Hierarchie

Warum Flugzeuge abstürzen... - Wie Kultur Unternehmensziele unterstützen kann

Die Unfallserie der Korean Airline - Pech? - Mangelhafte Ausbildung? - Veraltete Flugzeuge? - Oder doch etwas ganz anderes?

In den achtziger und neunziger Jahren galt die Korean Air als die Airline weltweit mit den schlechtesten Safety Records, oder etwas reißerisch ausgedrückt als die gefährlichste Airline der Welt. Diese Feststellung speiste sich aus der Tatsache, dass es die Fluggesellschaft seit ihrer Gründung 1962 unter ihren verschiedenen Namen auf sage und schreibe 17 Totalverluste von Flugzeugen gebracht hat. Bei zehn dieser Unfälle kamen insgesamt über 700 Menschen ums Leben. Unter den verlorenen Fliegern waren auch einige Frachtflugzeuge ohne Passagiere und bei einigen der Unglücke konnten es die Passagiere lebend aus den verunglückten Maschinen schaffen. Selbstverständlich wurde akribisch recherchiert welche Ursachen es für die unterschiedlichen Unfälle gab. Hierbei ist eine Art Ursachenhäufung in den Achtzigern und Neunzigern von besonderem Interesse für mich, sowohl in meiner Rolle als Human Factors Trainer in der Luftfahrt, als auch in meiner Rolle als Business Coach und Consultant.

Als sich die Ermittler auf die Suche nach der Ursache für diese Unfälle machten, standen sie immer wieder vor einem Rätsel. Die Piloten waren alle samt gut ausgebildet, erfahren und erfreuten sich bester Gesundheit und auch die Flugzeugtechnik wies keine Mängel auf, die einen Totalverlust rechtfertigten. So suchten die Ermittler weiter und wurden schließlich beim Abhören der Cockpit Voice Records, also der aufgezeichneten Kommunikation im Cockpit, fündig. Was auffiel, war, dass es in der Kommunikation zwischen den Piloten ein interessantes Muster gab.

Denn Kommunikation ist immer Teil des Problems

Bei Analyse der Kommunikation im Cockpit fiel auf, dass die Ersten Offiziere (oder Co-Piloten) ihre Kapitäne niemals direkt und klar ansprachen, selbst wenn sie sehen konnten, dass die Kapitäne glasklare Fehler machten. Vielmehr wählten sie eine Art “Mitigated Speech” (abgeschwächte Sprache), um das Thema zu platzieren. - Wahrscheinlich damit sie den Vorgesetzten nicht verärgerten oder gar bloßstellten. Anstatt augenscheinliche Probleme wie zum Beispiel eine vereiste Tragfläche direkt anzusprechen, wählten die Ersten Offiziere verklausulierte Aussagen oder Andeutungen wie: “Es könnte vielleicht ein Problem mit den Tragflächen geben. Unter Umständen wäre es eine gute Idee sich das einmal anzuschauen und zu prüfen.”

Insbesondere Menschen mit einem hohen Grad an Empathie und Nähebedürfniss neigen dazu in einen “Mitigated Speech” fallen, was sich ganz wunderbar auf die Beziehungseben auswirken kann. Im beruflichen Kontext, wo es häufig um faktenbasierte Entscheidungsfindungen geht, ist diese Form der Rhetorik jedoch selten hilfreich. In diesem Kontext ist zu beobachten, dass diese beziehungsorientierte Form des Sprechens deutlich häufiger in Organisationen mit besonders steiler Hierarchie auftritt.

Zurück in das Cockpit der Korean Air: Der Erste Offizier schlägt also ganz unverbindlich vor doch mal vielleicht unter Umständen und ganz ohne Druck darüber nachzudenken, sich die Tragflächen anzuschauen und der Kapitän sagt nein, mache er nicht, weil er es nicht für notwendig erachte…

Die Unfähigkeit zu sprechen

Jeder Pilot, eigentlich überhaupt jeder, weiß, dass Eis auf den Tragflächen lebensgefährlich ist, weil es sich ausgesprochen ungünstig auf die Aerodynamik eines Flugzeuges auswirkt. Deshalb könnten man meinen, dass der Erste Offizier in unserem Fall etwas vehementer werden müsste, da er sich ja ebenfalls in der Maschine befindet und wir unterstellen, dass er seines Lebens nicht überdrüssig ist. In unserem Beispiel sagt er einfach nichts und verliert sein Leben.

