich mir deshalb wirklich sicher, dass Burnout für mich kein Thema ist? Wahrscheinlich nicht.

Burnout – ein schleichender Prozess

Ein Burnout ist ein langsamer, schleichender Prozess, der häufig zunächst mit hohem Engagement und Enthusiasmus beginnt. Bin ich engagiert und enthusiastisch, wenn ich auf meinen Beruf, den ich gerne auch als Berufung bezeichne, blicke? Oh ja! Und wie! Genau hier beginnt der Ritt auf der Rasierklinge. Getrieben von Enthusiasmus und Engagement verzichtet man vielleicht auf einen pünktlichen Feierabend, auf Erholungsphasen, Hobbys, Dinge, die guttun.

Betrachtet man dies rein physiologisch, ist es nicht der Hochstress, der uns krank macht. Unser Körper ist sogar auf regelmäßige hohe Belastungen ausgelegt, jedoch nur im Wechsel mit Entspannung und Ruhephasen. Verzichte ich aus Freude und Übereifer (oder aus dem Gefühl, dringend gebraucht zu werden, unabdingbar zu sein, die Welt retten zu müssen oder aus Angst, den Job zu verlieren) auf diese Erholungsphasen, kann die Stimmung schnell umschlagen: Im Zuge allgemeiner körperlicher und geistiger Erschöpfung wird aus Engagement und Enthusiasmus Zynismus und Gleichgültigkeit und daraus vielleicht depressive Episoden oder eine Überlastungsdepression. Dieser Prozess kann sich über Jahre hinziehen und ist deshalb oft schwer greifbar.

Zwölf Phasen – Struktur im Gefühlschaos

Herbert Freudenberger und später auch Matthias Burisch beschreiben diesen oft langen Prozess ins Burnout mit einem Zwölf-Phasen-Modell, das ich recht hilfreich finde, um den Gesamtablauf zu betrachten. Auch nach dem Feedback auf meinen letzten Artikel teile ich es gern mit euch. Die Phasen laufen oft langsam und schleichend ab, und nicht alle treten bei jedem gleichermaßen auf. Dennoch bieten die zwölf Phasen wertvolle Orientierungspunkte:

  1. Zwang, sich beweisen zu müssen: Menschen starten oft hochmotiviert mit dem starken Bedürfnis, sich zu beweisen und Erwartungen zu erfüllen – häufig die eigenen hohen Erwartungen.

  2. Verstärkter Einsatz: Um diese Erwartungen zu erfüllen, steigern diese Menschen ihren Arbeitseinsatz, machen Überstunden und opfern Freizeit.

  3. Vernachlässigung eigener Bedürfnisse: Persönliche Bedürfnisse wie Pausen oder Hobbys werden vernachlässigt. Die Arbeit steht im Fokus.

  4. Verdrängung von Konflikten und Bedürfnissen: Anzeichen von Überforderung und Konflikte werden ignoriert. Man redet sich ein, die Situation im Griff zu haben.

  5. Umdeutung von Werten: Interessen und soziale Kontakte werden weniger wichtig. Arbeit wird zur obersten Priorität, andere Werte wie Geselligkeit und Genuss treten in den Hintergrund.

  6. Verleugnung der auftretenden Probleme: Probleme, besonders körperliche Symptome wie Schlaflosigkeit oder emotionale Erschöpfung, werden geleugnet und als unwichtig abgetan.

  7. Rückzug: Betroffene ziehen sich zunehmend sozial zurück, fühlen sich von anderen unverstanden und isoliert.

  8. Verhaltensveränderungen: Zynismus und Gereiztheit nehmen zu, und Dinge, die früher Freude bereitet haben, verlieren an Bedeutung.

  9. Depersonalisierung: Die Betroffenen entfremden sich zunehmend von sich selbst und ihrer Umgebung, verlieren das Gefühl für ihre Bedürfnisse und Identität.

  10. Innere Leere: Eine anhaltende innere Leere und Gefühllosigkeit machen sich breit. Manche Menschen versuchen, diese innere Leere durch exzessives Verhalten zu füllen, etwa durch übermäßiges Essen, Alkoholkonsum oder übermäßiges Joggen.

  11. Depression: Anhaltende Niedergeschlagenheit, Hoffnungslosigkeit und Apathie treten auf. Die Betroffenen fühlen sich wertlos und ohne jede Perspektive.

