Unternehmenskultur

Richtige Kommunikation im Business: Wieviel Klarheit und wieviel Taktgefühl sollten es sein?

Kognitive Diversität immer und überall…

Kommunikation ist gefühlt immer Teil des Problems. - Und natürlich auch immer elementarer Teil der Lösung. Wir interpretieren, wir verallgemeinern, wir lassen Dinge weg, fügen Dinge hinzu, wir gehen davon aus, dass das, was für uns völlig klar ist, auch für alle anderen klar sein muss und öffnen somit Tür und Tor für Missverständnisse. Wir reden aneinander vorbei, laufen im festen Glauben an einem Strang zu ziehen in völlig unterschiedliche Richtungen! Tolle Voraussetzungen für ein gut funktionierendes Team.

Die Gründe für dieses Tohuwabohu im kommunikativen Miteinander sind so vielfältig wie die Tiere des Meeres oder die Vögel am Himmel. Würde man diese Gründe auf einen gemeinsamen Nenner bringen, würde ich diesen mit der kognitiven Diversität von uns Menschen umschreiben. Wir alle nutzen ein und die selbe Sprache ganz unterschiedlich. Wir kommunizieren auf unterschiedlichen Ebenen, haben unterschiedliche Ansätze, wie wir Information kodieren und dekodieren. Bücher wurden darübergeschrieben und ich denke manchmal wir haben das Phänomen der Kommunikation noch immer nicht gänzlich umrissen. Somit ist mein Ansatz, in kleine Bereiche tiefer einzutauchen und sie etwas isolierter zu betrachten, auch wenn eine isolierte Betrachtung natürlich immer auch lückenhaft ist. Für diesen Artikel habe ich mir vorgenommen dem Phänomen “Taktgefühl vs. Klarheit” im Business-Kontext ein klein wenig auf den Grund zu gehen.

Kulturelle Aspekte treffen auf individuelle Bedürfnisse

Besonders auffällig ist der Hang zu Klarheit oder verklausulierte Höflichkeit, wenn Menschen unterschiedlicher kultureller Hintergründe aufeinandertreffen. Wir Deutschen gelten hierbei als sehr klar und Klartext-freudig, werden deshalb gerne auch mal als unhöflich, taktlos oder unfreundlich wahrgenommen, während beispielsweise in England sehr verklausuliert, vorsichtig und ritualisiert vorgegangen wird, wenn es um ein konstruktives Feedback geht, oder darum auszudrücken, dass man mit Etwas nicht zufrieden ist. Auf uns Deutsche wirkt das häufig wie eine Art nebulöses um den heißen Brei herumreden. Ich erinnere mich an einen Vorfall bei einem internationalen Unternehmen, in dem ein deutsches Projektteam nach England berichtete und auf alle Updates die Rückmeldung “quite good!” erhalten hat. Also arbeiteten sie weiter in die gleiche Richtung. In England wuchs der Unmut, weshalb die Deutschen das taten. “Quite good!”, also ziemlich gut, ist die landläufig höflich angemessene Art zu erklären, dass einem eine Entwicklung missfällt. Das Ding eskalierte schließlich. In Deutschland war man empört, dass die Engländer immer nur so nebulös rumschwafelten und in England war man sich einig, dass die Unhöflichkeit der Deutschen komplett unangemessen sei…

Was irgendwo unterwegs auf der Stecke geblieben war, war das Bewusstsein, dass die Deutschen einfach nur klar und deutlich sein wollten, um das Projekt voran zu bringen und die Engländer taktvoll sein wollten, um Niemandem auf persönlicher Ebene vor den Kopf zu stoßen. Beides aus meiner Sicht sehr lobenswerte Ansätze im Businesskontext. Leider treibt unser Grundbedürfnis nach Zugehörigkeit uns Menschen häufig dazu uns als Vertreter unserer jeweiligen Gruppen zu sehen. Ein Die-und-Wir entsteht fast automatisch. Das heißt wir empfinden das Verhalten der anderen als direkten Angriff unserer Identität. Die jeweils andere Herangehensweise wird nur noch in einer Art entwertender Übertreibung wahrgenommen. So gibt es hier wie auf der schönen Insel jenseits des Ärmelkanals gar wundervolle Karikaturen des unhöflichen Deutschen und des nebulös steif herumdrucksenden Engländers…

Wieviel Taktgefühl sollte es denn nun sein?

