Ich schaff's! -Heute mal was fürs Herz

Ben Furman und die glücklichen Kinder

In der letzten Woche bin ich im Rahmen einer eigenen Weiterbildung in die Untiefen der Neurolinguistischen Programmierung (NLP) eingetaucht und irgendwie war mir bereits am Montag klar, dass ich an diesem Wochenende etwas über NLP würde schreiben wollen. Winterkorn und Konsorten nehme ich mir dann nächste Woche vor! Natürlich dachte ich an irgendeinen Klassiker, irgendwas mit Refraiming oder Pacing, oder so… Dachte ich! Schaue ich jetzt allerdings auf die letzte Woche zurück ist es etwas ganz anderes, das besonders nachhaltig in meinem Kopf hängen geblieben ist. De Facto glaube ich sogar, dass es nicht nur in meinem Kopf, sondern direkt in meinem Herz hängen geblieben ist.

Dank meiner wundervollen Ausbilderin Anita durfte ich den finnischen Psychologen Ben Furman kennenlernen, der sich vor allem mit problematischen Verhaltensweisen bei Kindern und Jugendlichen auseinandersetzt. Dies tut er mit einer derart respekt- und liebevollen Art, dass mir das Herz aufgeht und ich nicht umhinkomme, seine Methode, die er “Ich schaff’s!” nennt, mit euch zu teilen. -Nicht zu Letzt auch, weil wir ja alle das Kind in uns mit durch unser Leben tragen und vielleicht deshalb auch als Erwachsene davon profitieren können.

Von zarten Kinderseelen

Im Rahmen des Seminars haben wir unter anderem einen Vortrag von Ben Furman angeschaut, in dem er von einer Reise nach Japan berichtet. Eine Mutter kam mit ihrem Sohn, der zwanghaft seine Fingernägel abgekaut hat, zu ihm. Dieses Problem galt es zu lösen. Interessanterweise interessierte sich Furman zunächst überhaupt nicht für das Problem. Vielmehr beschäftigte er sich in den ersten zehn bis fünfzehn Minuten mit dem, was der Junge schon alles gut konnte. Woraufhin der Junge seine Mama bat, am liebsten den ganzen Tag beim Therapeuten bleiben zu dürfen. Offensichtlich hat er sich wohl damit gefühlt, all das berichten zu dürfen, was er schon alles kann. Wie gut kann ich diesen kleinen Mann hier verstehen! Sicher fühlte er sich sehr stolz.

Als es schließlich darum ging, herauszufinden, was denn wohl das Problem sei, fragte Furman nicht nach dem Problem, sondern danach, was der Junge denn noch alles lernen möchte, obwohl er doch schon so viel konnte. Er wollte lernen, nicht mehr an seinen Fingernägeln zu kauen.

Während mir an dieser Stelle schon das Herz aufging, weil ich so berührt von diesem respektvollen und achtsamen Umgang mit diesem kleinen Menschen war, setzte Furman noch einen drauf: Gleich damit aufhören zu wollen, an allen zehn Fingern zu kauen, sei doch ganz schön viel auf einmal. Der Junge stimmte zu und Furman schlug vor, zunächst erstmal mit einem Finger zu beginnen. Furman nannte das “Baby-Steps” und der Junge entschied sich für einen seiner Daumen. Er durfte sich sogar noch Unterstützer suchen. Mit Hilfe dieser kleinen Schritte und seiner Unterstützer konnte der Junge schnell erste Erfolge feiern und war schließlich so motiviert, dass es ihm gelang, seine neue Fähigkeit, keine Fingernägel mehr zu kauen, voll umzusetzen! Er hat nichts aufgegeben, oder mit nichts aufgehört, sondern etwas Neues angefangen.

Ich schaff’s!