Einen vergleichbaren Vorfall hat es bei der Korean Air Cargo tatsächlich gegeben, in dem der Erste Offizier den Fehler des Kapitäns deutlich gesehen hat, ihm klar war wie man den Flieger hätte vor einem Unfall bewahren können und trotzdem stirbt er lieber, als den Kapitän zu korrigieren.

Um diese Reaktion nachvollziehen zu können ist es wichtig zu verstehen, dass das kulturelle Miteinander im Cockpit der Korean Air Flugzeuge ein Abbild der koreanischen Kultur war, in der Hierarchie und Machtpositionen eine elementare Rolle spielten und zum Teil auch bis heute noch spielen. Der Respekt vor hierarchisch höhergestellten Menschen oder Autoritäten war und ist ausgesprochen groß. Auf die Zusammenarbeit im Cockpit hatte das die Auswirkung, dass Erste Offiziere nicht wie in der Branche üblich Redundanzen und Partner auf Augenhöhe darstellten, sondern reine Befehlsempfänger waren. Der Kapitän hatte die uneingeschränkte Hoheit und das absolute Kommando. Man weiß von Berichten darüber, dass es zu dieser Zeit nicht unüblich war, dass Kapitäne ihre Ersten Offiziere sogar körperlich attackierten, wenn diese einen Fehler machten.

Die Theorie der kulturellen Dimensionen

Es gibt viele Theorien und Ansätze, die das Phänomen Kultur erklären und erläutern. Ein Modell, das ich im Kontext meines heutigen Themas besonders interessant finde, ist das Modell der Kulturdimensionen nach Geert Hofstede. Im Rahmen dieses Modells geht es darum insbesondere kulturelle Unterschiedlichkeit messbar zu machen. In diesem Zusammenhang führt Hofstede sechs Ebenen an, an Hand derer er diese Unterschiedlichkeit messbar oder greifbar machen kann: Genuss und Beschränkung, Kurzzeit- und Langzeitorientierung. Unsicherheitsvermeidung, Maskulinität und Femininität , Kollektivismus und Individualismus und schließlich die Ebene, die in der Betrachtung unserer Piloten besonders interessant ist: die Ebene der Machtdistanz. Hierfür hat Hofstede den sogenannten Power Distanz Index (PDI) oder Machtdistanzindex entwickelt, der wiedergibt, mit welcher Wahrscheinlichkeit Menschen in einem bestimmten Land gegen Autoritäten aufbegehren. In Ländern mit niedrigem PDI fühlen sich Menschen sicher(er) Machthaber in Frage zu stellen. In Ländern mit hohem PDI wird das aufbegehren gegen Autoritäten (egal ob im beruflichen oder privaten Kontext) schwerer und schwerer bis hin zu unmöglich.

Einen besonders niedrigen PDI findet man laut Hofstede in den USA, den skandinavischen Ländern und in Deutschland. Südkorea hingegen hatte in den 1980er Jahren den zweithöchsten PDI der Welt. Die ersten Offiziere in der Reihen von Unfällen der Korean Air waren durch kulturelle Umstände und Regeln wie gelähmt. Sie konnten schlicht und ergreifend nicht aufbegehren.

Herkunftskultur vs. Unternehmenskultur

Nachdem die Gutachten der Unfallermittler veröffentlicht waren mussten sich die Verantwortlichen bei Korean Air natürlich die Frage stellen, wie sie mit diesen faktischen Aussagen als Unternehmen umgehen möchten. Zunächst wurde Englisch als verbindliche Sprache im Cockpit eingeführt, da Englisch deutlich weniger hierarchisch ist, als Koreanisch. Außerdem wurden und werden immer wieder Piloten aus anderen Ländern eingestellt um die herkunftskulturelle Prägung der Pilotenschaft bei Korean Air aufzubrechen. So hat sich Korean Air bewusst eine Unternehmenskultur geschaffen, die von der originären Kultur in Südkorea abweicht. Dieser eingeschlagene Weg der Fluggesellschaft scheint von Erfolg gekrönt zu sein. Seit 1999 gab es bei Korean Air keinen ähnlich gelagerten nennenswerten Zwischenfall mehr.

