New Work

Und die Zukunft im Business ist menschlich

Digitalisierung hin, Digitalisierung her

Betrachtet man sich die Welt da draußen, könnte man fast unweigerlich zu der Schlussfolgerung kommen, dass Technik, Technisierung und vor allem Digitalisierung unser aller Zukunft sind. Folglich sollten wir all unser Augenmerk auf die technische und digitale Weiterentwicklung richten. -Eine Idee, die mir als Human Factors Trainer und Coach überhaupt nicht schmeckt. Ja, Technik macht das Leben leichter und online bin ich ohnehin ständig. Doch schon während meiner Zeit in der Luftfahrt war einer meiner großen Leitsätze, dass der Mensch der Schlüssel zum Erfolg unserer (technischen) Systeme ist. Denn selbst die beste Technik braucht zum einen ausreichend kompetente Anwender, sowie Menschen, die in der Lage sind, der zunehmenden Dynamik und Komplexität unseres Umfeldes Rechnung zu tragen, angemessen zu reagieren, zu gestalten, anzupassen und die Technik entsprechend der permanenten Veränderung unseres Umfeldes weiterzuentwickeln. Inzwischen bin ich sogar so weit zu sagen, dass gut funktionierende Teams von Menschen der Schlüssel zum Erfolg unserer Systeme sind. Denn in Anbetracht der stetig zunehmenden Komplexität aller unserer Lebensbereiche, ist eine einzig Wahrnehmung, die auf diese eine Art interpretiert wird, schon lange nicht mehr ausreichend, um wirklich nachhaltig erfolgreich agieren zu können.

Teaming up!

Zu eben dieser Erkenntnis kam auch die Harvard Professorin Amy C. Edmondson schon lang bevor irgendjemand etwas von Agilität zu erzählen wagte. So hat Edmondson erforscht, beschrieben und wissenschaftlich belegt, dass es für erfolgreiches Arbeiten in einem dynamischen Umfeld immanent wichtig ist, dass Menschen sich in Teams zusammenfinden. Allerdings sind laut Edmondson stabile, klar definierte und abgegrenzte Strukturen hierbei nicht zielführend. Vielmehr brauche es flexible, interdisziplinäre Teams, die sich je nach Zielsetzung zusammenfinden und wieder neuformieren, um sich dann in neuer Zusammensetzung einer neuen Aufgabe widmen. Eine der Ideen, die dahinter steckt ist, dass auch Arbeits- und Lernprozesse verändert oder neu gedacht werden müssen, wenn eine Organisation etwas vollbringen möchte, das sie zuvor noch nie vollbracht hat. So könnte man meinen, Amy C. Edmondson gehörte zu den Müttern und Vätern der Agilität.

Die Wirtschaft wird “soft”

Mit ihrem Fokus auf den Faktor Mensch steht Amy C. Edmondson bei weitem nicht allein da. Seit etwa 20 Jahren identifiziert die Thinkers50 Initiative jährlich Menschen, deren Ideen die (Business-) Welt verändern können. Im Rahmen der letzten Ernennung der aktuellen Thinkers50 war ein Trend deutlich erkennbar: Im Management im Allgemeinen und in der Führung im Speziellen gewinnen die sogenannten Soft Skills zunehmend an Bedeutung. Schaut man sich das Ranking der aktuellen Top Ten der richtungsweisenden Vordenker an, stellen wir fest, dass sich derer acht mit Soft Skills beschäftigen.