“Ich schaff’s” nennt Ben Furman seine zauberhafte Methode, die er in sieben Schritte einteilt:

  1. Die Definition eines Ziels: Dieses Ziel soll dabei positiv formuliert sein. Es geht nicht darum, etwas sein zu lassen, oder sich zu ändern, sondern darum, eine neue Fähigkeit zu lernen. Lernen fühlt sich immer positiv an, finde ich!

  2. Diese Fähigkeit bekommt sogar einen richtigen Namen, damit sie greifbarer, realer wird.

  3. Da wir im NLP sind, bekommt die Fähigkeit auch einen Anker, oder ein Symbol, dass man nutzen kann, um nicht zu vergessen, was man lernen möchte. -Der berühmte Knoten im Taschentuch!

  4. Weil alles mit Unterstützung leichter geht, wählt man sich als nächstes ein paar Unterstützer aus. Es geht darum, sein Ziel zu teilen und mit der Unterstützung anderen, nicht allein, daran zu arbeiten.

  5. Im nächsten Schritt geht es darum, seine bereits etablierten, individuellen Muster für das Erreichen seines Ziels zu nutzen. Es geht darum, bewusst zu überlegen, wann es einem schon einmal gelungen ist, ein Ziel zu erreichen, oder etwas Neues zu lernen und wie man das gemacht hat.

  6. In Ben Furmans Welt ist es gar nicht schlimm, eine kleine Ehrenrunde zu drehen. Natürlich wird man wieder in alte Verhaltensmuster zurückfallen. Es ist sogar zu erwarten, denn diese alten Muster sind selbstverständlich im Vorteil. Hat man sie doch über Jahre hinweg geübt! Deshalb darf man auch gerne großzügig mit sich selbst sein. Man darf sogar liebevoll mit sich umgehen, wenn man seine neue Fähigkeit doch einmal vergisst.

  7. Zu guter Letzt kommt die Party! Natürlich müssen Erfolge auch ausgiebig gefeiert werden, auch die kleinen! Das macht man dann am besten mit all seinen Unterstützern!

Jetzt stell dir mal vor…

Den Ansatz von NLP, mit dem ich mich gerade beschäftige, hat einen hypnosystemischen Hintergrund, angelehnt an Dr. Gunther Schmidt. Hypnosystemisch… -Hört sich befremdlich für dich an? Keine Sorge, ist alles ausgesprochen wissenschaftsbasiert! Und weil das eine so gute Basis hat, hast du ja jetzt vielleicht Lust auf ein kleines Gedankenspiel.

Stell dir mal vor, es gibt eine Seite von dir, ein Verhalten, oder ein fehlendes Verhalten, dass du gerne ändern möchtest. Oder es gibt dieses eine große Ziel, dass du erreichen möchtest. Jetzt stell dir weiter vor, das Ziele wäre nicht, etwas sein zu lassen, etwas los zu werden, sondern etwas Neues zu erreichen oder zu lernen. Ich weiß nicht, wie es bei dir ist, aber ich bin nicht so gut darin, etwas sein zu lassen, oder etwas los zu werden. Das fällt mir immer schwer. Egal ob es die zwei Kilo extra sind, die ich gerne loswerden möchte, oder meine ewige Ungeduld, die ich gerne sein lassen möchte. Dieses “Loswerden” klappt bei mir meistens nur semi-gut! Worin ich aber offensichtlich gut bin, ist darin, neue Dinge zu lernen. Immerhin habe ich in meinem Leben schon so unglaublich viel gelernt, ich muss gut darin sein, etwas Neues zu lernen. Du ja vielleicht auch! Wenn dein Ziel also so formuliert ist, dass du durch lernen daran arbeiten kannst, ist es plötzlich erreichbar! Vielleicht ist das ja bei dir ganz ähnlich. Stell dir also vor, du weißt ganz genau, was du lernen möchtest, um dein Ziel zu erreichen, weil du dieser neuen Fähigkeit sogar einen Namen gegeben hast. Vielleicht hat sie in deiner Vorstellung vielleicht sogar eine Gestalt. Jedenfalls ist das für dich kein abstraktes Etwas mehr. Damit du das auch nicht vergisst, hast du dir einen Knoten in dein Taschentuch gemacht. Das Ziel und damit die Marschrichtung liegen also glasklar vor dir. Jetzt stell dir vor, du musst diesen Weg nicht allein gehen, weil du Menschen hast, die dich dabei unterstützen. So gehst du also los, getragen von deinen Unterstützern, in kleinen, aber dafür realistischen Schritten. Die ersten Erfolgserlebnisse treten schnell ein. Das wird natürlich gefeiert! Und falls du bei all deinen Baby-Steps mal eine kleine Ehrenrunde drehst, lächelst du und bist ganz entspannt mit dir selbst, weil du weißt, dass das normal ist und passiert. Du bist ein Mensch und so funktionieren Menschen nun mal! “Die alten Muster haben immer einen Wettbewerbsvorteil!”, sagt meine Ausbilderin Anita in solchen Fällen! Und Recht hat sie!

