Unternehmenskultur

Die dunkle Triade schlechter Führung - Follow up!

Weiter , immer weiter! -Und trotzdem auch mal zurückschauen.

Es scheint Themen zu geben, die einem immer wieder über den Weg laufen. Aus gegebenem Anlass beschäftige ich mich momentan nicht nur mit Führung im Allgemeinen, sondern auch und vor allem mit Führungskultur innerhalb von Organisationen oder Organisationseinheiten im Speziellen. Um mein Wissen und meine Unterlagen stets auf dem neusten Stand zu halten, recherchiere ich permanent, lese und lerne. Die Welt dreht sich so schnell und wenn ich mich als Coach nicht bewusst mit drehe, ist mein eigener Schwung ganz schnell Schnee von gestern.

Bad Leadership - Die dunkle Triade schlechter Führung.

Während meiner Recherchen bin ich auf ein Thema gestoßen, dem ich bereits vor zwei Jahren einen Artikel gewidmet habe: Die dunkle Triade der Persönlichkeitseigenschaften. Hierbei handelt es sich um die fatale, aber auch offensichtlich sehr erfolgsversprechende Kombination aus Narzissmus, Psychopathie und Machiavellismus. In Leadership-Diskussion scheint dieses Thema allgegenwärtig und es herrscht inzwischen Einigkeit darüber, dass dieser fatale Dreiklang auf Führungsebene stärker verbreitet ist, als im Mittel der Gesellschaft. Erklärungen dafür liefert die Leadership-Forschung eine ganze Menge: So konnte nachgewiesen werden, dass Menschen mit dieser Kombination von Eigenschaften oft als besonders charismatisch wahrgenommen werden, ihre Motivation bewundert werden zu wollen wirkt wie ein besonders starker Antreiber, der sie die Karriereleiter geradezu hinaufpeitscht, sie sind sehr gut darin, die Gedanken des Gegenübers zu analysieren und für sich zu nutzen und sie verstehen es ausgesprochen gut, sich auf sich selbst zu fokussieren. Hinzukommt, dass Macht offenbar auch das tatsächliche Potenzial hat, den Charakter zu verderben. Der Volksmund hat offensichtlich recht! Dies belegen die beiden Psychologinnen Sandra Julia Diller und Eva Jonas in ihrer Studie "Streben nach Macht fern von Ethik: die dunkle Triade und die Folgen für Organisationen” mit 800 Teilnehmern. Hier der Link zur Studie. Je höher der ein oder andere die Karriereleiter hinaufklettert, desto machiavellistischer, narzisstischer, psychopathischer wird er (oder auch sie!). Man wächst anscheinend mit seinen Herausforderungen und entwickelt sich auch im negativsten Sinne weiter!

Im Rahmen ihrer Studie konnten die beiden Wissenschaftlerinnen nachweisen, was Führungsexperten bereits vermutet haben: Je höher die Führungsebene, desto ausgeprägter narzisstische, machiavellistische und psychopathische Persönlichkeitsanteile. Die Brisanz dieser Ergebnisse springt geradezu ins Auge. Denn je höher die Führungsebene, desto höher in der Regel auch der Schaden, der durch daraus resultierende übliche Verhaltensweisen verursacht werden kann. Zu diesen Verhaltensweisen gehören den Wissenschaftlerinnen folgend zum Beispiel das Verfolgen unethischer Strategien, feindselige oder ausbeuterische Führung, Mobbing, Wutausbrüche, oder auch unreflektierte und übertrieben risikofreudige Entscheidungen. Ein ganz schönes Pfund, oder? Wenn das gelebte Praxis ist, können Coaches wie ich tatsächlich einpacken. In einem daraus resultierenden Klima ist kein Raum für High Performance Teams, Entwicklung, Lernen und erfolgreiches und sicheres Agieren in einem komplexen und volatilen Umfeld.

Was tun? So teuer ist guter Rat hier nicht!