  12. Völlige Erschöpfung: Dies ist das Endstadium des Burnouts, das als körperlicher und psychischer Zusammenbruch erlebt wird. Ein normaler Alltag ist hier nicht mehr möglich.

Wo stehe ich? Wo stehst du?

Diese Phasen lesen sich klar, doch steht hinter jeder eine komplexe Gefühlswelt, die es situativ zu beachten gilt. Eine zwölfte Phase, den Zusammenbruch, habe ich einmal von außen miterlebt und war völlig überrascht, überfordert und hilflos. Deshalb ist es mein Ziel, frühe Anzeichen zu erkennen und gegenzusteuern – nicht nur als Coach oder systemischer Berater, sondern auch für mich selbst. Ich kenne Momente, in denen ich sicher schon in der dritten Phase unterwegs bin und eigene Bedürfnisse zurückstelle. Nicht, weil ich glaube, das tun zu müssen, sondern weil ich es so entscheide, weil mir meine Arbeit so viel Spaß macht, so wichtig ist. Nicht nur äußerer Druck bereitet den Weg ins Burnout, auch hohes Engagement und Euphorie können in Überlastung führen.

New Work – ein Turbolader für Burnouts?

Dass hohes individuelles Engagement und der Wunsch, sich zu beweisen, den Einstieg in die Burnout-Spirale erleichtern, lässt mich besonders mit Blick auf „New Work“ aufmerksam werden. Agiles Arbeiten und das, was wir als “New Work” bezeichnen, basieren auf Eigenverantwortung und Selbststeuerung der Mitarbeitenden. Wie schön: Wir haben mehr Freiraum! Wie gefährlich: Da ist kein Chef mehr, der darauf achtet, was ich wann, wie und in welchem Umfang tue… Diese neue Realität in Organisationen öffnet die Tür zur Überlastung, besonders für hochmotivierte Top-Performer.

Jede Führungskraft sollte diese zwölf Phasen kennen und mit Argusaugen darauf achten, dass die Mitarbeitenden eine Balance zwischen Leistung und Entspannung finden. Das ist heute eine Kernaufgabe von Führungskräften. Wir können das Rad nicht zurückdrehen. Arbeitswelten verändern sich. Die Komplexität und Dynamik unserer Zeit erfordern ein hohes Maß an Eigenverantwortung und Selbststeuerung. Die gute alte Zeit, in der der Chef wusste, wie es geht, die Lösung hatte und bis ins Detail steuern konnte (und so für ausgewogene Auslastung sorgte), ist vorbei. Führung muss sich weiterentwickeln und an die Bedürfnisse der Mitarbeitenden anpassen. Manchmal habe ich die Ehre, Führungskräfte zu begleiten, die dies erkannt haben und die Erkenntnis wirksam in die Tat umsetzen. Diese Aufklärungsarbeit ist aus meiner Sicht eine wichtige und wertvolle Form der Burnout-Prävention, bei der Business Coaches unterstützen können. Das alte Motto, die Zitrone auszupressen, so gut und so lange es geht, ist überholt. Heute geht es darum, die Zitrone zu pflegen und den Baum, an dem sie hängt, zu wässern und zu düngen. Unternehmen sind mehr denn je auf gesunde und leistungsfähige Mitarbeitende angewiesen.

Auf der Ebene der Mitarbeitenden ist es wiederum wichtig, sie dabei zu unterstützen, nicht nur Eigenverantwortung für ihr Arbeitsumfeld und ihre Aufgaben zu übernehmen, sondern auch für sich selbst, für ihre Belastungskurve und ihre emotionale Gesundheit. Häufig sind die Themen Abgrenzungsfähigkeit und Selbstwert oder Selbstliebe dabei zentrale Punkte, an denen ich immer wieder mit meinen Kunden arbeite.

Ich wünsche euch auf jeden Fall einen entspannten Sonntag – ganz ohne Leistungsgedanken und mit ganz viel Spaß, Geselligkeit und Genuss!

Eure Constance

Der lange Weg in den Nebel

Denn Burnouts treten nicht über Nacht auf

Wer versucht sich alle Türen offen zu halten...

… der läuft Gefahr sein Leben auf dem Flur zu verbringen!