Die Krone für den ersten Platz darf sich Amy C. Edmondson endlich aufsetzen, nachdem sie 2011 auf Platz 35 einstieg um ihren stetigen Weg Richtung Spitze zu beschreiten, Jahr für Jahr. Unterwegs nahm sie noch den Talent- und den Breakthrough Idea Award mit. Edmondson scheint sich nicht nur hinsichtlich ihrer Teaming-Idee als echter Trendscout zu erweisen. Noch spannender und visionärer erscheint ihr Hauptthema: Die psychologische Sicherheit und die damit zusammenhängende Angstfreiheit in Unternehmen. Im Rahmen ihrer Studien zur Fehlerforschung in den 90er Jahren, war das Klima der psychologischen Sicherheit eher eine zufällige Nebenentdeckung. Heute gilt das Herstellen eines psychologisch sicheren Umfeldes als Grundvoraussetzung für eine gute Performance, da der Mensch, der Schlüssel zum Erfolg unserer Systeme, nur im Zustand der psychologischen Sicherheit seine Ressourcen voll und ganz in seine Arbeit einfließen lassen kann. Hinzu kommt, dass Edmondson nachweisen konnte, dass psychologische Sicherheit mit dem Lernverhalten korreliert und somit auch deutliche Auswirkungen auf die individuelle Leistung hat. Das wiederum heißt, dass eine lernende Organisation, die in der Lage ist, der Dynamik und Komplexität unserer Welt erfolgreich Rechnung zu tragen, vor allem eine angstfreie Organisation ist. Nur in einem angstfreien Klima, in einem Klima der psychologischen Sicherheit können Innovationen gedeihen, kann sich Weiterentwicklung vollziehen. Nur in einer angstfreien Organisation sind Menschen in der Lage, nachhaltig zu lernen. - Die Kernqualifikation für ein Umfeld, das sich in einem stetigen Wandel befindet.

Krise und Sicherheit

Gar nicht so einfach, mit der subjektiv empfundenen Sicherheit, wenn mich das Gefühl ereilt, unsere Welt stünde dauerhaft Kopf. Krise über Krise! Finanzkrise, Klimakrise, Flüchtlingskrise, Corona, Krieg in der Nachbarschaft, Energiekrise, seit Neustem auch noch ein deutlich sichtbare und gesetzlich implementierte Gleichberechtigungskrise in den USA… Es gibt unendlich viele Themen an die meine Angst andocken könnte. Ich glaube das Angebot war noch nie so breit gefächert. Deshalb ist es gerade jetzt wichtig, Räume der subjektiv empfundenen Sicherheit zu schaffen. Denn grade jetzt brauchen wir innovative, kreative Ideen, um eine Rückwärts-Entwicklung der Gesellschaft zu verhindern. Es geht nicht mehr darum, etwas zu optimieren. Ich glaube es geht darum, etwas ganz Neues zu denken und zu gestalten. - Politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich. Hierbei ist der Mensch mit Nichten überflüssig. Klar, geraten wir in der Arbeitswelt immer stärker unter Druck. Die Robotisierung und Algorithmierung schreiten stetig voran. Es gibt Momente, in denen die Technisierung mir vorkommt, wie eine Dampfwalze, die alles platt zu walzen droht, die stetig und unaufhaltsam weiterrollt. Trotzdem müssen wir vor diesen Maschinen nicht kapitulieren. Die Zukunft unserer Arbeitswelt braucht unsere ausschließlich menschlichen Kompetenzen, die keine Maschine darstellen kann. Hierbei sind vor allem neun Skills von zentraler Bedeutung:

  • Empathie

  • Kreativität

  • Komplexe Probleme lösen

  • Kritisches Denken

  • Kommunikative Kompetenzen

  • Lebenslanges Lernen

  • Selbstmanagement und bewusste Selbstführung

  • Resilienz

  • Unternehmerisches Denken

Prüft gerne selbst, wie viel “Mensch” Eure Tätigkeit gemessen an diesen neuen Kriterien braucht. Vielleicht werdet Ihr erstaunt sein. Die Zukunft ist menschlich! Wären dem nicht so, würden die wichtigsten Vordenker der Wirtschaft uns Menschen nicht so deutlich in den Fokus rücken.

Das Herzstück der Wirtschaft

Diejenigen von Euch, die mir auf den sozialen Medien folgen, können sich vielleicht noch an meinen Buchtipp vom letzten Wochenende erinnern: “The Heart of Business” von einem Gewissen Hubert Joly. Joly wurde von den Thinkers50 mit dem Award in der Kategorie Leadership ausgezeichnet. Joly geht es um nicht mehr oder weniger, als den Kapitalismus neu zu erfinden! -Und zwar so, dass aus ihm ein Beitrag für einen nachhaltige Zukunft erwächst. Der ehemalige Top-Manager, der inzwischen an der Harvard Business School lehrt, bringt die Ansätze des Servant Leadership in Verbindung mit einer klaren Werteorientierung. In seinem Buch beschreibt er eindrucksvoll, wie er diesen Ansatz über Jahrzehnte für sich entwickelt hat. Und der Erfolg gibt ihm recht. Joly wurde mehrfach als weltbester CEO ausgezeichnet und sein Erfolgsgeheimnis ist so revolutionär, wie es auch einfach ist: Im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen setzte Joly nicht auf Kostenreduzierung, sondern auf eine neue Dimension des Kundenerlebnisses durch begeisterte und motivierte Beschäftigte! Für Begeisterung und Motivation sind laut Joly die Führungskräfte verantwortlich. Fünf essentielle Tätigkeiten, auf die sich Führende fokussieren sollen, hat Joly dafür ausgedeutet:

  1. Sinn vermitteln

  2. Beziehungen aufbauen

  3. Mitarbeiterautonomie stärken

  4. Exzellenz fördern

  5. Potenzial fokussieren, statt sich von Beschränkungen leiten zu lassen

Um diese fünf Kernpunkte erfolgreich und nachhaltig umzusetzen, braucht es laut Joly vor allem eines: Eine entsprechende innere Haltung, ein Mindset, erfüllt von Empathie und Wertschätzung für die Mitarbeitenden. Dieses Mindset macht Joly ebenfalls an fünf Kernpunkten fest:

  1. Sinnorientierung

  2. Wertefokussierung

  3. Authentizität

  4. Das Verständnis der Führungsrolle als Ermöglichung und Raumöffnung

  5. Das Bewusstsein, dass die Mitarbeitenden die wichtigsten Stakeholder im Führungsprozess sind

Die Erfolgsgeheimnisse eines ausgesprochen überdurchschnittlich erfolgreichen Managers…

Die Zukunft ist definitiv menschlich! Sie gehört uns. Alles was es braucht ist etwas Mut, die Dinge neu und anders zu denken. Es braucht einen sicheren Rahmen und ein Wir-Gefühl! Dann ist alles möglich!

In diesem Sinne setze ich mich jetzt in meinen DeLorean und düse los, zurück in die Zukunft und schaue welche Schrauben ich drehen kann, um die Welt zu verändern und sie etwas schöner, bunter, sicherer zu machen, für all diese großartigen, kreativen, innovativen Ressourcen, die wir Menschen nennen! Der Begriff “Humanvermögen” scheint mir hierfür bei weitem nicht ausreichend.

Habt einen schönen Sonntag.

Eure Constance

Die zukunft ist menschlich

Denn der Mensch ist der Schlüssel zum Erfolg all unserer Systeme

Fliegt doch erstmal los! -Über Vertrauen und Flügel

Was ist wenn ich falle?“ fragt die Vierjährige. „Und was ist, wenn Du fliegst?“ entgegnet ihr Papa und lächelt. So radelt sie zum erstem Mal in ihrem Leben ganz ohne Stützräder los. Und nur fliegen könnte schöner sein! Danke Papa.

Wenn mich ein Thema findet

Ich finde die Themen für meine Artikel auf den unterschiedlichsten Wegen. Meistens ist es tatsächlich so, dass ich in meinem Blog inhaltlich das verarbeite, das mich in der vergangenen Arbeitswoche am intensivsten beschäftigt hat. Manchmal läuft es jedoch etwas anders. In dieser Woche war das mal wieder der Fall. Mein Thema hat mich in Form dieses wundervollen Fotos gefunden.

“Sei froh! Dein Leben ist schön!”

Auf einer meiner Züge durch die sozialen Medien bin ich über eben dieses Bild gestolpert. Meine Lieblingsfotografin, die wunderbare Katja Kölker (die auch für die Bilder auf meiner Homepage verantwortlich ist -siehe Impressum!), hat es gepostet und ich habe es mehr als nur “geliked”. Ich war schockverliebt weil es mich sehr berührt hat. Katja meinte ganz lapidar, ich solle es mir doch einfach nehmen. Das habe ich getan. -Mit der Ankündigung, ihm einen eigenen Artikel zu widmen! Hier also mein erster Blog für ein Bild und auch für Katja!