Nun ist das Beispiel Deutschland-England ein recht drastisches. Wenn wir über Diversität sprechen, neigen wir häufig dazu, uns auf die plakativen Themen wie Geschlecht oder Herkunftskultur zu stürzen, dabei gibt es auch bei Menschen gleichen Geschlechts und gleicher Herkunft unterschiedliche Bewertungen zum Thema Klarheit vs. Höflichkeit. Ich erlebe hierbei unternehmenskulturelle Färbungen, teamkulturelle Färbungen und selbstverständlich erlebe ich auch auf Ebene des Individuums unterschiedliche Bedürfnisse was Klarheit und Achtsamkeit im Umgang miteinander anbelangt. Aus diesem Grund lässt sich eine Grenze zwischen Klarheit und Unhöflichkeit, zwischen taktvoller Achtsamkeit und unklarem Herumdrucksen nicht eindeutig ziehen. Die Bedeutung der Nachricht bestimmt am Ende immer der Empfänger, weshalb es wichtig ist, über Themen wie Feedbackkultur bereits auf Teamebene zu sprechen. Wieviel Klarheit braucht es? Auch an wichtigen Schnittstellen jenseits des eigenen Teams ist es in einem komplexen Umfeld unabdingbar, mit dieser Thematik transparent umzugehen. Die wichtigste Voraussetzung dafür ist es jedoch zu verstehen, dass keiner dieser beiden Pole absolut gut oder absolut schlecht ist. Zum Problem wird beides, wenn es in meiner Wahrnehmung zu einer entwertenden Übertreibung wird. - Wird aus dem positive Ansinnen achtsam und respektvoll mit mir als Mensch umgehen zu wollen ein unklares, nebulöses Herumschwafeln und wird aus einer ergebnisorientierten Klarheit kränkende Direktheit haben wir plötzlich ein Thema. Aber wie gesagt, zum Glück bestimmt die Bedeutung der Nachricht wie gesagt immer der Empfänger und da wir ja alle wohlwollend und großzügig sind, wird uns eine derartige Fehldeutung natürlich nicht unterlaufen. -Oder doch?

In diesem Sinne wünsche ich euch allen einen harmonisch klaren Sonntag gespickt mit Taktgefühl und Klartext! Ich habe mich entschieden, es heute bei einem ganz kurzen Impuls zu belassen. Es müssen ja nicht immer Tausende von Worten sein um den ein oder anderen Perspektivwechsel anzuregen. Vielmehr wünsche ich mir heute noch etwas Zeit, mich auf meine Couch zurückzuziehen, denn dieses Wochenende steht für mich ausnahmsweise mal nicht unter dem Stern des Coachings und der Weiterentwicklung. Mein kleiner Bruder hat an diesem Wochenende geheiratet und da ist mir spontan mal wieder aufgefallen, dass es Wichtigeres gibt, als das Big Business. Ist da nur ausreichend Liebe in unseren Herzen machen wir uns über diese Feinheiten zwischen Taktgefühl und Klarheit ohnehin keinen Kopf, denn dann ist alles ganz einfach, ganz klar und taktvoll empathisch!

Vielleicht habt ihr ja in der nächsten Woche Lust, euer ganz persönliches Spannungsfeld zwischen Klarheit und kränkender Direktheit, zwischen Taktgefühl und nebulösem Geschwafel ein wenig zu erforschen und macht es heute wie ich: Ab auf die Coach und den Sonntag genießen…

Eure Constance

Kommunikation ist immer Teil des Problems

Wieviel Klarheit darf es sein?