Aus den beschriebenen Gründen kann eigentlich keine Organisation, die verstanden hat, dass sie in einem dynamischen, komplexen und stark vernetzten Umfeld nur als “lernende Organisation” dauerhaft bestehen kann, derartige Führungskräfte haben wollen, egal wie charismatisch sie auch sein mögen. Was also tun? Der erste Ansatz liegt auf der Hand: die Personalauswahl! Diller und Jonas beschreiben in diesem Zusammenhang, dass es nicht nur wichtig sei, bestimmte “Select-in Kriterien” zu definieren, sondern auch klare “Select-out Kriterien”. Es sollte also nicht nur darauf geachtet werden, was eine Person alles hat, sondern auch darauf, was sie keinesfalls haben sollte. Zusätzlich schlagen die Wissenschaftlerinnen vor, Führungskräfte durch gezieltes ethikorientiertes Coaching zu begleiten um so bewusst soziale und ethische Kompetenzen zu fördern.

Und da ist sie wieder, die Kultur, die nicht nur Strategie, sondern auch Moral und Ethik zum Frühstück verspeist…

In ihrem Studienbericht beschreiben Diller und Jonas, dass es nicht ausreichend sei, sich nur dem Individuum entsprechend zu anzunähern, sondern auch und vor allem die Organisationen selbst. So steht es im Studienbericht. Was es braucht, ist eine entsprechende Führungskultur. Hierbei stelle ich immer wieder fest, dass sich viele Organisationen oder Organisationseinheiten keine Gedanken darüber machen, welche Kultur und damit auch welche Führungskultur tatsächlich gelebt wird. Man verlässt sich auf entsprechende Schriftstücke, die jedes Unternehmen vorhält. Aus meiner Erfahrung ist das nicht ausreichend. Denn erstens geht es nicht darum, was irgendwo geschrieben steht, sondern darum, was tagtäglich tatsächlich gelebt und erlebt wird und zweitens sind diese Kodizes meistens zu allgemein gefasst, besonders in sehr großen Organisationen.

Was macht der Coach?

Momentan arbeite ich mit mehreren Führungskräfteteams, die jeweils gemeinsam, in einem Bereich, unterwegs sind. Wer mich kennt, weiß, dass ich an das Team glaube, weshalb es mir wirklich wichtig ist, Gruppen von Führungskräften tatsächlich in Teams zu formieren. Ein solches Vorgehen hat viele Vorteile: von der Verbesserung der individuell empfundenen psychologischen Sicherheit bis hin zu der Erkenntnis, dass die jeweils direkten Kollegen eine wertvolle Ressource darstellen, die es zu nutzen gilt. Ich bin ein großer Fan von Peer-Coaching-Settings.

Im Rahmen dieser Teamfindung spielt die gemeinsame Definition der jeweiligen gemeinsamen Führungskultur eine große Rolle. In Organisation, die absolut zurecht großen Wert auf (kognitive) Diversität legen, ist es besonders wichtig, neben der gegenseitigen Wertschätzung der Unterschiedlichkeit auch etwas Gemeinsames zu finden, etwas, das die unterschiedlichsten Charaktere eint und verbindet. -Eine gemeinsame Kultur! Und natürlich haben diejenigen, die in der Hierarchie weiter oben stehen, hierbei einen besonders großen Einfluss, da sie immer auch zum Vorbild genommen werden.

In Hinblick auf die dunkle Triade stelle ich mir vor, dass da Führungskräfte sind, die die jeweilige Führungskultur klar und transparent, für jeden eindeutig, verständlich darlegt und vorlebt. Hierbei ist das Gegenstück zur dunklen Triade die sogenannte helle Triade, eine Kombination aus Humanismus (das heißt Wertschätzung der Würde und des Wertes eines jeden Menschen), Kantianismus (abgeleitet von Kants Kategorischen Imperativ “Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.”) und dem Glauben an die Menschlichkeit (das heißt, die Haltung, dass alle Menschen in Grunde gut sind).

Die Maxime sollte also heißen “Narzissmus raus! Humanismus rein!”. Einerseits hört sich das einfach an, andererseits fragt sich jedoch der ein oder andere wie das gehen soll! Und genau dafür braucht es eine klar definierte Kultur: Wie wollen wir sein und wie soll sich das in unserem täglichen Tun widerspiegeln? Genau das sollten sich Gruppen aus Führungskräften gemeinsam Fragen und gemeinsam beantworten. Ich persönlich glaube, dass dieses Vorgehen ein noch viel machtvolleres Tool als das individuelle Coaching sein kann. Man muss es jedoch nutzen! In den nächsten Monaten habe ich das große Glück, diese Diskussion in gleich mehreren Gruppen Führender anstoßen zu dürfen und ich freue mich ungemein darauf. Die Studie der beiden zauberhaften Wissenschaftlerinnen bestärkt mich in meinem Ansatz. Natürlich wird es um viel mehr gehen, als um die helle Triade, jedoch habe ich mir fest vorgenommen, auch diesem Bereich Raum einzuräumen. - Ich werde sicher berichten und das Thema erneut aufgreifen. Also einfach jeden zweiten Sonntag weiterlesen!