Betrachte ich mir diese Zusammenhänge in meiner Rolle als Business Coach und Consultant wird es mir noch einmal bewusst, wie wichtig es für Organisationen oder Unternehmen ist, sich die Kulturfrage zu stellen und die eigene Kultur bewusst zu gestalten. Die Frage danach, wofür ich als Organisation meine Kultur nutzen möchte, oder was das Ziel meiner ganz individuellen Unternehmenskultur ist, sollte hierbei im Fokus stehen. Ist das Ziel klar lässt sich schließlich definieren mit welchen Maßnahmen man auf dieses Ziel hinarbeiten kann. Korean Air ist für mich ein ganz wunderbar greifbares Beispiel aus der Luftfahrt, um zu belegen, dass bewusst gesteuerter unternehmenskultureller Wandel möglich ist. Schaue ich auf die Welt jenseits der Flugzeuge fällt mir direkt Nokia ein. Auch hier musste Unternehmenskultur bewusst und gesteuert verändert werden, um eine wirtschaftliche Schieflage zu korrigieren.

In meiner Rolle als Mitarbeiterin stellt sich für mich natürlich auch die zusätzliche Frage, welchen Machtdistanzindex ich in meinem Unternehmen und selbstverständlich auch in meinem Team vermuten würde und ob das so für mich passt, oder ob ich ihn verändern würde, wenn ich dazu in der Lage wäre. Vielleicht geht es euch ja ähnlich. Also fühlt euch eingeladen, darüber bei einer Tasse Kaffee am Sonntagmorgen nachzudenken, wenn ihr möchtet! - Und lasst mir gerne ein Feedback zu euren Erkenntnissen da.

Eure Constance

Hoch hinaus

Es geht nur mit der passenden gemeinsamen Basis, mit den oft ungeschriebenen Regeln des Miteinanders, das wir als Kultur bezeichnen. Sie macht uns als als Gemeinschaft entweder unendlich stark oder sehr verwundbar.

Über die heilige Ordnung der Männer! - Und das Blut in den Schuhen der Frauen...

Rucke di gu, rucke di gu, Blut ist im Schuh…

Mein Instagram-Netzwerk hat bereits mitbekommen, dass ich mich zum Jahreswechsel mit Gerhard Schwarz’ Buch “Die heilige Ordnung der Männer” beschäftigt habe. - Eine absolute Leseempfehlung! Auf gut 300 Seiten beschreibt Schwarz wie sich evolutionshistorisch betrachtet Gruppen, Stämme und Gruppendynamiken entwickelt haben, die ihrerseits Hierarchien, Gesellschaftsordnungen, Organisationsstrukturen hervorgebracht haben. Es ist unmöglich, diese Flut an Informationen in nur einen einzigen Artikel zu pressen. Jedoch möchte ich mich heute mit einem kleinen Teil beschäftigen: Gemeinsam mit Euch möchte ich etwas tiefer in das Thema Hierarchie und Geschlechterproblematik einsteigen, da dies nicht nur auf Organisationsebene das Kernthema rund um unsere gegenwärtige Genderlogik zu sein scheint.

So beschreibt Schwarz, dass Hierarchie an sich eine Ordnung sei, die stärker von Männern als von Frauen getragen wird. Klassische, historische Hierarchieordnungen wie zum Beispiel Kirche oder Militär schließen oder schlossen Frauen sogar explizit aus. So wurde also die Hälfte der Menschheit beim Bau der allgemein gültigen Ordnungsprinzipien außen vorgelassen. Hierarchie wurde als Ordnungsprinzip unserer Gesellschaft zu einer Art Maßanzug für Männer, der perfekt sitzend nach ihrem Schnitt gefertigt wurde. Bei uns Frauen und der Hierarchie verhält es sich ähnlich wie mit Aschenputtels Schuh im Märchen: Der Fuß muss passend gemacht werden, ein Stück Ferse muss ab, damit der Schuh passt. So sei laut Schwarz der grundlegendste Unterschied zwischen Männern und Frauen in den Hierarchien unserer Wirtschaftsunternehmen, dass sich die Idee der Hierarchie den Männern angepasst hat und die Frauen sich der Hierarchie als Ordnungsprinzip anpassen müssen. Recht ungleiche Voraussetzungen für Erfolg, wenn Ihr mich fragt!