Führung von unten leicht gemacht! - Das Phänomen der "Unterwachung"

Wer führt, wird geführt!

-Die Frage ist nur durch wen! Selbst in den hierarchischsten Organisationen findet Führung nicht nur in eine Richtung, nämlich in der Hierarchie nach unten, statt, sondern immer auch von unten nach oben. Offiziell und formell werden Entscheidungen zwar an der Spitze der Organisation getroffen aber die Informationen, auf deren Grundlage die Entscheidungen getroffen werden, kommen von “unten”. So hat die Basis eines Unternehmens großen Einfluss auf ihre Führenden. Dieses Phänomen bezeichnete der große Systemtheoretiker Niklas Luhmann als “Unterwachung”. - Eine systemische Dynamik, die für Chefs und Organisationen geradezu überlebenswichtig ist, sagte er. Das tiefe Eintauchen in Themen ist für Führende häufig ein viel zu großer Aufwand und ich als Coach unterstütze daher die Aussage, dass die Führungskraft stets der/die schlechteste Fachexperte oder -Expertin sein sollte. Diese Aussage stammt übrigens von meiner Chef-Chefin und ich liebe sie für diese Haltung! Aber woher kommt dann die Grundlage für viele Entscheidungen? -Richtig, von “unten”!

Wann Führungskräfte wie tief in die einzelnen Themen einsteigen, ist selbstverständlich ihnen überlassen. Allerdings können sie selbst bei größter Detailorientierung ihre Nasen nur in das stecken, was ihren Horizont auch erreicht. Hierbei muss ich direkt an Gunther Schmidt denken, der mich gelehrt hat, die Macht und den Einfluss von Assistenzen nicht hochgenug einzuschätzen und zu würdigen. Sie sind die Türsteher, die gnadenlos filtern. Das tun sie nicht aus Spaß, sondern weil auch sie Luhmanns Theorien unbewusst verinnerlicht haben: “Würden Untergebene alle Probleme nach oben geben, wären ihre Vorgesetzten verloren”, hat Luhmann dereinst geschrieben. Somit haben Assistenzen und Business Manager natürlich immer auch einen kleinen “Schutzauftrag” und bestimmen gleichzeitig die Strategien eines Unternehmens ziemlich machtvoll mit, indem sie die Chefin oder den Chef strategisch “unterwachen”.

Warum wir alle früher oder später “unterwachen”

Sicher gibt es unterschiedliche Gründe für “Unterwachung”. Ich möchte euch gerne drei vorstellen, Vielleicht findet ihr euch ja irgendwo wieder. Ich persönlich habe mich bei allen dreien schon ertappt:

  1. Die Form der “Unterwachung”, die ich gerne als altruistisch bezeichne: Hier geht es um das Wohl der Organisation, der Abteilung oder des Teams. Man unterliegt der Annahme, die ein oder andere Entscheidung nach Möglichkeiten von der Führung fern zu halten, weil man glaubt, die Mitarbeitenden haben einen besseren Blick für die große Gemengelage und ein besseres Verständnis dafür, was auf Arbeitsebene zu tun oder nicht zu tun ist.

  2. Die Form der “Unterwachung”, die ich als strategisch-egoistisch bezeichne: Haben wir nicht alle schon einmal Entscheidungen bewusst in eine Richtung beeinflusst, weil uns diese strategisch und in Hinblick auf unsere eigenen Weiterentwicklung besser passt?

  3. Die Form der “Unterwachung”, die ich als ausgesprochen ressourcenorientiert bezeichne, weil sie zu einem entspannten Arbeitsalltag beiträgt: Halte ich den Chef mit Aufgaben beschäftigt, die mir nicht wehtun, lässt er mich ansonsten in Ruhe vor mich hinarbeiten.