Meine neue Website ist online und damit auch meine neues, schärferes Profil als Coach und Consultant. Die für mich größte Veränderung ist, dass ich nach exakt 25 Jahren Luftfahrt dieser unendlich spannenden Branche den Rücken kehre. Es war zugegeben ein Abschied auf Raten. Schon vor vier Jahren habe ich meine geliebte Condor verlassen und war heilfroh, dass ich weiterhin als Human Factors und Security Trainer nebenbei einen Fuß in der Tür der Luftfahrt hatte. So habe ich mir diese Tür vier Jahre lang erfolgreich offen gehalten. -Aus Wehmut, aus Angst, aus Spaß, aus Unsicherheit… Ich glaube die Gründe waren vielfältig.

Mit meinem Re-Branding habe ich mich entschieden das Kapitel Luftfahrt nun für mich zu schließen. Bin ich wehmütig? -Oh ja! Ist mir die Entscheidung leicht gefallen? -Oh nein! Aber eine kluge Frau und Mentorin hat mir vor einigen Jahren einen Satz mitgegeben, den ich nicht nur in meiner Rolle als systemischer Change Manager immer wieder zitiere: “Keine Veränderung ohne Preis!”. Der Preis, den ich nun zahle, um in meiner Rolle als Coach und Consultant den nächsten Entwicklungsschritt zu gehen, ist der endgültige Abschied aus der Welt der Flugzeuge, die ich jedoch sicher immer im Herzen tragen werde.

Über Risiken und Chancen

Wer versucht sich alle Türen offen zu halten, läuft Gefahr sein Leben auf dem Flur zu verbringen. Dieser landläufige, flotte Spruch verdeutlicht den verzweifelten versuch, sich alle Optionen offen zu halten, ohne eine klare Entscheidung zu treffen. Letztlich verharrt man dadurch in einem Zustand der Unentschlossenheit oder Passivität, anstatt aktiv zu werden und seinen Weg zu gehen. Aber “Wege entsteh dadurch, dass man sie geht” (F. Kafka). Dieser Spruch ist inzwischen nicht nur zum Motto meines Coaching Instituts geworden, sondern auch zu meinem ganz persönlichen.

Klar, wer immer auf dem Flur bleibt, meidet Risiken. -Ein nicht unerhebliches Argument in unseren gefühlt unsicheren Zeiten. Allerdings verpasst man so auch Chancen und die Möglichkeit, tiefere Erfahrungen zu machen, oder etwas bedeutendes zu erreichen. Das Leben ist nun mal eine Aneinanderreihung von Möglichkeiten, die wiederum mutige Entscheidungen einfordern, auch wenn das bedeutet, manche Optionen aufzugeben. Ansonsten fliegen diese Möglichkeiten und somit unser Leben einfach so an uns vorbei.

Warum bleiben Menschen manchmal lieber auf dem Flur?

Es gibt sicher mehrere, vielleicht auch gute Gründe, warum Menschen lieber auf dem Flur bleiben, also in einem Zustand der Unentschlossenheit verweilen. Vielleicht kennt ihr diese Flurmomente ja auch aus dem eigenen Erleben. Woran lag es, oder liegt es, dass ihr euch auf dem Flur aufgehalten habt, nicht durch die Tür gegangen seid um euren Weg entstehen zu lassen? Hier eine kleine Liste der häufigsten Gründe für Unentschlossenheit:

  1. Angst vor Fehlern und Konsequenzen: Viele Menschen fürchten, eine falsche Entscheidung zu treffen, die negative Konsequenzen für sie haben könnte. Diese Angst vorm Scheitern oder einem möglichen Verlust lässt sie zögern und kann zu Vermeidungsverhalten führen.

  2. Perfektionismus: Perfektionismus lässt uns oft nach der bestmöglichen Entscheidung suchen. Da es in unserer komplexen Welt selten die eine perfekte Wahl gibt, bleiben Menschen manchmal in der Analysephase stecken, stets auf der Suche nach weiteren Informationen und besseren Optionen.

  3. Überforderung durch zu viele Möglichkeiten: In einer Welt voller Optionen kann die Vielzahl an Entscheidungsmöglichkeiten überwältigend wirken. Dieser fast schon als “Tyrannei der Wahl” empfundene Zustand kann dazu führen, dass Menschen sich lieber gar nicht entscheiden, um nicht mit ihrer Wahl einer Option eine andere Möglichkeit auszuschließen.