Jagende Männer und mütterliche Versorgungsgemeinschaften…

Was ist der Ursprung dieses Dilemmas? Reisen wir zurück in die Zeit, in denen Menschen in Höhlen lebten (wobei, eigentlich reicht es schon in Zeiten vor Alice Schwarzer zurückzukehren!). Es waren Männer, die sich zu straff organisierten (hierarchischen) Jagdgruppen zusammengefunden haben, den Vorläufern unserer Unternehmen. Die Frauen fanden sich in mütterlichen Versorgungsgemeinschaften (mit den eigenen Müttern, Schwiegermüttern, ggf. noch Schwestern) zusammen, die sich um Haus, Hof und den Nachwuchs kümmerten. Diese natürliche, aber auch sehr stringente Geschlechtertrennung brachte selbstverständlich auch unterschiedliches Rollenverhalten hervor. Männer netzwerkten im großen Stil um schlagfertige Jagdgruppen zu formieren und Frauen lebten in einem eher kleinen Mikrokosmos und kümmerten sich um sich selbst und die engste Familie. Während die Jagd strategisches Vorgehen erforderte, bedeutete kümmern häufig, sich flexibel an eine neue Situation anzupassen. So weit so einleuchtend! Die aus diesen unterschiedlichen Alltagsrealitäten resultierenden Rollen wurden über die Jahrtausende zu einem immer festeren Korsett. So wurde und wird ein nicht geschlechterspezifisches Handeln von Frauen bis heute in den unterschiedlichsten Formen bestraft. Insgesamt dauerte es ohnehin recht lange, bis man uns Frauen eine größere Rollenflexibilität zugestanden hat, bzw. bis wir Frauen begonnen haben, uns aus unserer untergeordneten Rolle zu befreien. Es gibt Länder und Kulturen, in denen das bis heute nicht möglich ist. Schauen wir nach Afghanistan, werden Frauen und Mädchen wieder zunehmend in den Mikrokosmos der mütterlichen Versorgungsgemeinschaften zurückgedrängt. Im Iran hingegen kämpfen Frauen todesmutig für mehr Freiheit, bzw. eine größere Rollenflexibilität wie Schwarz es nennt.

Von den Trümmerfrauen zurück zu den Hausmütterchen

Dass Frauen keineswegs nur auf die ihnen zugestandene Rolle beschränkt sind, hat die Geschichte immer und immer wieder bewiesen. Als der Opa meines Mannes im Krieg war, war es seine Oma, liebevoll Oma-Häuschen genannt, die einen großen Bauernhof mit Land und Leuten alleine führte, Entscheidungen traf und nebenbei auch noch ihre Mutterrolle ausfüllte. Kaum war der Krieg zu Ende waren es die legendären Trümmerfrauen, die damit begonnen haben, das Land wieder aufzubauen. Bemerkenswert ist jedoch, dass diese großartigen, starken Frauen ihre Positionen bereitwillig aufgaben, sobald die Männer wieder zurück waren… Es dauerte noch eine Weile, bis sich Frauen hier in Deutschland unter dem Protest und der Häme der Männer politisch engagierten, oder eine Karriere anstrebten. Verrückt eigentlich. Ein ganz schöner Kampf. Aber immerhin ist es inzwischen “normal”, dass auch Frau arbeitet. Auf den Führungsetagen sind sie jedoch nach wie vor ausgesprochen rar, trotz Frauenquoten, Förderprogrammen, etc. Warum eigentlich? Liegt es am Maßanzug “Hierarchie”, der Brüste und Taille nicht abbildet? Oder sind Frauen vielleicht nicht klug oder nicht fleißig genug?

Können Frauen Karriere machen?

Eine Frage die in Anbetracht der gesellschaftlichen Realität und des evolutionshistorischen Rollenverständnisses durchaus erlaubt sein darf. Lange Zeit stand das schlechtere Bildungsniveau von Mädchen und Frauen der Karriere im Weg. Inzwischen haben Mädchen den Jungs längst den Rang abgelaufen. Offensichtlich braucht es für Karriere jedoch mehr als eine gute Ausbildung.

Gleich mehrere Untersuchungen ergaben, dass Frauen aufgrund einer stärker empfundenen Loyalität und dem Gefühl ihr Umfeld nicht im Stich lassen zu dürfen, seltener den Arbeitsplatz wechseln. Allerdings ist ein regelmäßiger Jobwechsel häufig ein wahrer Karriere Booster.

Weitere Forschungsergebnisse zeigen, dass Frauen eine größere Leistung erbringen, wenn sie Erfüllung und Sinn in ihrer Arbeit sehen. Beides finden Frauen deutlich häufiger als Männer darin Verantwortung für andere zu übernehmen und Beziehungen auch auf der Arbeit aufzubauen. Auch das macht loyal. Hinzu kommt, dass Frauen weniger Sinn darin sehen, ein klares Ranking zu erstellen, als Männer. Frauen fällt es mehrheitlich schwer, offen in Konkurrenz zu anderen zu gehen, was ihnen häufig als Schwäche ausgelegt wird. Tja, der Hierarchie-Maßanzug passt Frau eben nicht! Außerdem denken Frauen weniger in Positionen, als in Personen und natürlich fühlt es sich für viele kalt an, Personen zu ersetzen. Allerdings ist es für die Karriere unabdingbar Positionen zu ersetzen oder zu übernehmen. So und nur so geht es eben voran!