Du darfst dich gerne kurz zurücklehnen, vielleicht machst du sogar die Augen zu und lässt dich für einen Moment ganz bewusst auf dieses Gedankenspiel ein. Fühlt sich gut an, oder?

Mit den Ressourcen im Scheinwerferlicht

Manchmal frage ich mich wirklich was mit uns Menschen los ist! Von Kindesbeinen an liegt der Fokus auf den Defiziten, dem was man noch nicht kann, was man falsch macht, oder worin man unbedingt noch besser werden muss. Ben Furman interessiert sich nicht dafür! Was hilft es ihm, sich in endlosen Schleifen um das Problem zu drehen. Er möchte Lösungen finden und dabei sind vor allem unsere Ressourcen hilfreich, die internen, wie unsere Fähigkeiten, die wir alle in uns tragen, aber auch die externen, unsere Unterstützer, die Menschen um uns herum, die nur darauf warten, uns unterstützen zu dürfen. Oder wie würdet ihr reagieren, wenn euch jemand um Unterstützung bittet, wenn euch jemand ins Vertrauen zieht? Ich fühle mich jedes Mal geehrt! Wann habt ihr eigentlich das letzte Mal Menschen um Unterstützung gebeten? Ich tue es zu selten und strample mich viel zu oft alleine ab, um meine Ziele zu erreichen. Aber wahrscheinlich ist das nur mein ganz eigenes Thema und Ben Furmans Modell “Ich schaff’s!” ist doch nichts für Erwachsene, sondern nur etwas für das Kind in mir! Als Coach muss ich ja auch nicht immer Recht haben.

Ich wünsche euch einen schönen Sonntag!

Eure Constance

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Ich schaff’s!

Denkt sich auch mein kleiner Kurt und übt lustig weiter, aufs Sofa zu klettern…

Kommandostrukturen und Servant Leadership - die agile Transformation der US Army

Wo kommt VUCA eigentlich her?

Um zu verstehen, wie bestimmte Konzepte funktionieren ist es häufig hilfreich, sich einmal anzuschauen, wo sie ihren Ursprung haben. VUCA, dieses Akronym, das eine volatile, unsichere, komplexe und mehrdeutige Umwelt beschreibt und zum Synonym für unser Businessumfeld geworden ist, hat seinen Ursprung mit Nichten im Bereich der Wirtschaftswissenschaften. Vielmehr entspringt es direkt der modernen Kriegsführung. Wer hätte gedacht, dass die US Army die erste Organisation war, die tatsächlich agil transformiert hat?!