Eure Constance

Denn nicht jeder ist Wonder Woman

Gute Führung braucht ein Team!

Ein Land im Regenbogenfieber...

Weil es nicht nur um Respekt und Akzeptanz geht

Mein Gott, was war denn da los? Pünktlich zum Spiel Deutschland gegen Ungarn hat Deutschland sich in ein kunterbuntes Regenbogenkleidchen gehüllt. Gefühlt war wirklich ganz Deutschland im absoluten Regenbogenfieber. Auf die ein oder andere graue Ausnahme komme ich später noch zu sprechen! Natürlich konnte auch ich mich dem nicht entziehen. Wer mir auf den sozialen Medien folgt, hat das bestimmt mitbekommen. Ich muss gestehen, es hat mich wirklich stolz gemacht, zu sehen, wie viele Menschen einfach so mitgemacht haben und es hat mich stolz gemacht, dass es mein Land war, dass die Diskussion über dieses ganz und gar unrühmliche Gesetz der ungarischen Regierung derart angefeuert hat! Danke München! Und vielleicht auch Danke UEFA! Hättest du die Beleuchtung nicht verboten, hätten viele Menschen in Europa sicher nicht mitbekommen, was in Ungarn vor sich geht! Plötzlich scheint sich die Diskussion von Gleichstellung, Gleichberechtigung und eben auch die Akzeptanz des Anderen in ganz neue Höhen zu schwingen.

Es geht um so viel mehr, als sexuelle Orientierung

In meinem Fall ist es wohl so, dass ich mal abgesehen davon, dass ich irgendwie zu groß und zu laut bin, wahrscheinlich dem entspreche, was auch in Ungarn diese vermeintliche Norm ist. OK, ich habe mich bewusst gegen eigene Kinder entschieden. Vielleicht passt das nicht wirklich in das Bild der heilen Familie. Wie dem auch sei, ich kann mir nicht vorstellen, wie es ist, festzustellen, anders zu sein, als es diese sonderbare, gesellschaftliche Norm festlegt. Ich kann mir nicht vorstellen, was es im Kern bedeutet, sich zu verstellen, sich anzupassen, weil man die Sorge hat, Familie oder Freunde könnten sich von einem abwenden, sobald man, man selbst ist. Ich musste meine Liebe niemals verstecken, weder aus Angst vor dummen Kommentaren, noch vor verletzenden Blicken, oder vielleicht sogar rechtlichen Konsequenzen. Wenn ich mit dem Menschen, den ich liebe, durch die Straßen gehe, halten wir uns natürlich an den Händen, wir umarmen uns, küssen uns, weil wir glücklich sind und das darf die ganze Welt wissen. Es gibt Menschen, die nichts anderes tun, dafür aber beleidigt, angespuckt, verprügelt werden! Weil sie lieben?! Ganz ehrlich, was ist das für eine absurde Welt! Wir Leben im 21. Jahrhundert, sind digitalisiert bis unter die Zähne und sexuell so aufgeklärt, dass es mir manchmal fast weh tut und in Mitten dieses ach so aufgeklärten Zeitalters versucht eine europäische, demokratische Regierung gleichgeschlechtliche Liebe aus dem kollektiven Bewusstsein zu streichen? - Schlimmer noch, sie stellt Homosexualität gefühlt in eine Ecke mit Pädophilie! Wie verletzend das für alle schwulen Männer sein muss, hat mir ein lieber und langjähriger Freund bestätigt. Was machen diese Diskussionen mit Menschen? Ich würde anfangen mich zu verstellen und meine Persönlichkeit zu verstecken. Beides würde sehr viel Energie fressen, mich in meiner Entfaltung hemmen und der Welt die Möglichkeit nehmen, mich ganzheitlich in all meinen Farben, mit all meinen Fähigkeiten zu erleben! Traurige Vorstellung, findet ihr nicht auch?