Hinter all dem steckt natürlich der Kerngedanke, dass Frauen das Beziehungsgeflecht häufig wichtiger ist, als die Aufgabe. Auch das lässt sich mit den uralten, fast naturgegebenen Rollen erklären. Bei der Jagd war es immanent wichtig, dass ein jeder seine individuelle Aufgabe oder Position erfüllt oder ausfüllt und damit zum Erfolg beiträgt. In mütterlichen Versorgungsgemeinschaften zuhause hat man im kleinen, familiären Kreis geschaut, was ansteht und sich dementsprechend gemeinsam gekümmert. Für dieses “gemeinsam” war eine stabile und positive Beziehung und Anpassungsfähigkeit das A und O. Zum Jagen reichte strategisches Verständnis, klar verteilte Positionen und Disziplin.

Und trotzdem, oder gerade deshalb können Frauen Karriere machen

Diese andere Rolle, die Frauen Jahrtausende geübt haben, bring jenseits des Unbehagens mit Hierarchien jedoch auch knallharte Vorteile mit, die Frauen zu wertvollen Ressourcen machen und ihnen den Weg hin zu einer glänzenden Karriere ebenen sollten. - Und meine Herren, die folgenden Liste ist nicht von mir, sondern wissenschaftlich evaluiert und von Gerhard Schwarz zusammengetragen:

  • Frauen sind gesundheitlich belastbarer (Anm. der Autorin: Bis hierher keine Überraschung!)

  • Frauen sind Multitasking-fähiger

  • Frauen haben eine höhere emotionale Intelligenz

  • Frauen sind loyaler

  • Frauen haben eine höhere Risikobereitschaft im Sinne von Widerspruchsbereitschaft, geben also offener Feedback und hinterfragen eher

Auch das dumme Argument, junge Frauen nicht einzustellen, weil sie schwangerschaftsbedingt ausfallen könnten, zieht nicht mehr. Denn junge Männer wechseln statistisch bewiesen deutlich häufiger das Unternehmen, was sicher auch nicht der Traum eines jeden Chefs ist!

Und doch hat Frau es häufig schwer: Warren Buffets “Lucky Sperm Club”

Diesem Phänomen der Männergesellschaften, das Warren Buffet süffisant als “Lucky Sperm Club” beschreibt, habe ich ja bereits einen eigenen Artikel gewidmet allerdings muss ich diese exklusiven Männergesellschaften auch hier wieder einmal in unser aller Gedächtnis rufen, tragen sie doch maßgeblich dazu bei, dass Frau trotz all ihrer wertvollen Ressourcen häufig nicht bis an die Spitze vordringt! Diese Männer-Gangs haben ihren Ursprung in den alten Jagdgruppen, in denen klare Hierarchien, Positionen und Gleichschaltung hinter dem Anführer stark zum Erfolg beigetragen haben. Frauen kennen diese Form von Verschworenheit nicht, weil sie evolutionshistorisch betrachtet keinen Nutzen aus Gleichschaltung und Einheitlichkeit hinter der Führung ziehen konnten. Das stammesgeschichtliche Erbe der Frauen sei es laut Schwarz auf individuelle Unterschiede zu reagieren, Beziehungen aufzubauen und mikrosoziale Netzwerke (also Familien) zu pflegen. Frauen haben stets ihr Überleben und das ihrer Kinder gesichert und mussten zu diesem Zweck ausgesprochen flexibel agieren, mit Fokus auf ein sehr kleines soziales Umfeld. Es gibt sogar Ansätze, die behaupten, dass Frauen gemeinsam nicht so stark seien, wie allein. Wenn das stimmt, erklärt sich von allein, dass Frauen sich in ihren Verhaltensmustern von Männern unterscheiden und sich zum Beispiel auch weniger stark unterstützen, als Männer es untereinander tun, um bestimmte hierarchische Positionen zu erreichen. Den “Lucky Ovum Club” gibt es eben nicht!

Rucke di gu, rucke di gu, kein Blut mehr im Schuh?