  4. Mangelndes Vertrauen in die eigene Urteilskraft: Wenn Menschen sich hinsichtlich ihrer Entscheidung unsicher sind, zweifeln sie oft auch an sich selbst. Sie wollen sich alle Optionen offen halten um nicht mit den Konsequenzen ihrer Unsicherheit konfrontiert zu werden.

  5. Verlustangst: Eine Entscheidung bedeutet auch immer sich auf etwas festzulegen und damit andere Möglichkeiten aufzugeben. Es gibt Menschen, die von einer tiefen Angst etwas zu verpassen oder zu verlieren getrieben sind und deshalb lieber in einem Zustand der Offenheit bleiben. Neuhochdeutsch bezeichnet man dieses Phänomen heute als FOMO - Fear of Missing Out.

  6. Sozialer Druck und Erwartungen: Der Wunsch die Erwartungen anderer zu erfüllen, oder wenigstens nicht negativ aufzufallen, kann ebenfalls dazu führen, dass Menschen Entscheidungen meiden oder hinauszögern. Sie wollen es allen recht machen und meiden deshalb klare Positionen,

  7. Unbewusster Gewinn: Manchmal hat das Vermeiden von Entscheidung den Vorteil, dass man keine Verantwortung übernehmen muss, man bleibt in einer bequemen Positionen und meidet das Risiko sich zu exponieren oder gar zu versagen.

Diese Faktoren können alleine oder in Kombination dazu führen, dass Menschen sich schwer tun, eine Tür zu durchschreiten und lieber auf dem Flur bleiben. Um diesen Zustand zu überwinden braucht es Selbstreflexion, Mut und die Akzeptanz, dass nicht jede Entscheidung perfekt sein muss. In meinen Trainings in der Luftfahrt habe ich den Teilnehmenden immer versucht mitzugeben, dass die einzige absolut falsche Entscheidung die ist, die nicht getroffen wird. Denn dafür fliegen Flugzeuge einfach zu schnell! Und wenn mir mal ehrlich sind fliegt auch unser Leben zu schnell an uns vorbei, als dass wir es uns wirklich leisten könnten in abwartender Passivität zu verharren.

Keine Veränderung ohne Preis!

Ich habe meine Entscheidung nun also getroffen und selbstverständlich gab es auch Faktoren, die es mir leichter gemacht haben, das Thema Training und vor allem die Luftfahrt hinter mir zu lassen, meinen Preis zu zahlen.

Ob ich das Fliegen vermisse, hat mich auf meinem Rückflug aus dem Urlaub vor einer Woche eine ehemalige Condor-Kollegin gefragt. Nein, gar nicht! Ich habe etwas gefunden, das mich mich heute so erfüllt, wie es vor einigen Jahren die Luftfahrt getan hat. In meinem Leben ging und geht es in erster Linie um Menschen. Flugzeuge waren hierbei nicht mehr und nicht weniger als ein unglaublich cooles Hilfsmittel. Es sind die Menschen um mich herum, die mich in all ihren Facetten faszinieren. Ich bin neugierig auf die Menschen um mich, möchte über sie lernen und ich möchte verstehen. Das ist es, was mich wirklich antreibt. Und das ist es, was es mir möglich macht, Türen hinter mir zu schließen. Ich kenne mein Ziel, ich weiß wo ich hin möchte, habe meinen Purpose gefunden. Das macht es einfacher, Dinge zurück zu lassen und sie gleichzeitig weiterhin im Herzen zu tragen. -Deshalb volle Kraft voraus in die Richtung, die ich vor 25 Jahren als junge Stewardess in meinem ersten Human Factors Training eingeschlagen habe.

Ich wünsche euch einen schönen, herbstlichen Sonntag.

Eure Constance

Schön, so ein Flur

Aber es wäre doch auch sicher spannend, in das ein oder andere Zimmer hineinzutretet, zu schauen, was es dort gibt!