Natürlich hatte ich sofort meine eigenen Assoziationen, als ich mir das Bild anschaute. Doch viel spannender, als meine eigenen Gedanken fand ich Katjas Gedanken, als sie dieses Bild schoss. Katja und ich teilen die Vergangenheit in der Luftfahrt und “Fliegt doch erstmal los!” war der heimliche Imperativ unseres damaligen Lebens. Dazu brauchte es Mut, besonders wenn die Reise mal wieder ins Unbekannte ging. Ich ganz persönlich erinnere mich an den Tag, als dieser isländische Vulkan, dessen Namen ich inzwischen zwar aussprechen, aber nicht schreiben kann, ausbrach. Ich war in Kuba und die Gerüchte machten sich breit, dass der Luftraum in weiten Teilen gesperrt werden sollte. Als wir als Besatzung gegen Abend auf unsere Maschine gingen und die Gäste einstiegen, war für keinen von uns klar, wo die Reise enden würde. Relativ klar war, es geht auf jeden Fall nicht nach Frankfurt! Der Plan musste geändert werden! Palma de Mallorca, Salzburg, Nürnberg, Stuttgart, München…? Alles war möglich und davon abhängig, wie sich die Situation in Europa während unserer Reise über den großen Teich entwickeln würde. Das war das erste und einzige Mal, dass ich diesen Slogan “Fliegt doch erstmal los!” auch meinen Gästen schmackhaft machen musste. “Ja, wir fliegen jetzt erstmal los und nein, ich kann Ihnen nicht sagen, wo wir wann landen werden. Und nein, Ihre Familie oder Abholer können Sie nicht von unterwegs anrufen. Aber vertrauen Sie uns, es wird sich alles fügen…”

Ihr könnt Euch vorstellen, was in der Flugzeugkabine los war. Oder nein, könnt Ihr wahrscheinlich nicht. Denn das muss man selbst erleben, um es zu verstehen. In diesem Moment wurde mir klar, dass man, um erstmal loszufliegen, nicht nur Mut braucht, sondern auch Vertrauen, aus dem der Mut fürs Unbekannte wachsen kann.

Eine Gedankenreise

Stellt Euch einmal vor, Ihr kommt morgens zur Arbeit und trefft zum ersten Mal auf Eure Kollegen. Alles Fremde! Es ist vier Uhr morgens. Ihr seid müde, weil Ihr schon seit zwei Stunden wach seid. Aber das ist jetzt egal. Ihr setzt Euch an einen Tisch und schaut, was der Tag und das neue Projekt an Aufgaben mit sich bringt. Die Arbeitspositionen werden vergeben. Zum Glück wisst Ihr ganz genau, was Ihr auf der jeweiligen Position zu tun habt. Die Prozesse greifen ineinander. Auch wenn Ihr keine Ahnung habt, wer die Menschen sind, mit denen Ihr dieses neue Projekt stemmen sollt, wisst Ihr ganz sicher, dass Ihr Euch auf sie verlassen könnt, so wie sie sich auf Euch verlassen. Das ist wichtig, denn wenn etwas schief geht, hängen auch schon einmal Menschenleben dran. -Vielleicht Eure eigenen, vielleicht bekommt jemand im Büro einen Herzinfarkt, vielleicht helft Ihr dabei, ein Baby auf die Welt zu holen, oder vielleicht bricht ein Feuer aus, dass Ihr sehr schnell und koordiniert löschen müsst.

Ihr habt noch nie bei einem Herzinfarkt Erste Hilfe geleistet, keiner von Euch. Aber Ihr wisst, dass Ihr Euch uneingeschränkt aufeinander verlassen könnt und gemeinsam selbst diese Situation meistert, weil Ihr Euch Mut und Vertrauen schenkt und weil Euch Prozesse an die Hand gegeben wurden, die Euch Sicherheit geben.