Viele Erklärungsversuche, weshalb Frauen deutlich seltener in Führungspositionen kommen, als Männer orientieren sich an vermeintlichen Defiziten von Frauen. Um diese Defizite zu überwinden, werden Frauenquoten eingeführt, da Frauen selbstverständlich eine Bereicherung für jede Führungsetage darstellen. Kognitive Diversität schadet eben nie. Jedoch möchte ich nach der Lektüre von Schwarz’ wunderbarer Abhandlung gerne die Frage in den Raum stellen, ob nicht das System selbst das Problem darstellt! Vielleicht ist die Hierarchie selbst der größte Hinderungsgrund für Frauen in Führungspositionen zu gehen… Laut Schwarz ist uns Ladies dabei immer Blut im Schuh gewiss. Im Rahmen von männlich geprägten Hierarchien kommen Frauen nicht umhin, sich einen Schuh anzuziehen, der ihnen nicht passt. Das ist auf die ein oder andere Art immer schmerzhaft. Ein Preis, den nicht jede bereit ist zu zahlen! Aber wie wäre es dann mal mit neuen Organisationsformen und wirklich neuen Führungsansätzen?

Ich versprechen das Thema in den nächsten Wochen noch einmal aufzugreifen und davon zu berichten, was Führung jenseits von hierarchiebedingter “Positional Power” ausmachen kann.

Ich freue mich auf Euer Feedback und wünsche Euch einen schönen Sonntag.

Eure Constance

Rucke di gu rucke di gu…

Zieh Dir den Schuh an, wenn er Dir passt… Und wenn nicht, dann trotzdem!

Über Followership! -Weil alle immer nur von Leadership sprechen

Führung, Führung, überall Führung

Mir fällt immer wieder auf, dass sich alle Welt (ich selbst eingeschlossen) permanent Gedanken um “gute” Führung macht. Unmengen von Büchern wurden darüber geschrieben, Modelle entwickelt und mit Leadership-Seminaren und Führungs-Coachings verdient eine ganze Industrie ihr Geld. Jeder hat eine Meinung dazu, wie eine gute Führungskraft sein muss.

Gefolgschaft? Was?

Hat sich von euch schon mal jemand Gedanken darüber gemacht, was denn guter Followership ist? Allein die deutsche Übersetzung fühlt sich irgendwie sperrig an: Gefolgschaft! Total unmodern! Und überhaupt, was soll an Gefolgschaft denn so schwer sein? Hinterherlaufen, nicht auffallen und schön machen, was der Chef sagt! Dann läufts, dann ist das gute Gefolgschaft. Da der Mensch evolutionshistorisch ein hierarchisch geprägtes Wesen ist, kann er das schon seit Millionen Jahren ziemlich gut. Das Problem, werte Leserschaft, ist jedoch, dass wir inzwischen nicht mehr in Höhlen wohnen, sondern uns in einem sehr komplexen Umfeld zurecht finden müssen. Das, was in den Höhlen unser Überleben gesichert hat, ist inzwischen weitestgehend kontraproduktiv geworden. Das Problem hierbei ist, dass die läppischen paar tausend Jahre mehr oder weniger moderner Zivilisation die Jahrmillionen Evolution nicht auslöschen können. Wenn wir Menschen nicht beibringen, wie gute Gefolgschaft oder guter Followership geht, dann machen Menschen das, was sich über Jahrmillionen bewährt hat, zum Teil mit fatalen Folgen. Wer meinen letzten Blog mitverfolgt hat, hat dort über einen Flugingenieur gelesen, der evolutionshistorisch betrachtet gerade zu perfekt gefolgt ist: Er ist dem Chef im übertragenem Sinne brav hinterher gelaufen. Um nicht weiter aufzufallen, hat er brav den Mund gehalten und vor allem hat er den Chef zu keinem Zeitpunkt in Frage gestellt. All das hat irgendwann mal das Überleben der Menschheit gesichert. Aber am 27. März 1977 hat dieses ganz normal menschliche Verhalten auf einen Schlag 583 Menschen das Leben gekostet.