Goldene Buddhas und verschüttete Persönlichkeiten

Zeit für einen Cut

Bei mir werfen große Ereignisse ihre Schatten voraus. Im September werde ich mich für einen Sabbatical-Monat zurückziehen. In dieser Zeit wird auch mein Blog pausieren und am 6. Oktober in neuem Gewand zurück sein. Meinen freien Monat werde ich für einen ausführlichen Hausputz nutzen. Impuls bekommt ein komplettes Make-over. Seid gespannt – ich bin es tatsächlich auch! Auf Instagram nehme ich euch gerne mit auf meine Reise durch den Sabbatical-Monat. Den Link zu meinem Instagram-Profil findet ihr auf meiner Homepage unter "Kontakt". Dort wird nicht nur das Make-over für Impuls eine Rolle spielen, sondern auch der Umgang eines Workaholics wie mir mit verdammt viel Freizeit! Ein Teil von mir freut sich wie verrückt auf diese Auszeit, ein anderer Teil ist recht nervös. Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal so viel freie Zeit hatte und ich bin mir noch nicht sicher, was ich damit anfangen werde. Ganz entspannt einfach mal nichts tun – das ist eine große Fähigkeit, die ich über die letzten Jahre ziemlich verlernt habe.

Für meinen letzten Artikel vor meiner Auszeit habe ich eine Metapher gewählt, basierend auf einer wahren Geschichte, die mich selbst seit letztem Wochenende so fasziniert, dass ich sie nun auch auf diesem Wege mit euch teilen möchte.

Seit einigen Wochen nehme ich gemeinsam mit drei wunderbaren Coach-Kolleginnen und -Kollegen an einem Peer-Coaching-Programm zur Persönlichkeitsentwicklung teil. Denn auch, oder gerade, als Coach ist man nie ganz fertig mit sich selbst. Im Rahmen dieses Programms gibt es spannende Tagesimpulse, wöchentliche Meetings in der Peer-Gruppe und an jedem Wochenende ein umfangreiches Programm zum Schwerpunktthema der kommenden Woche. In dieser Woche war und ist das Thema Empathie mit sich selbst, um nicht zu sagen: Selbstliebe. Ich weiß nicht, wie sehr und wie bedingungslos ihr euch liebt oder ob ihr, wie ich, gerne Bedingungen wie Leistung und Perfektion an eure Liebe zu euch selbst knüpft. Schon verrückt! Ich wünschte, ich wäre mit mir selbst so liebevoll, geduldig und empathisch, wie ich es mit anderen sein kann. Woher kommt diese relative Härte zu sich selbst? Im Rahmen meines Programms habe ich letzten Sonntag diese Geschichte gehört, die als Metapher großartig zur Liebe zu uns selbst und zu all den Bedingungen, die wir häufig daran knüpfen, passt.

Der Goldene Buddha von Bangkok

Ich hatte das Glück, schon einige Male den beeindruckenden Goldenen Buddha von Wat Traimit sehen zu dürfen. Diese gefühlt alles überstrahlende Statue ist über drei Meter hoch und besteht aus massivem Gold. Sie wiegt etwa fünf Tonnen. Schätzungen gehen davon aus, dass diese Statue etwa 700 Jahre alt ist. Tief beeindruckende Rahmenparameter, deren ich mir durchaus bewusst war, als ich ehrfürchtig vor dieser im Lotussitz sitzenden Buddhastatue stand. Was ich nicht kannte, waren die Details des bewegten Lebens, das dieses Abbild Buddhas bereits hinter sich hatte. Die monumentale Statue wanderte in den Jahrhunderten durch die Hände diverser Könige innerhalb und außerhalb Thailands. Als es wieder einmal zu einer Welle von Angriffen aus dem Ausland kam, entschieden die Mönche des Klosters, in dem sich die Statue befand, den wertvollen Buddha komplett in Gips zu hüllen, um bei eventuellen Plünderungen seinen wahren Wert zu verschleiern. Bei den erwarteten Angriffen kamen wahrscheinlich alle Mönche des Klosters ums Leben. Somit gab es niemanden mehr, der den wahren Wert dieser Statue kannte. Selbst als die Statue 1935 in einen neuen Tempel gebracht wurde, da ihr ursprünglicher Standort einem Sägewerk weichen musste, ahnte niemand ihren wahren Wert. Erst als die Statue bei Bauarbeiten im Jahr 1955 vermeintlich beschädigt wurde, sprang der Gipsmantel auf – und was zum Vorschein kam, war pures Gold!

Unser aller goldener Kern

Um den Gefahren des Lebens zu trotzen, um sich zu schützen, legte sich der Goldene Buddha von Wat Traimit eine Schale zu, die seinen wahren Kern verschleierte. Diese Schale, dieser Mantel aus Gips, wurde so selbstverständlich, dass die inneren Werte des Buddhas in Vergessenheit gerieten. Man sah nicht das strahlende Gold, sondern diesen unscheinbaren Panzer, der den Buddha schützen sollte.