Es geht um Potenzial und um Entwicklung

Als Human Factors Consultant habe ich, wenn es um Potenzial, um das Humanvermögen einer Organisation geht (nennt sie Team, Unternehmen, Land, oder Welt), noch mal eine ganz eigene Perspektive, auf das, was in Hinblick auf Diversity und Akzeptanz von Unterschiedlichkeit passiert. Im Job ist es mein Ziel, High Performance Teams und High Performance Organisationen “zu produzieren”. Über meine Wege und Hebel zur Erreichung dieses heeren Zieles berichte ich ja allwöchentlich. Was ich vielleicht noch nicht so deutlich gemacht habe, ist die “menschliche Basis” von High Performance! Diese Basis ist nämlich im besten Fall ausgesprochen heterogen, um nicht zu sagen divers! Warum? Weil es in einer komplexen Welt einfach ganz viele unterschiedliche Perspektiven braucht, um zu einer bestmöglichen Lösung zu kommen. Natürlich resultieren diese unterschiedlichen Perspektiven auch aus unterschiedlichen Persönlichkeiten. Diversity bedeute nicht nur unterschiedliche sexuelle Ausrichtungen, oder diese überstrapazierten Diskussionen über Frauen in Führungsetagen zu führen, sondern auch aus einer Kombination aus unterschiedlichen kulturellen Einflüssen, unterschiedlichen generationsbedingten Einflüssen und Wertesystemen, unterschiedlichen Vorlieben und unterschiedlichen Meinungen ganz neue Ideen zu gewinnen. Je bunter und breiter gefächert das Bild, je diverser das Team, desto größer die Wahrscheinlichkeit, High Performance zu erzeugen.

Das einzige, was uns in so perfekten Kombinationen unterschiedlicher Menschen davon abhält, zu einem echten High Performance Team zu werden, ist diese offensichtlich sehr tief sitzende Angst vor allem, was anders ist. Diese Angst ist wissenschaftlich verbrieft und kommt noch aus den Zeiten, in denen wir in Höhlen zu hausen pflegten. Da waren “die anderen” natürlich immer eine veritable Bedrohung für Leib, Leben und Hausstand! Allerdings ist festzustellen, dass diese Zeiten vorbei sind! -Wie gesagt, digitalisiert bis unter die Zähne! Das passt nicht zu steinzeitähnlichem Verhalten, nicht in Ungarn und auch nicht hier in Deutschland! -Ja, die Regenbogenflut war gewaltig, aber auch die intoleranten Gegenstimmen haben sich für meinen Geschmack noch zu deutlich Luft gemacht. Ganz ehrlich, die sexuelle Orientierung meines Nachbars, das Geschlecht meinX ChefX, die Hautfarbe des Eisverkäufers, oder die Haarfarbe der von oben bis unten tätowierten Kindergärtnerin der Nachbarskinder hat keinerlei Einfluss auf mein Leben! Soll doch jeder sein wie er will! Denn nur wenn Menschen nicht mehr all ihre Energie darauf verschwenden müssen, sich an irgendein Schema “F “anzupassen, können sie diese Energie nutzen, um tatsächlich Höchstleistungen zu erbringen!

Und am Ende geht es ums Glücklich Sein

Jetzt stelle ich mir vor, was diese Gesellschaft für eine High Performance Gesellschaft sein könnten, wenn jeder einfach sein dürfte, wie er wirklich ist, wenn keine Energie mehr darauf verschwendet werden müsste, um einem bestimmten Schema zu entsprechen. Ein bisschen träumen muss in diesem Zusammenhang ja erlaubt sein! Wobei, wenn ich mir die gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit anschaue, sollten wir tunlichst daran arbeiten, diesen Traum in die Realität umzusetzen. Wir haben mehr als genug Probleme, die es anzugehen gilt und ein klein wenig High Performance kann dabei nicht schaden. Zauberhafter Nebeneffekt dieser radikalen Toleranz, Akzeptanz und persönlichen Freiheit wäre, dass es viel mehr glückliche Menschen gebe. In Anbetracht der Tatsache, dass die Zeit, die uns zum glücklich sein, geschenkt wird, am Ende des Tages doch ausgesprochen begrenzt ist, wäre das vielleicht das größte Geschenk!