Alles läuft Hand in Hand. Wenn Ihr schneller mit Eurer Arbeit fertig seid, unterstützt Ihr die anderen. In die Pause geht es gemeinsam oder gar nicht. Egal wie müde Ihr seid. Das Team ist wichtiger. Ihr seid füreinander da und passt aufeinander auf und für Außenstehende wirkt Ihr wie eine verschworene Gemeinschaft, die schon seit Jahren in einem Team zusammenarbeitet. Wenn die wüssten, dass Ihr Euch eben erst kennengelernt habt…

Klingt vielleicht komplett erfunden, war aber für Katja und mich lange Jahre gelebte Realität. Wir wurden in eine Kultur der psychologischen Sicherheit, in eine Kultur des Vertrauens, des Miteinanders katapultiert, als wir angefangen haben, Uniform zu tragen. Es war diese Kultur, die uns in den komplexesten und dynamischsten Situationen den Mut gegeben hat, handlungsfähig zu bleiben, Verantwortung zu übernehmen, Entscheidungen zu treffen. Überlebenswichtig in der Luftfahrt!

Aus diesem Vertrauen (auch in die eigenen Ressourcen) resultierte bei uns beiden schließlich der Mut und der Wille uns weiterzuentwickeln und unsere Flugzeugwelt zu verlassen. - Jeder in seine Richtung.

Ein Leben als Fußgänger…

Katja und ich sind nun beide das, was wir früher als Fußgänger beschrieben haben und jeder für sich erlebt dieses neue Leben natürlich aus den Erfahrungen des alten Lebens heraus. Ich erlebe definitiv weniger Mut, aber vielleicht braucht es den ja auch nicht, da es nicht mehr um Leben und Tod geht! Aber ich erlebe auch weniger blindes Vertrauen. Das vermisse ich definitiv. Denn ohne Vertrauen auch keine Entwicklung und ganz sicher keine High Performance, nach der alle ja so sehr streben. Deshalb möchte ich helfen, Vertrauen aufzubauen. Denn auch außerhalb der Luftfahrt geht es um Bewegung, Fortschritt und Weiterentwicklung. In der Welt der sagenumwobenen New Work wird von lernenden Organisationen geträumt, Organisationen die sich aus sich selbst heraus weiterentwickeln. Dazu braucht es Mut und Vertrauen auf allen Ebenen. Ich bin in der glücklichen Situation, ganz sicher und aus dem eigenen Erleben heraus sagen zu können, dass man dieses Level an Vertrauen tatsächlich erreichen kann, dass es dieses Vertrauen wirklich gibt. Es ist keine Utopie. Es ist real. Dank des Human Factors Trainings habe ich sogar eine Idee, wie man ein solches Vertrauen aufbauen kann, welche Schritte zu gehen sind.

“Sei Froh! Dein Leben ist schön!”

Dieser Gedanke war sehr präsent, als mir vor einigen Tagen ein junger Mann im Rahmen eines Coachings gegenübersaß, mit Tränen in den Augen, die er zu verstecken versuchte. Er würde sich so gerne seinen Kollegen und seiner Chefin anvertrauen, ihnen von seiner belastenden privaten Situation erzählen. Dies sei sicher eine Befreiung. Aber er traue sich nicht, er vertraue nicht. Und so bleibt er für sich, allein, ganz ohne Flügel, dafür mit einer Last schwer wie Blei auf seinen Schultern.

High Performance entsteht so sicher nicht.

Wenn ich in meinen bisherigen fast 23 Jahren im Berufsleben eines ganz sicher gelernt habe, dann dass es nichts Schöneres gibt als zu fliegen… In jedem nur möglichen Sinn! Deshalb sollte es unser Ziel sein, zu vertrauen und Vertrauen zu schenken, Euren Kindern, Freunden, Familie, Kollegen… Denn nur so können wir alle gemeinsam fliegen. Stellt Euch vor, dieser Kollege wäre in Eurem Team und ihr würdet Euch tagein tagaus ärgern, dass er immer mal wieder zu spät zu Meetings kommt und sogar den ein oder anderen Arbeitsfehler gemacht hat. Gemeinsam mit den anderen Kollegen wird der Ärger immer größer, weil Ihr nicht versteht, warum der Kollege sich verändert hat. Vielleicht hat es irgendwann sogar Konsequenzen. Erst viel, viel später erfahrt Ihr, welches tiefe menschliche Tal dieser Kollege durchschreiten musste. Vielleicht denkt Ihr Euch dann, dass Ihr ihn lieber unterstützt hättet, als Euch über ihn zu ärgern, hättet Ihr nur gewusst, was tatsächlich in seinem Leben los war. Oder vielleicht könntet Ihr gerade selbst etwas Unterstützung brauchen… Seid mutig und vertraut einander.