In der Realität treten diese drei Arten für gewöhnlich als Mischform auf, da das eine häufig mit dem anderen zusammenhängt.

Und dann bilden sich “Unterwachungs-Netzwerke”

Da die Zufriedenheit im Team häufig eine wichtig Basis für meinen individuellen Erfolg darstellt und der Wunsch in Ruhe arbeiten zu können, direkt auch auf die Zufriedenheit im Team bzw. das Wohl der Organisation einzahlt, bilden sich für gewöhnlich ganz automatisch und wie von Zauberhand ganze “Unterwachungs-Netzwerke”. Kaffeeküchen oder Kantinen sind hierbei willkommene Geburtshelfer. Inzwischen tun es aber auch Teams-Kanäle oder Skype!

Laut Luhmann lässt sich das Phänomen der “Unterwachung” nicht unterbinden. Es ist eine Dynamik die in dem Moment losgetreten wird, in dem sich Menschen in hierarchisch organisierten Gruppen zusammenfinden und ist wahrscheinlich so alt wie die Menschheit selbst. Er bezeichnet dieses Phänomen als “brauchbare illegale Verhaltensweise”, die sich jenseits der Formalstruktur einer Organisation ausbildet und einen wertvollen Beitrag dazu leistet, die Organisation am Laufen zu halten. Als Führungskraft würde mir an dieser Stelle erst einmal angst und bange werden. Ist das Ziel doch meistens eher Verantwortung und Macht, vielleicht sogar Kontrolle und weniger Fremdbestimmung in Kombination mit Verantwortung. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, sich der unterschiedlichen Machtressourcen seines Team bewusst zu sein, um diese entweder für sich zu nutzen, oder bewusst punktuell gegenzusteuern. Generelle Gegensteuerung ist nicht möglich, sagt nicht nur Luhmann!

Teams haben hierbei die Macht, die Themen, die nach “oben” kommen zu filtern. Heute wird dieses Vorgehen auch gerne als “Nudging” bezeichnet: Ich habe eine gewünschte Variante und stelle dieser Variante zwei ziemlich blödsinnige Optionen zur Seite. Die dritte vielleicht ähnlich erfolgsversprechende Variante lasse ich weg, weil sie nicht meinen Wünschen entspricht. Wer trifft hier wirklich die Entscheidung? Die Chefin oder der Chef, oder die Person, die die Optionen auswählt?

Eine weitere Macht ist diejenige, die meine Chef-Chefin geradezu ins Schaufenster stellt, indem sie sagt, dass die Führungskraft für gewöhnlich die schlechteste Expertin oder der schlechteste Experte ist. - Es ist die Macht des Fachwissens. Diese Macht hat sich seit der Veröffentlichung von Luhmanns Systemtheorien in den 70ern und 80ern noch verschärft, da Businesswissen in einer zunehmend digitalen Welt nun auch noch durch IT-Wissen ergänzt werden muss. Luhmann würde nicht skandieren “IT’ler an die Macht!”, sondern “IT’ler an der Macht!”.

Die dritte große Macht über die Mitarbeitende verfügen, ist die, die Perspektive auf das Thema zu bestimmen. Und machen wir uns nichts, vor, wir alle haben schon einmal Informationen cheftauglich eingefärbt!

Die vierte und letzte Macht, die Mitarbeitende in diesem Zusammenhang haben, ist etwas anders gelagert, als die ersten drei, aber ein verdammt spannendes Tool der “Unterwachung”: Es ist die Macht, Probleme bewusst nach oben abzugeben, denn auch Chefinnen und Chefs müssen ja beschäftigt bleiben, nicht dass sie ihre Nase doch in meine Themen stecken…

“Unterwachung” als bewusstes Prinzip der Zusammenarbeit in modernen Unternehmensstrukturen