Aber lasst uns mal von vorne anfangen: Bis zum Ende des Kalten Krieges bewegte sich die US Army in einem glasklaren und sehr eindeutigen Umfeld. Die Welt war unmissverständlich in Freund und Feind, Gut und Böse eingeteilt. Diese Einteilung war absolut stabil. Die Auseinandersetzung mit dem Feind war auf fast groteske Art und Weise ritualisiert: gemeinsames Wettrüsten, Drohgebärden, immer wiederkehrende Stellvertreterkonflikte oder -Kriege, Lehrbuchdiplomatie und so weiter und so fort. Mit dem Ende des Kalten Krieges begannen die Grenzen zu verschwimmen, die Rolle der USA veränderte sich und auch deren kriegerischen Auseinandersetzungen waren plötzlich von neuer Natur. Sie waren im Vergleich zu früher irgendwie VUCA! In den 90er Jahren wurden Kriege immer mehr zu einem multilateralen und asymmetrischen Szenario, dem es zu begegnen galt. Diese moderne Kriegsführung hat nichts mehr mit den Schlachten der Vergangenheit zu tun. Bis dato kannte man Staatenkriege und die klare Unterscheidung zwischen Krieg und Frieden. Es gab eine Front und das Hinterland, in welches sich zurückgezogen werden konnte. Es gab Soldaten und Zivilisten. Schwarz und Weiß! Der Krieg, so wie der Gegner waren symmetrisch. Das betraf nicht nur die Art der Kriegsführung, sondern auch die Ausbildung der Soldaten und deren Bewaffnung. Das führte jedoch auch dazu, dass Armeen auf beiden Seiten durch ihre Gleichförmigkeit, die sich auch in den Kommandostrukturen widerspiegelte, zwar durchaus martialisch, aber auch ausgesprochen träge oder behäbig wurden. Da jedoch beide Seiten identisch aufgestellt waren, hatte diese Trägheit keinen Einfluss auf den Erfolg.

Zwanzig Jahre Krieg gegen den Terror

Wie gesagt änderte sich das in den 90er Jahren rasch und spätestens seitdem vor fast genau zwanzig Jahren der Krieg gegen das Böse selbst, gegen den Terror ausgerufen wurde, ist ohnehin nichts mehr, wie es einmal war. Eigentlich ging diese neue Form der asymmetrischen Kriegsführung bereits in Vietnam los, denn schon damals sah sich die straff durchorganisierte, technisch hochgerüstete US Army vor allem durch kleine, autonom agierende Vietkong-Zellen herausgefordert. Wie das ausging, ist bekannt. Es folgten das Kosovo, Afghanistan und der Irak und die US Army musste sich selbst neu erfinden, um in Anbetracht der neuen Herausforderung erfolgreich agieren zu können. Der neue Gegner war viel abstrakter, ungreifbarer und spätestens mit Bin Laden wurde endgültig klar, dass Kriegsführung asymmetrisch geworden ist. Das heißt, der neue, technisch häufig unterlegene, Gegner greift nicht mehr in direkter Konfrontation an, sondern unerwartet, mit Nadelstichen, gleich dem Guerillakrieg, den Che Guevara propagierte. Nachschublinien wurden abgeschnitten, oder Kämpfer als Zivilisten verkleidet. Die Perversion findet ihre Klimax, indem selbst Kinder als Selbstmordattentäter herhalten sollen, oder Esel mit Sprengladungen beladen in Richtung Soldaten geschickt werden. Hier ist nichts mehr klar und eindeutig. Jederzeit kann überall die Hölle losbrechen. Jeder einzelne Soldat, jede noch so kleine Einheit muss ad hoc handlungsfähig sein. Warten auf den Befehl von oben bedeutet nicht mehr und nicht weniger als der mögliche Tod.