Danke München

Und zum Abschluss: wie war eigentlich euer Fußballabend? Das Spiel war ja ehr so “geht so”! Während ich mich durch dieses Spiel gezittert habe, habe ich mich tatsächlich immer wieder bei dem Gedanken ertappt, was denn wäre, wenn München die bunten Lichter trotz Verbots irgendwann anschalten würde! Würde die Regie in einen Schwarz-Weiß-Modus umschalten? Würde die Welt untergehen? Ungarn aus der EU austreten? Der rechtsradikale Fanblock aus diesem schönen Land am Balaton wutschnaubend das Spielfeld stürmen? Oder würde einfach nichts passieren und die LGBTQ Community in Ungarn für einen kurzen Moment das Gefühl haben, nicht alleine zu sein? -Nicht “falsch” zu sein? Vielleicht wäre es das i-Tüpfelchen gewesen und ich war am Ende fast ein bisschen enttäuscht, dass München sich nicht in zivilen Ungehorsam geübt hat. Ich verstehe aber auch, dass es nicht passiert ist! Was bleibt ist das fette Dankeschön an die Stadt München. Danke für diese Diskussion! Ich hoffe sehr, dass sie länger anhält, als, die Regenbogen in den Sozialen Medien!

Eure Constance

Mehr Farbe braucht die Welt…

Mehr Farbe braucht die Welt…

Führung und Vorbild - weil die Axt im Walde nur abholzen kann...

Vorbild - kurze Begriffsklärung

Was ist ein Vorbild? Wikipedia sagt dazu folgendes: “Vorbild ist eine Person oder Sache, die als richtungsweisendes und idealisiertes Muster oder Beispiel angesehen wird. Im engeren Sinne ist ein Vorbild eine Person, mit der ein -meist junger- Mensch sich identifiziert und dessen Verhaltensmuster er nachahmt oder nachzuahmen versucht.” So weit so gut. In wie fern Führungskräfte immer auch Vorbilder sind (ob sie wollen oder nicht) und dadurch das Verhalten ihrer Teams direkt beeinflussen, schauen wir uns im Folgenden an.

Von Siegmund Freud und Teenies außer Rand und Band

Sicher fallen euch einige Vorbilder ein, denen ihr im Laufe eures Lebens nachgeeifert habt. Das ist ganz normal. Der Mensch ist so gestrickt, dass er sich Vorbilder sucht. Sigmund Freud sah diese Identifizierung mit einem Vorbild als normalen psychodynamischen Prozess, dessen Ziel es sei, das eigene Ich dem zum Vorbild genommenen Ich anzugleichen. In der frühen Kindheit dienen vor allem Eltern oder andere primäre Bezugspersonen als Vorbilder, die komplett unreflektiert nachgeahmt werden. Später kommen Stars und Sternchen, Freunde, die coolsten Jungs oder Mädels der Schule oder andere Alpha-Tierchen dazu. Die meisten scheinen auch weiterhin komplett unreflektiert und unkritisch nachgeahmt zu werden. So verbringt man seine Pubertät und Jugend auf der stetigen Suche nach sich selbst, indem man versucht so zu sein wie ein anderer. Aber sei’s drum, wir kennen das sicher alle. Schön wäre, wenn man im Erwachsenenalter sagen könnte, man habe diesen Mechanismus hinter sich gelassen. Natürlich wird man dadurch, dass man im Laufe des Heranwachsens die individuelle kritische Urteilsfähigkeit schult, bei der Auswahl seiner Vorbilder kritischer. Mit der Zeit spielen bei der Auswahl unserer Vorbilder wahrgenommene Ähnlichkeiten in Hinblick auf die individuelle Einstellung oder auf Ziele und die wahrgenommenen Überzeugungen und vor allem auch Erfolge eine immer wichtigere Rolle. Und für Erfolg sind viele Menschen bereit, sich zu verbiegen, so wie die Teenager, die sein wollen, wie ihr liebster Influencer, völlig unreflektiert und unkritisch! Hier kommen die Führungskräfte ins Spiel. Der US-amerikanische Soziologe Robert K. Merton, der seinerzeit den Begriff des Role Models, bzw. des Lernens durch Role Modeling geprägt hat, stellte fest, dass besonders Role Models, oder Vorbilder mit hohem Ansehen und besonderem Erfolg ausgesprochen attraktive Vorbilder sind. Macht ja auch Sinn! Das sind die Alpha-Tiere, denen wir nacheifern, weil wir alle, jeweils in unserem individuellen Bereich, erfolgreich sein möchten. Das passiert nicht nur auf einer bewussten, sondern sehr häufig auch auf einer unbewussten Ebene. Wir beobachten also die Alpha-Tierchen in unserer Umgebung und armen deren Verhalten nach, weil es eben dieses Verhalten ist, was offenbar erfolgreich macht.