Ähnlich verhält es sich mit unserer Seele, dem tiefen goldenen und strahlenden Kern unserer Persönlichkeit. Wir werden als reine, strahlende Persönlichkeiten geboren – angstfrei und voller Urvertrauen in uns selbst und die Welt. Leider lernen wir viel zu schnell, dass das Leben gefährlich ist. Egal, wie liebevoll umsorgt ein Baby ist, beginnt es schon früh zu kämpfen oder sich anzupassen, um sein Überleben zu sichern. So beginnt sie ganz langsam zu wachsen, diese Gipsschicht, die unseren strahlenden Kern überlagert. Nennt diese Gipsschicht Glaubenssätze, Traumata, Urängste, Erfahrungen, innere Antreiber … Sie werden mehr und mehr, je älter wir werden. Die Gipsschicht um unseren strahlenden Kern wird immer dicker. Wir finden unseren Weg durchs Leben, gehen in den Kindergarten und die Schule, lernen, uns anzupassen, um Anerkennung zu bekommen, Freunde zu finden, geliebt zu werden. Brave Mädchen machen keinen Ärger! Leistung und Anpassung generieren Liebe. Die Gipsschicht wächst weiter und weiter, getrieben von der Angst vor Ablehnung, der Angst, nicht gut genug zu sein, keine Freunde zu haben, keinen Partner zu finden, im Beruf nicht erfolgreich zu sein. So entwickeln wir Verhaltensweisen, die uns schützen sollen, uns aber gleichzeitig stets in einem Zustand des Kämpfens halten. Angespannt sind wir immer irgendwie auf der Hut. Wir agieren aus Angst und dem Bedürfnis, uns schützen zu müssen. So werden wir nicht nur mit anderen streng oder kritisch, sondern auch mit uns selbst. Wir müssen diesem perfekten Bild entsprechen, um gut, sicher und geliebt durchs Leben zu gehen. Aber was passiert, wenn der Gipsmantel springt, unsere strahlende Persönlichkeit zum Vorschein tritt, die nicht aus Motiven der Angst und des Selbstschutzes, sondern aus Vertrauen und Liebe heraus agiert? Im Umgang mit sich selbst und auch im Umgang mit anderen? Was, wenn wir nicht das Schlechteste in anderen Menschen und in den Möglichkeiten, die sich uns bieten, sehen? Was, wenn wir stattdessen nur das Beste, das Liebenswerte und die Chancen sehen? Wahrscheinlich hüpfen wir dann glücklich wie Kinder strahlend und neugierig durch unser Leben – durch ein Leben, das sich im Außen sicher nicht ändert, sich aber ganz sicher anders anfühlen wird.

Ich werde die nächsten Wochen auch dazu nutzen, noch regelmäßiger und routinierter mit diesem goldenen Kern, diesem strahlenden Persönlichkeitsanteil von mir, in Kontakt zu treten. Er ist da, vollumfänglich. Über all die Jahre des Selbstschutzes und des Kämpfens ist er jedoch ein wenig verschüttet und in Vergessenheit geraten, ganz so wie der goldene Kern des Buddhas von Wat Traimit. Ich möchte noch neugieriger und noch wohlwollender mit den Menschen um mich herum sein. Denn die Liebe, der Respekt, die Achtung und Wertschätzung zu sich selbst schließen Liebe, Achtung und Wertschätzung für andere nicht aus. Die eine Form der Liebe bedingt die andere.

Wenn ihr Lust habt, tut es mir gleich. Und solltet ihr euch Begleitung auf eurer ganz individuellen Reise hin zu mehr (Selbst-)Liebe und mehr (Selbst-)Vertrauen wünschen, um noch erfolgreicher, klarer und selbstbewusster durchs Leben zu gehen, wüsste ich da einen guten Coach. Meldet euch gerne – auch schon im September. Es ist nicht auszuschließen, dass ich mich sehr darüber freue, wenn ich etwas zu tun bekomme!

Genießt die letzten Sommertage und den bunten, magischen Übergang zum Herbst – und bleibt meinem Blog auch Anfang Oktober treu.

Eure Constance

Auf der Suche nach dem inneren Strahlen

Die Schutzschilder des Lebens stets im Blick.