Neue Führungsstrukturen mussten her

In Anbetracht der neuen Situation wurde immer klarer, dass Verantwortung dezentralisiert werden musste. Auch Planung und Kontrolle der einzelnen Aktivitäten konnten nicht zentral geplant werden, hatte man zentral doch keine Vorstellung von der tatsächlichen Situation vor Ort. Geregelte Prozesse sorgten zwar für einheitliche Abläufe, allerdings waren es die Squadron, oder Squads (die kleinsten militärischen Einheiten vor Ort), die abschließend entscheiden konnte, ob es links oder rechts herum geht. Die Verantwortung der Armeeführung war es, genau das zu ermöglichen. So wurde Führung auf allen Ebenen neu definiert. Besonderen Stellenwert hatte fortan die Ausbildung der Führungskräfte, insbesondere der Squad Leader. Diese wurden und werden unter anderem darin geschult, analytische Entscheidungsfindungsprozesse auch in Hochstresssituationen zu leisten und so möglichst reflektiert auf Situationen zu reagieren, die in keinem Handbuch zu finden sind. Dabei wurde ihnen klar gemacht, dass ihr Team ihre wertvollste Ressource ist und ihnen wurde beigebracht, diese Ressource konsequent, auch im Rahmen von Entscheidungsfindungsprozessen, zu nutzen. Die obersten Führungsebenen wiederum mussten das Teilen von Verantwortung lernen. Sie mussten hierarchisch orientiertes “Durchregieren” ab sofort unterlassen und stattdessen eine Atmosphäre kreieren, die diejenige Sicherheit schafft, die es für eigeninitiatives und eigenverantwortliches Handeln auf operativer Ebene unbedingt braucht, um erfolgreich zu sein! Tja, Amy C. Edmondsons Psychological Safety steckt eben überall drin!

Ganz schön viel Aufwand hat die US Army da betrieben. Aber in einem VUCA Umfeld hat man schlicht und ergreifend keine andere Chance, wenn man in irgendeiner Art erfolgreich sein möchte! Klingelt da was bei euch? Sind wir nicht alle ein bisschen VUCA?

Aber wer hat es denn nun wirklich erfunden?

Ich frage natürlich immer mal wieder, ob diese Ideen der New Work tatsächlich so neu ist. Und bei der Frage, wer hat’s erfunden, könnte man, wenn man wollte, recht weit zurück gehen. Bereits Anfang der 70er Jahre hat der Zukunftsforscher Alvin Toffler gewarnt, dass es aufgrund zunehmender Dynamik und Komplexität, dringen flexibler Unternehmen bedarf, um auch weiterhin erfolgreich zu sein. In den 80er Jahren war plötzlich von innovativen Unternehmen die Rede, in den 90er Jahren wurde daraus die Lernende Organisation. Heute muss es eben agil sein. Gefühlt wird alle zehn Jahre eine neue Begrifflichkeit durchs Dorf gejagt, die im Kern doch immer das gleiche beschreibt: Eigentlich geht es um die Effekte, die sich einstellen, wenn bestimmte Managementprinzipien eingeführt werden. Momentan geht es eben um Selbstorganisation.

Als ich angefangen habe, mich mit Agilität zu beschäftigen, hatte dieses Managementprinzip eine geradezu magische Anziehungskraft auf mich. Eine ganz Weile war mir überhaupt nicht klar, warum ich so fasziniert war. Inzwischen habe ich es verstanden. Ich bin Human Factors Trainer und habe mein Wurzeln in der Luftfahrt. Und auch wenn die US Army der Meinung ist, Agilität erfunden zu haben, halte ich dagegen: Mein Zuhause, die Luftfahrt, hat als Reaktion auf ein schweres Flugzeugunglück in Teneriffa 1977 (!) angefangen, den Menschen, bzw. operative Teams aus Menschen (Crews) bewusst auf ein dynamisches und komplexes Umfeld vorzubereiten. Bereits 1977 wurde klar, dass der Mensch der Schlüssel zum Erfolg in unklaren Fahrwassern ist. Seitdem werden Crews im Rahmen des Human Factors- oder Crew Ressource Management Trainings bewusst in allen möglichen Softskills geschult. Im Kern geht es darum, seine Kollegen als Ressource zu sehen und sich als Team selbst organisieren zu können, wenn etwas Unerwartetes passiert. Auch Führung ist selbstverständlich dezentralisiert und Hierarchie soll nicht einschüchtern, sondern dazu ermutigen, eigenverantwortlich zu handeln, sich einzubringen und mitzudenken. Wichtig ist hierbei, den Menschen zu verstehen, seine Natur und seine übliche Art zu handeln, oder eben manchmal nicht zu handeln und alle Maßnahmen, Schulungen und Procedures dem anzupassen! Verdammt, der Mensch ist nun mal oft ungeduldig, stur, unsicher, in seiner Wahrnehmung eingeschränkt… Das ist nicht unprofessionell, sondern menschlich! Dem muss man das System anpassen! Andersherum funktioniert es nicht.