Tja, liebe Führungskräfte, da bleibt man doch am Montag besser mal im Bett! Man denkt, man führt, gestaltet, hat neben der Verantwortung auch Macht und dann kommt da so ein wild gewordener Soziologe und Gesellschaftstheoretiker daher und führt einem vor Augen, dass man am Ende doch ziemlich fremdbestimmt agiert. Schlimmer noch, es sind die, die wir dachte zu führen, die uns fremdbestimmen und manipulieren! Aber Kopf hoch, die Realität ist deutlich weniger tragisch als sich das Prinzip der “Unterwachung” im ersten Moment liest. Nehmen wir zum Beispiel die Vorstandsassistentin, die “unterwacht” um auf den Chef aufzupassen. - Ich kannte mal eine, die sogar ein Blutdruckmessgerät in ihrem Schreibtisch hatte. - Für Notfälle. Wie fürsorglich. Und auch ich ertappe mich meistens aus sehr fürsorglichen Gründen dabei, meine Chefin zu “unterwachen”! - Liebe Grüße an dieser Stelle! Ich weiß, dass sie meine Artikel immer mal wieder liest! Und ich weiß, dass die “Unterwachung” meinerseits für meine Führungskraft völlig OK ist. Denn kluge Führungskräfte und kluge Unternehmen sind sich diesem unvermeidbaren Phänomen bewusst und haben es umgedreht um es für sich zu nutzen. Sie nennen es “Empowerment” und bezeichnen es als eine der wichtigsten Antworten auf ein zunehmend dynamisches und komplexes Marktumfeld. Kein Mensch kann mehr alles verstehen, wissen, können, mitbekommen. Es braucht Teams, Teams die Höchstleistungen erbringen. Und schaut man sich an, welche Zutaten ein High Performance Team braucht, findet sich da nicht nur Kommunikation, Konfliktfähigkeit, ein gemeinsames Ziel und kognitive Diversität, sondern auch Eigenverantwortung (also den Mut zu “unterwachen”) und Führung. Es braucht Führungskräfte, die “empowern”, die sich bewusst “unterwachen” lassen, weil sie zum einen wissen, dass es ohnehin stattfindet und zum anderen darauf vertrauen, dass die “Unterwachung” im positivsten Sinne stattfindet, weil sie am Ende doch nicht alles mitbekommen oder wissen können.

Vertrauen, da ist es wieder: Die Basis für Empowerment oder eine positive “Unterwachung”, die eine Organisation erfolgreich am Laufen hält, ist Vertrauen. Bereits in den 1980er Jahren schreibt Luhmann, dass “Unterwachung” am wirkungsvollsten sei, wenn sie in vertrauensvolle Kooperation eingebettet sei, indem “jede Seite, im Interesse der besonderen Macht über den anderen, dessen Macht schont und beachtet.” Danke Niklas Luhmann! Inzwischen wurde Amy C. Edmondson zum zweiten Mal in Folge mit dem Thema Vertrauen, oder Psychological Safety, zur wichtigsten Vordenkerin in der Wirtschaft gewählt und Studienreihen wie das Projekt “Aristoteles” von Google belegen, dass die Leistung eines Teams oder einer Organisation mit dem subjektiv empfundenen Vertrauen der einzelnen Mitglieder anwächst.

Liebe Führungskräfte, ihr könnte “Unterwachung” nicht unterbinden. Ich würde sogar so weit gehen und behaupten, dass der Versuch der Unterbindung die “Unterwachung” nur noch größer werden lässt. Ihr könnt sie aber umdeuten und aus ihr Empowerment machen. Ja, dieser Schritt braucht Mut, vor allem aber eine vertrauensvolle Teamkultur. An dieser Kultur könnt ihr bewusst arbeiten. - Und sollte ihr nicht so richtig wissen wie, dann unterstützen euch systemische Coaches und Berater wie ich sicher gerne!