Die Führungskraft, das heimliche Vorbild

Liebe Führungskräfte - und damit meine ich euch alle, auch die, die sich selbst für kleine Lichter halten - was denkt ihr gerade? Und was könnt ihr aus dem Wissen, dass ihr alle Vorbilder seid, machen? Ich kann euch sagen, was ich daraus gemacht habe, als ich eine ganz kleine unbedeutende Führungskraft wurde: weil ich mir der Tatsache bewusst war, dass ich jetzt Vorbild sein würde, ob ich das nun will oder nicht, habe ich mich dazu entschieden, dies zu nutzen, um mein Team so zu formen, wie ich es für gut und richtig gehalten habe. Ich habe mir ein Team gewünscht, dass sich untereinander und auch mir vertraut, also habe ich zuerst meinen Kollegen vertraut. Laut Sigmund Freud und Robert K. Merton sollten alle anfangen, mich nachzuahmen. Ich wollte ein Team, dass fleißig und hart arbeitet, also war ich selbst fleißig. Ich brauchte Kollegen, die den Mut haben, Fehler oder Wissenslücken zuzugeben, deshalb habe ich damit angefangen. Ich habe mir eine Atmosphäre gewünscht, die von Fröhlichkeit, Nähe und Wärme geprägt war, deshalb habe ich mich nicht unnahbar über mein Team gestellt, sondern neben meine Kollegen. Hatte ich trotzdem die nötige Autorität und das nötige Standing? Ich denke schon! Ja, und dann gab es noch die unschönen Aufgaben, die gerne ignoriert wurden, aber trotzdem gemacht werden mussten. Ich habe sie erledigt und in Folge wurde ich natürlich nachgeahmt.

Selbstverständlich kann man jede Vorbildfunktion als Belastung empfinden. In Hinblick auf Führung kann man seine Vorbildfunktion jedoch auch wirklich gut nutzen. Ich persönlich empfand es immer als deutlich einfacher, Dinge kurz vorzuleben, als mein Team gebetsmühlenartig zu diesem und jenen zu gängeln. Klar darf und soll man als Führungskraft auch klare Ansagen machen, man sollte das jedoch nicht überstrapazieren (zumal wir es ja mit erwachsenen, mündigen Menschen zu tun haben), sonst nutzt sich dieser Effekt auch ganz schnell ab! - Wie damals, zuhause, bei Mutti!

Wie man über Vorbildfunktion Unternehmenskultur schafft

Wenn wir die Karriereleiter jetzt weiter nach oben klettern, sagen wir mal auf A oder B Ebene, werden wir automatisch zu einem noch attraktiveren Vorbild für noch viel mehr Kollegen. Unser Verhalten wird also von noch mehr Kollegen als nachahmenswert empfunden, hat es uns doch dahin gebracht, wo so viel gerne noch hinmöchten. Spätestens an dieser Stelle sollte ich mir der Tatsache bewusst sein, dass ich, wenn ich möchte, dass in meinem Unternehmen etwas geschaffen wird, etwas kreativ erarbeitet wird und durch kollegiales und effektives Teamwork Erfolge geschaffen werden, mich keinesfalls aufführen sollte wie die sprichwörtliche Axt im Walde, denn diese kann nur abholzen und zerstören. Ich verspreche euch, liebe Führungskräfte, eure Leute werden es euch gleichtun und sich nach unten hin ebenso verhalten, wie ihr das tut. Das führt zu einer absolut destruktiven Unternehmenskultur, wie sie damals die extrem erfolgreiche Mobilfunksparte von Nokia fast in den Ruin getrieben hätte. Wer wissen möchte, was genau passiert ist, findet hier den Link zum entsprechenden Blog: Human Factors Tod eines Weltmarktführers! Man kann den Karren als Führungskraft eben auch blind in den Graben fahren, weil sich eine Unternehmenskultur an mein Verhalten anpasst und ich total unreflektiert erstmal nicht mitbekomme, was ich anrichte. Fakt ist, bin ich an der Spitze angekommen, wird kein anderer mehr mein Verhalten korrigieren. Ich habe die Macht, zu sein, wie ich will. Allerdings halte ich es für ausgesprochen sinnvoll, sich über die möglichen Konsequenzen bewusst zu sein. Auch als Top-Führungskraft bin ich keineswegs außen vor und komplett über den Dingen schwebend. Ich bin immer auch Teil eines fragilen Systems, das sich Unternehmenskultur nennt. -Ein ausgesprochen großer, wichtiger, einflussreicher Teil!