Und jetzt müssen wir über Agilität und Hierarchie sprechen, dringend!

Kürzlich ist mir eine Statistik von Haufe in die Finger gefallen, die dargestellt hat, dass kleine oder mittlere Unternehmen zwar ein ähnliches Verständnis von New Work haben, wie Großkonzerne, sie setzen Maßnahmen jedoch anders um. So vagen sich kleine und mittlere Unternehmen wohl eher an Machtstrukturen heran, als Großkonzerne. Die Frage, die ich hier in den Raum stellen möchte ist, ob es für eine erfolgreiche und “neue” Art der Zusammenarbeit denn zwangsläufig nötig ist, Machtstrukturen zu verändern? Oder ob es nicht viel mehr darum gehen sollte, sich zu überlegen was Macht bedeutet und wie sie ausgeübt wird. Die Frage, wie Führung gelebt wird, ist meines Erachtens tausend Mal wichtiger, als krampfhaft Strukturen verändern oder auflösen zu wollen, weil es so in irgendeinem Handbuch steht. Hinzu kommt, dass es gerade in international aufgestellten Großkonzernen durchaus Hierarchiestrukturen gibt, die zum Teil sogar regulatorisch bedingt sind. Schaut man sich die glasklare Hierarchie in der US Army an, geht Agilität auch innerhalb sogenannter Chains of Command. Hierbei ist es wichtig, nicht nur die Führungskräfte, sondern auch die Teams entsprechend vorzubereiten und entsprechend zu schulen. Nichts anderes habe ich in der sehr hierarchisch aufgebauten Luftfahrt viele Jahre getan und im Falle der Luftfahrt gibt der Erfolg diesem Prinzip recht. Die Unfallstatistiken belegen, dass ein entsprechendes Human Factors Training maßgeblich zum Erfolg der Luftfahrt beitragen. Erfolg heißt hier, dass die allermeisten Flugzeuge absolut sicher von A nach B fliegen. Ja, Erfolg in der Luftfahrt ist etwas anderes, als in der Armee, der Finanz- oder IT-Branche! Aber glaubt mir, in einem dynamischen und komplexen Umfeld sind die Faktoren auf menschlicher Ebene, die maßgeblichen Einfluss auf Erfolg oder Misserfolg haben, immer die gleichen, überall!

In diesem Sinne, seid erfolgreich!

Eure Constance

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Zwanzig Jahre Krieg gegen den Terror

Wie auch das Konzept von Gut und Böse plötzlich VUCA wurde

Kann konsequente Agilität das Ende von Innovation bedeuten?

Zum Einstieg geliehene Worte eines klugen Mannes:

“Wenn ich die Menschen gefragt hätte, was sie wollen, hätten sie gesagt, schnellere Pferde.”

Das sprach Henry Ford vor mehr als einem Jahrhundert. Seitdem hat sich viel getan. Inzwischen erobern Elektroautos, hybride Autos und was weiß ich was die Welt! Überhaupt spielt Mobilität eine große Rolle, auch wenn die Bedeutung des Autos selbst in der Veränderung begriffen zu sein scheint.