Die Realität ist freundlich und das Leben ist schön, wenn wir uns entscheiden, die Welt so sehen zu wollen, wenn wir uns entscheiden zu vertraue. Wir alle wollen unterstützen, müssen dafür aber verstehen können. Fangt an gemeinsam zu fliegen, Euch weiterzuentwickeln, gemeinsam zu wachsen. - Als Kollegen, Teams und Organisationen.

Und ja, liebe Lesenden, die Realität ist wirklich freundlich, auch wenn nicht weit von hier ein gnadenloser, ungerechter und unbegreiflicher Krieg eine Menge Leid und Schmerz bringt. Denn es ist auch dieser Krieg, der nicht nur in Deutschland für unglaublich viele offene Türen und Herzen sorgt. Die Realität ist freundlich, wenn wir es sind.

Nein Katja, unsere Seelen wollen nicht stillstehen. Fliegen wir erstmal los! -Auch wenn wir vielleicht noch nicht ganz genau wissen wohin. Wir rocken das, denn wir haben gelernt zu vertrauen. Danke für dieses zauberhafte Foto, das mich so wunderbar durch die Woche getragen hat.

Habt einen wundervollen Sonntag!

Eure Constance

Sei Froh! Dein Leben ist schön!

Denn die Realität ist freundlich!

Synchrone und asynchrone Kommunikation - die Muttersprachen virtuellen Arbeitens

Weil Kommunikation immer Teil des Problems ist

Ich gehe fest davon aus, dass die meisten von Euch, Corona sei Dank, im Laufe der letzten beiden Jahre irgendwann einmal in den Genuss des sagenumwobenen “Work from Home” gekommen sind. Wie war das so? Wie hat es sich angefühlt, nun virtuell, oder im besten Fall hybrid mit den Kollegen zusammenzuarbeiten? Keine schnellen Absprachen mehr auf dem Flur oder in der Kaffeeküche? Keine Zufallsbegegnungen mehr, die das ein oder andere Problem wie von Zauberhand gelöst haben? Dafür vielleicht mehr Fokus und Effizienz? Keinen Stau mehr? Und mehr Zeit für die Familie?

Die Erfahrungen aus zwei Jahren “Work from Home” sind durchwachsen. Die einen freuen sich, weil es ihnen zuhause leichter fällt, den Fokus zu halten, oder weil sie den Vorgesetzten tatsächlich häufiger sprechen als vorher, weil es nun feste Termine gibt. Andere wiederum empfinde die Arbeitsbelastung zuhause als größer, weil sie völlig gestresst von Meeting zu Meeting hüpfen und ohnehin viel mehr Stunden vor dem Computer verbringen, als vorher. Wenn der Küchentisch zum Büro wird, ist man da eben auch noch um 22:00 Uhr präsent. Zu dem bemängeln viele Kollegen, mit denen ich mich austausche, dass die Arbeits- und Führungskultur sich nicht mehr weiterentwickelt, dass es keine Anpassung an die neue, virtuelle Realität gibt. Teams brechen zusehends auseinander, weil der soziale Kitt der Kaffeeküche, der gemeinsamen Mittagspause oder der gemeinsamen Zigarette draußen im Regen fehlt und man noch keinen adäquaten Ersatz dafür in der virtuellen Welt gefunden hat.

“Work from Home” ist eine Chance, kann aber auch zu einer Last werden, weil Kommunikation sich verändert und diese Veränderung zu einer Belastung werden kann. Kommunikation ist eben immer Teil des Problems. Nicht zuletzt deshalb tut man gut daran, stets nach kommunikativen Lösungen Ausschau zu halten!

Zwei Muttersprachen der virtuellen Zusammenarbeit

Als Corona angefangen hat, seine Kreise zu ziehen und viele Unternehmen ihre Mitarbeiter fast über Nacht ins Homeoffice geschickt haben, musste alles schnell gehen. Da war keine Zeit, sich im Vorfeld über kommunikative Spielregeln, eventuelle Probleme, etc. Gedanken zu machen. Inzwischen scheint Corona auf dem Rückzug aber viele Unternehmen möchten ihren Mitarbeitern auch weiterhin virtuelles oder hybrides Arbeiten ermöglichen. Als Coach finde ich, sollte es spätestens jetzt an der Zeit sein, sich intensiv Gedanken darüber zu machen, wie man dieser neuen Realität gerecht wird und sie so gestaltet, dass nicht schon Kommunikation selbst zu einer Belastung wird.