Warum Followership heutzutage ebenso komplex ist wie Leadership

Es ist also an der Zeit, umzudenken und den Menschen im Rahmen von Schulungen auf die Herausforderungen dieses modernen, schnellen Lebens vorzubereiten. Denn Fakt ist, die Evolution hat das nicht getan. Wir sind für ganz eindeutige Schwarz-Weiß-Situationen gemacht, für Gut und Böse, Freund und Feind. In einer Welt, in der die Übergänge inzwischen fließend sind, müssen wir tatsächlich ein wenig Energie darauf verwenden, uns neu zu orientieren. Dabei hilft uns diese unfassbare Black-Box, die wir als Gehirn bezeichnen. Mit schier unendlichen Kapazitäten ist unser Gehirn in der Lage immer weiter dazu zu lernen, durch Verständnis, Einsicht und gesammelten Erfahrungen. So wurden viele moderne Führungskräfte inzwischen zu recht kooperativen und umgänglichen Zeitgenossen. Der Mehrwert für sie selbst, die Unternehmen und ihre Mitarbeiter ist enorm. Man stelle sich den Mehrwert vor, wenn Unternehmen ihre Follower genauso auf ihre Rolle vorbereiten würden, wie sie es mit ihren Leadern tun?

Die von mir immer und immer und immer wieder zitierte Harvardprofessorin Amy C. Edmondson kam mal mit der These daher, dass kein Mensch morgens aufwache, aus dem Bett springe und zur Arbeit gehe, weil er es nicht abwarten könne, unwissend, inkompetent, aufdringlich und negativ zu wirken. Ich denke, damit hat sie recht. Keiner von uns will aus der Masse hervorstechen, schon gar nicht negativ. Immerhin waren es die, die aus der Masse hervor gestochen sind, die getötet oder gefressen wurden. In der Tierwelt sichern viele Beutetiere so noch immer noch das Überleben ihrer Art. Aber zurück zu Amy und uns, die wir alle nicht unwissend, inkompetent, aufdringlich und negativ wirken wollen. Lasst mich mal aufdröseln, was dieser nachvollziehbare menschliche Wunsch denn eigentlich bedeutet:

  • Was darf ich also auf keinen Fall tun, um dadurch nicht unwissend zu wirken? Erst selbst nachdenken, dann weiterlesen… Genau, bloß keine Fragen stellen. Schon in der Sesamstraße lernen Kinder weltweit “wer nicht fragt bleibt dumm”, was dann aber auch heißt: wer noch Fragen hat ist dumm!

  • Inkompetent: böses Wort! Was tun Menschen, die auf uns inkompetent wirken? - Auch bitte erst wieder selbst nachdenken - Schwächen zugeben! Auf keinen Fall! Macht das nicht. Das macht euch angreifbar und lässt euch inkompetent wirken.

  • Und was sollten wir tunlichst unterlassen, damit andere uns im Job nicht für aufdringlich halten? … Und? Ja, genau, die Schlaubi-Schlümpfe, die ständig das Rad neu erfinden wollen, weil sie permanent neue Ideen haben, die sind anstrengend, so wollen wir nicht sein! Also auf keinen Fall neue Ideen proaktiv anbieten.

  • Abschießend haben wir dann noch die Negativen! Was tun die, damit sie als negativ wahrgenommen werden und was sollte ich dann also auf keinen Fall tun? Ganz einfach: Kritisiere nie den Status Quo! Voll negativ!

Zack, und schon hat sich dieser Satz von Amy, den wir alle zunächst abnicken konnten, total relativiert, weil wir eben nicht mehr in Höhlen sitzen, sondern in höchst komplexen Umfeldern unterwegs sind, die einer allein gar nicht mehr überblicken kann. Um das Schiff trotzdem sicher durchs Packeis zu lenken, brauchen unsere Führungskräfte Menschen, die Fragen, wenn sie sich nicht sicher sind, die Schwächen zugeben, um so entweder ihren Stärken entsprechend eingesetzt werden zu können, oder weiterentwickelt werden. Alles zum Wohle und zum Erfolg des Teams und der Organisation. Außerdem brauchen Chefs Leute mit neuen Ideen, die auch den Mut haben, diese zu kommunizieren und Menschen, die den Status Quo nicht einfach so hinnehmen und dadurch zur permanenten Weiterentwicklung beitragen. So unglaublich wertvolle Qualitäten, die wir aber nicht von alleine abrufen können, weil die Evolution uns ursprünglich anders gepolt hat!