Aber heute soll es keinesfalls um Autos oder Mobilität gehen! Fords Zitat bietet mir lediglich einen formidablen Einstieg in das Thema Innovation und Kundenzentrierung. Beides spielt im Business-Umfeld eine zunehmend große Rolle und besonders die Kundenzentrierung sollte mir als Agile Coach und Scrum Master ganz besonders am Herzen liegen! Und ja, es ist super wichtig, dass wir uns mit dem, was wir tun, an unseren Kunden orientieren, denn immerhin tun wir es ja für sie. Aber ist das wirklich der Weisheit letzter Schluss? Mit dieser Frage habe ich mich in der letzten Woche immer wieder beschäftigt und möchte meine Gedanken an dieser Stelle gerne mit euch teilen.

Und alle sind ja so agil!

Die Bezeichnung agil ist inzwischen im geschäftlichen Umfeld gefühlt omnipräsent geworden! Unternehmen sind agil, Teams sind es, Menschen sind es, sogar Mindsets sind inzwischen agil geworden. Aber was bedeutet das überhaupt? Als vor gut zwanzig Jahren das sogenannte Agile Manifest Einzug in Wirtschaftsorganisationen hielt, handelte es sich dabei um eine neue, effiziente Art der Softwareentwicklung. Es ging darum, im Gegensatz zu den bis dato üblichen Wasserfallmodellen, Software besser und schneller ausliefern zu können, um den Kunden dementsprechend schneller zufrieden zu stellen. Software wird seitdem inkrementell, das heißt in vielen kleinen funktionalen Teilstücken, ausgeliefert. So ist der Kunde intensiv in den Entwicklungsprozess eingebunden, gibt die Richtung vor und ist sogar im laufenden Prozess in der Position diese Richtung zu ändern oder anzupassen. Eines der Kernziele agiler Softwareentwicklung ist es, den Kunden durch frühe und kontinuierlich Lieferung von funktionsfähiger und wertvoller Software zufrieden zu stellen. -Kundenzentrierung eben!

Schauen wir uns also an, für wen Agilität in ihrer ursprünglichen Form entwickelt wurde, stellen wir schnell fest, dass es sich hierbei um “Zulieferer” handelt, deren Ergebnis im Vorfeld vom Kunden möglichst detailliert definiert und umrissen wurde. Genau dafür ist Agilität großartig! Scrum ist in diesem Zusammenhang ein unglaublich wertvolles Tool.

Allerdings war Agilität im Allgemeinen und Scrum im Speziellen derart erfolgreich, dass es inzwischen zu einer scheinbar inflationären Modeerscheinung geworden ist. Als Coach würde ich mir an der ein oder anderen Stelle tatsächlich wünschen, Agilität nicht auf Teufel komm raus umsetzen zu wollen, sondern sich bewusst zu hinterfragen, macht Agilität hier Sinn? Was sind die Vor- und Nachteile? Brauchen wir vielleicht etwas ganz anderes, um auch weiterhin am Markt erfolgreich bestehen zu können? Und bedeutet Agilität die Umsetzung agiler Modelle und Methoden?

Lässt man sich dieses Zitat von Henry Ford nochmals ganz genüsslich auf der Zunge zergehen, stellen wir fest, dass wir den Erfolg ganzer Unternehmen und Unternehmenssparten keinesfalls ausschließlich in die Hände von “Auftragsarbeitern” legen sollten. Ich denke weder ein Steven Jobs noch ein Elon Musk haben ihre großen Innovationen Hand in Hand mit deren Kunden entwickelt. Denn Kunden können häufig gar nicht einschätzen, was möglich ist. Kunden können Ideen zu stetigen Optimierungen einbringen, um das Produkt bestmöglich an deren Bedürfnisse anzupassen. Kunden können den Entwicklern helfen, zu verstehen, was sie wirklich brauchen und wofür. So sind Entwickler permanent in der Lage, ihr Produkt zu verbessern! “Inspect and adapt” nennt das der Agilist von Welt! Aber ist das wirklich innovativ? -Oder wie es der großartige Oren Hariri einmal beschrieben hat: “Elektrisches Licht entstand nicht durch die permanente Verbesserung der Kerze.” Recht hat er!