Über Kant, Servant Leader und Influencer

Wie sollte Führung also sein? Eigentlich ganz einfach und sicher auch nichts bahnbrechend Neues. Der visionäre und große Denker Immanuel Kant hat das in seinem Kategorischen Imperativ ganz formidabel zusammengefasst: “Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zu gleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.” Will ich also eine Unternehmenskultur, in der Menschen sich sicher und unterstützt fühlen und dadurch schließlich ihr volles Potenzial entfalten können, dann fange ich als Führungskraft damit an, zu unterstützen. Ich werde zum Servant Leader, denn mein Verhalten als Führungskraft wird zum “allgemeinen Gesetz” der Unternehmenskultur, ganz egal, was im Code of Conduct steht.

Die Gründerin des Instituts für Führungskultur im digitalen Zeitalter Barbara Liebermeister geht in ihrem Ansatz des Führens ohne Macht noch einen Schritt weiter: sie beschreibt den Influencer Leadership. - Ein Ansatz, den ich persönlich sehr gerne mag, geht es doch einerseits darum, sich bewusst zu sein, dass man unter Beobachtung steht und seine Follower einem nacheifern und andererseits kann ich genau das proaktiv nutzen, um eine konstruktive, kreative und erfolgreiche Unternehmenskultur zu gestalten. Genauso, wie eben die klassischen Influencer Einfluss nehmen: auf Menschen, auf Kultur und darauf was gerade angesagt ist.

Und am Ende sind wir alle Vorbilder…

Das wirklich schöne an diesem menschlichen Bedürfnis, sich bewusst oder unbewusst Vorbilder zu suchen, ist dass wir letzten Endes alle für irgendjemanden ein Vorbild sein können. Vielleicht bin ich keine Führungskraft, aber sein zwanzig Jahren im Job und die junge, neue Kollegin schaut zu mir auf und ahmt mich nach, weil sie alles richtig machen möchte. Dessen sollten wir uns bewusst sein. Natürlich ist der Einfluss der Managementebene besonders groß, aber auch das vermeintlich kleinste Licht kann durch sein (Vorbild-) Verhalten Einfluss nehmen. Und wollen heutzutage nicht alle irgendwie Influencer sein?

Sitzen und denken, denken und sitzen - einen schönen dritten Advent

Vielleicht überlegt der ein oder andere von euch jetzt gerade darüber nach, wer seine Vorbilder sind, oder für wen sie selbst Vorbild sein könnten. Gut so! Ich wünsche euch auf jeden Fall einen wunderschönen und friedlich dritten Advent. Ich weiß nicht, was ihr so vorhabt. Wahrscheinlich habt ihr genau so viel Zeit, zum Nachdenken, wie ich. Die großen Adventspartys werden ja eher nicht stattfinden. Vielleicht ist es aber auch gar nicht schlecht, diesen Dornröschenschlaf unserer Corona-Welt zu nutzen um Kräfte zu sammeln und sich selbst zu reflektieren. Ich werde mir sicher die Frage stellen, wo ich geradestehe und wo es jetzt hin gehen soll, werde ich doch am Montag meinen letzten offiziellen Arbeitstag mit meinen lieben Kollegen bei der guten alten Condor haben. Ganz ehrlich, es fühlt sich alles noch ein wenig unwirklich an, auch wenn mein gigantisches Abschiedsgeschenk seit heute mitten im Wohnzimmer steht und ich mich darauf freue, meine neuen Kollegen schon in dieser Woche im Rahmen einer virtuellen Weihnachtsfeier kennenlernen zu dürfen. Es braucht eben Zeit, bis Veränderung im Kopf und im Herzen ankommen und die gebe ich mir gerne. Ich kann euch nur empfehle, ebenso großzügig mit euch selbst zu sein. Der Mensch ist wie er ist und er ist das, was die einen als träge bezeichnen und die anderen vorsichtig nennen. Und es war sicher auch diese Vorsicht, die uns zu einem Erfolgsmodell der Evolution gemacht hat.

Eure Constance

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Wer bin ich?

Und welche Art Vorbild möchte ich sein?