Die Verantwortung der Führungskräfte

“So so,” denkt sich also die gewiefte Führungskraft, “dann kaufe ich halt mal flott ein paar Workshops für meine Leute ein und alles wird gut!”. Hier muss ich leider enttäuschen! Denn Unternehmenskultur verspeist Workshops gerne mal zum Frühstück (Unternehmenskodexe und Strategien übrigens auch). Was das heißt? Klar ist es nicht schwer, allen Mitarbeitern das bislang Erzählte beizubringen. Aber nach der Schulung erwarten wir dann, dass diese Menschen das Gegenteil von dem tun, was irgendwann mal das Überleben der Menschheit gesichert hat. Unser Angsthirn begibt sich in solchen Situationen in Lebensgefahr, weil es nicht zwischen konkreter und abstrakter Gefahr unterscheiden kann. Das macht das Hirn nur mit, wenn sich der Mensch ansonsten absolut sicher fühlt. Diese Sicherheit können Führungskräfte und eine entsprechende Unternehmenskultur ihren Mitarbeitern geben. So lernt das Hirn mit der Zeit dann auch, dass Stop sagen, Fragen stellen, Schwächen zugeben und aus der grauen Masse hervorstechen doch nicht lebensgefährlich ist und es wird von mal zu mal einfacher.

Die Lehren der Geschichte

Ich sehe die “Gefolgschaft” applaudieren und sich entspannt zurücklehnen. “Dann sollen die Führungskräfte halt erstmal vorlegen und wenn ich mich dann sicher genug fühle, lege ich nach!” Aber so läuft es auch nicht liebe Nicht-Führungskräfte, denn Verantwortung tragen wir alle. Klar ist es einfacher, Veränderungen von oben her zu implementieren, aber wer sich mal die Geschichte anschaut und sich in Erinnerung ruft, wer die wirklich großen gesellschaftlichen Veränderungen bewirkt hat, war das dann doch immer das Fußvolk. Die Französische Revolution ist da nur ein Beispiel von vielen. Es braucht nur alles ganz viel Mut. Bezogen auf unseren holländischen Flugingenieur in Teneriffa hätte das bedeutet, dass, wenn er Verantwortung übernommen hätte, er nicht nur viele andere Menschenleben hätte retten können, sondern auch sein eigenes. Wenn das mal kein Grund ist!

Wer mich kennt, kennt meine Verbundenheit zu Südafrika und wer mich etwas besser kennt, weiß, dass ein Südafrikaner mich trotz all seiner Fehler und Unzulänglichkeiten besonders beeindruckt hat: Nelson Mandela, von Terroristen zum demokratisch gewählten Führer eines Landes im Umbruch. Diese großartigste Führungskraft seines Landes war ursprünglich auch nur Gefolgschaft. Die eigentliche große Führungspersönlichkeit des Widerstandes war der hier eher unbekannte Walter Sisulu. In seinem Schatten wurde Nelson Mandela zur besten Gefolgschaft, die Sisulu sich wahrscheinlich hätte wünschen können. Und als der Tag kam, an dem sich die Ära der Apartheid in Südafrika ihrem Ende zuneigte (übrigens auch eher weil es ein unbedingter Wille des Fußvolkes war, nicht der Mächtigen), entschied Sisulu, dass er zu alt war, um als erster schwarzer Präsident die Regenbogennation zu einen. Er überließ das Feld Mandela. Ob Mandela das überhaupt so wollte, das wurde er nie gefragt. Manchmal entwickeln sich die Dinge auf einzigartige Weise. In jedem Fall zeigt es, dass eine natürliche Wechselwirkung zwischen Leadership und Followership am Ende zu echter Teamwork wird.

Poesie am Sonntag Nachmittag

Am Tag seines Amtsantritts rezitierte Mandela im Rahmen seiner Rede ein Gedicht der Schriftstellerin Marianne Williamson, das in tausend mal schöneren Worten unser Angst aus der Masse hervor zu treten zusammenfasst, als ich es je könnte. Und weil man an Sonntagen meiner Ansicht nach auch immer ein bisschen Poesie gebrauchen kann, möchte ich diese Blog auch mit einem Auszug aus eben diesem Gedicht beschließen:

“Unsere Größte Angst ist nicht, dass wir ungenügend sind. Unsere größte Angst ist, über das Messbare hinaus kraftvoll zu sein. Es ist unser Licht, nicht unsere Dunkelheit, die uns am meisten Angst macht. Wir fragen uns, wer bin ich, mich brillant, großartig, talentiert, phantastisch zu nennen?”

Ich wünsche Euch einen phantastischen Sonntag! Und seid brillant!

Eure Constance

Persönlichkeitsentwicklung… Ein verdammt langer Weg, den man zeitlebens nicht zu Ende bringt! Also nur Mut!

Persönlichkeitsentwicklung… Ein verdammt langer Weg, den man zeitlebens nicht zu Ende bringt! Also nur Mut!