Kenn Ihr das: Mitten im Zoom-Marathon flattert eine E-Mail rein. Drei Minuten später klingelt das Diensthandy: “Hast Du meine Mail schon gesehen? -Was meinst du?”

Das macht arbeiten nicht gerade entspannter. Aber was ist da genau passiert, dass uns so sehr stresst? Ganz einfach: Asynchrone Kommunikation wurde mir der Erwartungshaltung an synchrone Kommunikation belegt. Das kann nicht gut gehen.

Was bitte???

Mal von vorne: Wenn wir über Kommunikation in virtuellen oder hybriden Settings sprechen, sprechen wir tatsächlich von zwei unterschiedlichen Arten von Kommunikation, die wir tunlichst voneinander trennen sollten. Es sind sozusagen zwei Muttersprachen, die man nicht mischen sollte. Zum einen ist das die sogenannte synchrone Kommunikation, also die Kommunikation mit direkter und prompter Interaktion, wie zum Beispiel in (Video-) Calls und Konferenzen. Zum anderen ist da die asynchrone Kommunikation, also Kommunikation ohne direkte Reaktion oder Interaktion, wie zum Beispiel über Mails oder Messenger-Nachrichten jedweder Art. Kommuniziere ich nun also asynchron habe an die Kommunikation jedoch eine synchrone Erwartungshaltung, kann das nicht gutgehen. Falscher Kanal! Entweder setze ich mich selbst unter Druck, weil eine Antwort, die ich dringend brauche, nicht sofort kommt, oder ich setze meinen Kommunikationspartner unter Druck indem ich ihn nerve. Vielleicht kennt ihr ja auch Menschen, die bei WhatsApp dafür sorgen, dass die anderen nicht sehen können, ob ihre Nachricht schon gelesen wurde, oder nicht. Gleiches Prinzip: Ich will mich nicht unter Druck setzen lassen, sofort zu antworten. Ich möchte nicht, dass meine Kommunikationspartner asynchrone Kommunikation mit einer synchronen Erwartungshaltung belegen.

Denn Absprache ist alles

Wie soll man denn nun damit umgehen, im virtuellen oder hybriden Arbeitsalltag? Ganz einfach, man spricht drüber, welche Art der Kommunikation wann erforderlich ist. Ziel sollte es hierbei jedoch immer sein, den Anteil der synchronen Kommunikation so gering wie irgend nötig zu halten. Es soll Teams geben, die mehr Zeit in Meetings und Ansprachen verbringen, als bei ihrer tatsächlichen Arbeit. Ich denke, gerade zu Anfang der Pandemie ist so ziemlich jeder in die Falle getappt, die synchrone Kommunikation stark zu überbetonen. Klar, plötzlich fehlen die sozialen Kontakte. Wie macht man das wett? Durch Videokonferenzen. So stillt man nicht nur das menschliche Grundbedürfnis nach Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe, sondern auch das Bedürfnis nach fachlichem Austausch. Nur zum Arbeiten kommt man so nicht! Deshalb ist meine wichtigste Lesson Learned nach über einem Jahr im Homeoffice, dass man sich ganz genau anschauen sollte, was man wann, wie und über welche Kanäle kommuniziert und natürlich habe ich auch die ein oder andere Idee entwickelt, die mir gerade hilfreich erscheint und die ich gerne mit Euch teilen möchte:

  • Vorbereitung ist alles: je besser ich das Meeting inhaltlich vorbereite, desto effizienter und schneller ist es. Dabei hilft es ungemein, komplexe Themen kurz zu visualisieren. Das sorgt häufig für ein schnelleres Verständnis, als endlose Erklärungen. Auch das Ziel des Meetings und die Agenda sollten am Anfang klar benannt werden.

  • Ergebnis- und Beziehungsorientierung bestmöglich trennen, indem ich zum Beispiel das Meeting etwas früher eröffne, um den Kollegen die Möglichkeit zu geben, sich vorab persönlich auszutauschen, oder indem ich die ersten X Minuten bewusst für den Austausch zu persönlichen Themen zur Verfügung stelle. Denkbar wären sogar Meetings speziell für den persönlichen Austausch.