Denn Visionen passen nicht in Scrum Zyklen

Sind wir mal ehrlich, Kunden hätten sich weder Elektrizität, noch Autos, das iPhone oder den PC vorstellen können! Was es braucht, wenn wir von Innovationen sprechen, sind Menschen, die sich nicht fragen was der Kunde will, sondern womit man den Kunden überraschen kann. Es braucht Menschen, die sich Fragen welche Innovationen globale Probleme lösen, selbst Probleme, die der potenzielle Kunde Stand heute noch nicht sehen kann. Danach kann man gerne irgendwann im Rahmen des Entwicklungsprozesses anfangen mit agilen Methoden zu arbeiten (macht Apple ja auch).

Schauen wir uns an, was in dieser digitalisiert und globalisierten Welt los ist, in der alle Krisen und Katastrophen früher oder später auch Einfluss auf unser ganz individuelles Leben haben, bin ich fest davon überzeugt, dass es zukünftig nicht darum gehen wird, Bestehendes zu optimieren oder weiterzuentwickeln. Vielmehr wird es darum gehen, Dinge neu zu denken und diesen großen Geistern, die dazu in der Lage sind, den Raum und die Möglichkeiten zu geben, genau das zu tun. Agilitätsmodelle können natürlich auch hier eine Rolle spielen, aber sicher ist, dass sie nicht die Lösung sein werden. Aus meiner Sicht sind Unternehmen gut beraten, sich nicht blindlings auf alle möglichen Agilitätsmodelle zu stürzen, im festen Glauben, dass die dadurch zukunftsfähig werden. Es gehört mehr dazu. Der reinen Lehre von Agilität (selbst Teilen des klassischen agilen Mindsets) sind klare Grenzen gesetzt. In einer post-agilen Welt, so wie ich sie mir wünsche, werden diese Grenzen auch gesehen und verstanden und agile Methoden werden da genutzt, wo sie einen Mehrwert bringen. In meiner post-agilen Welt müssen Organisationen nicht mehr zu komplett agilen Organisationen transformiert werden. Ich stelle mir lernende Organisationen nach der Idee der Harvard Professorin Amy C. Edmondson vor, die sich stetig aus sich heraus entwickeln und selbst sehen, wann es wo und wie Sinn macht, auf agile Methodik zurückzugreifen.

Es sind lernende Organisationen, die durch eine gut funktionierende und ehrlich Feedbackkultur ihren Mitarbeiten das Sicherheitsgefühl geben, dass diese brauchen, um frei und “out of the box” zu denken, um kreativ und verrückt zu sein, innovativ und offen für alle Veränderungen die tagtäglich auf einen einprasseln. Aus Sicherheit entsteht Mut und aus Mut entsteht Innovation!

Es gibt sie, diese Organisationen...

Natürlich bin ich gefühlt permanent auf der Suche nach Organisationen, die Agilität frei umsetzen; genauso eben, wie sie es benötigen, um in ihrem Bereich zu High Performern zu werden. Diese Suche treibt mich zuweilen in komplett ungewöhnlich Ecken. Gegenwärtig lese ich über die agile Transformation der US Army! Ja, ihr lest richtig! Und wer jetzt glaubt, dass Servant Leadership und die steilen Hierarchien von Streitkräften nicht zusammenpassen, der darf nächste Woche gerne reinlesen. Ich denke bis dahin weiß ich genug, um darüber zu berichten! Sicher spannend für all jene, die in hierarchischen, ggf. sogar international aufgestellten, traditionellen Großkonzernen das Wagnis Agilität durchdenken oder sogar durchleben!

Habt einen schönen Sonntag! Ich beschließe mit den weisen Worten Immanuel Kants, der da postulierte: “Sapere Aude!” -Habe den Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! Seid innovativ und mutig genug, über den Tellerrand hinaus zu denken und lasst euch nicht in Formen stecken, die euch nicht passen!

Eure Constance

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Schnellere Pferde…

Perfekt als Hobby, aber kein Ersatz für wirkliche Innovation