  • Generell ist es sinnvoll, sich in Meetings diszipliniert zu timen um den sogenannten Gaseffekt zu vermeiden. So wie Gas recht schnell einen Raum einnehmen kann, kann ein Thema, eine Diskussion sehr schnell den kompletten Raum eines Meetings einnehmen, obwohl es eigentlich noch nicht einmal auf der Agenda stand.

  • Außerdem ist es hilfreich, die zur Verfügung stehenden Medienkanäle bewusst zu sortieren, gerne auch mit dem gesamten Team! So ist klar, dass E-Mails und Messages keine direkte und sofortige Antwort bedürfen, weil sie eben asynchron sind. Habe ich ein Thema, das sofortige Reaktion bedarf, muss ich einen synchronen Kanal nutzen.

  • Begleitkommunikation ist in jedem Fall hilfreich und Miro Boards oder andere Social Collaboration Tools können für so viel mehr als nur für Ergebnisprotokolle genutzt werden.

  • Des Weiteren ist es ausgesprochen hilfreich das Wissen im Team transparent zu machen, zu dokumentieren und dafür zu sorgen, dass jeder im Team weiß, wo etwas abgelegt ist, bzw. wo er/sie etwas finden kann. In der guten alten Zeit reichte dafür ja der kurze Ruf Richtung Nachbarschreibtisch. Heute muss es ja direkt eine E-Mail sein, oder doch besser gleich ein Anruf?

Und manchmal hilft nur eins…

Auch bei perfekt vorbereiteten und dokumentierten Meetings kann es trotzdem sein, dass es Menschen gibt, die vor lauter Meeting-Marathon nicht wirklich konzentriert dazu kommen, ihrer eigentlichen Arbeit nachzugehen. In diesen Fällen hilft nur eines: Meetings minimieren. Wie ich das machen? Als erstes ist es sinnvoll sich bei jedem Meeting, dass man einplant, kurz zu fragen, was denn wohl passiert, wenn dieses Meeting nicht stattfindet. Ist die Antwort “nichts”, ist die Sache bereits im Vorfeld ziemlich klar! Zusätzlich ist es auch nach jedem Meeting sinnvoll, sich zu fragen, wie hilfreich dieses Meeting war. Hierzu kann man eine einfache Skala von 1 bis 10 nutzen (1 wäre absolut unnötig und nicht hilfreich und 10 wäre sehr, sehr hilfreich) und die Teilnehmer am Ende kurz befragen, um so für die Zukunft zu lernen und ein Gespür dafür zu bekommen, welche Meetings wirklich hilfreich und notwendig sind und welche eben nicht. Ganz nebenbei bemerkt kann es durchaus sein, dass es Kaffeeklatsch-Meetings gibt, die als wichtiger und notwendiger eingestuft werden, als Meetings zum fachlichen Austausch. Dann ist das eben so und sollte unbedingt im Arbeitskontext und im Rahmen der Absprachen berücksichtigt werden. Denn Menschen haben wie bereits erwähnt nicht nur das Bedürfnis, sich fachlich auszutauschen, sondern auch auf der Beziehungsebene Zugehörigkeit zu empfinden. In hybriden oder virtuellen Settings sollte man sehr genau darauf achten, beiden Seiten gerecht zu werden. Es ist wichtig, immer wieder ins Team reinzuhören, ob da gerade ein Bedürfnis dominanter ist, als das andere. Oft verschiebt sich das in regelmäßigen Abständen. Darauf gilt es dann zu reagieren. Denn bei all dieser Technisierung unserer Welt ist und bleibt der Schlüssel zu Erfolg unserer Systeme der Mensch in all seinen Farben und mit all seinen Emotionen und Bedürfnissen!

Habt einen schönen Sonntag.

Eure Constance

PS: Zum Anschluss noch kurz Werbung in eigener Sache: In dieser Woche veröffentlicht der Blog von t2informatik einen Gastbeitrag von mir! So please watch out!!!

Homeoffice!

Der kommunikative Segen oder der ganz große Wahnsinn?