Liebe Mitarbeitenden, ihr seid mit Nichten Machtlos! Im Gegenteil, ihr seid sogar sehr machtvoll. Luhmann hätte in diesem Zusammenhang den Tipp, dass Macht auch immer mit Verantwortung einher gehen sollte. Nutz eure Macht, aber nutzt sie verantwortungsvoll, achtsam und im Sinne aller!

Habt einen schönen Sonntag.

Eure Constance

Unterwachung…

Lass dich nicht zum Narren machen! Wer führt wird geführt.

Sind wir die, die unendlich viel wissen und nichts mehr verstehen?

Die Suche nach Bedeutsamkeit

Nach meinem Workshop an der Uni in Maastricht Anfang Dezember schrieb mich eine der Studentinnen an. Sie untersucht im Rahmen ihrer Masterarbeit den Zusammenhang zwischen dem Konzept der “Job Meaningfulness”, also welche tiefere Bedeutung oder welchem Sinn wir unserem täglichen Tun geben, und Business Coaching. -Oder kurz gesagt welche Rolle Meaningfulness im Business Coaching spielt. In einem ersten Austausch zum Thema habe ich Jana spontan geantwortet, dass für mich als Coach die wichtigste aller Fragen, im Business wie auch privat, “Wofür?” ist. In einer zunehmend komplexen und immer dynamischeren Welt läuft der Mensch immer deutlicher Gefahr, die Richtung zu verlieren. Dieser Verlust an Richtung hat unterschiedliche Auswirkungen. Ich weiß, dass Burnout ein sehr vielschichtiges Krankheitsbild darstellt. Aber ich persönlich glaube nicht, dass Menschen primär ausbrennen, weil sie zu viel arbeiten, sondern weil sie nicht verstehen, wofür das alles gut sein soll. Wenn ich das Hamsterrad am Laufen halte, um das Hamsterrad am Laufen zu halten, kann das definitiv zu Frust, Demotivation und depressiven Verstimmungen führen. Ich erinnere mich noch daran, wie ich das Thema “Social Change in Human Factors” für einen Workshop in der Luftfahrt beleuchtet habe. Damals, in den achtziger Jahren, war, so glaube ich mich zu erinnern, Volvo das erste “Fließbandunternehmen”, das verstanden hat, dass Mitarbeitende bessere Leistungen erbringen, weniger krank und zufriedener sind, wenn sie den Sinn und Zweck ihrer Arbeit im Kontext des großen Ganzen verstehen und nicht einfach tagein, tagaus die gleiche Schraube ins gleiche Loch drehen um die Schraube ins Loch zu drehen. Der Mensch hat ein intrinsisches Bedürfnis nach Bedeutsamkeit und Sinn. -Und kann auch nur so Höchstleistungen erbringen. Die Straße zum Erfolg ist somit also mit magischer Bedeutsamkeit gepflastert.

Auch im Rahmen von Entscheidungsfindungsprozessen spielt das Wofür, bzw. das Ziel oder die Bedeutung hinter der Entscheidung eine wichtige Rolle. Leider fehlt es uns im Alltag scheinbar immer wieder an Zeit, uns die Wofür-Frage zu stellen. Als Coach im Business-Kontext biete ich meinen Kunden, Einzelkunden, wie auch Teams oder ganzen Organisationsstrukturen, den Raum, sich dahingehend zu reflektieren. Mein “Wofür” als Coach sehe ich vor allem auch darin, Menschen dabei zu unterstützen, in einer unübersichtlichen Welt, die im Außen immer weniger Orientierung bietet, ihre Orientierung im Innen zu finden, ihren inneren Kompass, der dem eigenen Tun im Einklang mit individuellen Werten und Glaubenssätzen Sinn oder Bedeutung gibt. Denn machen wir uns nichts vor: Am Ende möchte niemand von uns ganz und gar bedeutungslos sein. So kann es die Bedeutung sein, die unseren Entscheidungen in einer mehrdeutigen und unübersichtlichen Welt die nötige Richtung gibt.

Ich bin sehr gespannt auf mein offizielles Interview im Rahmen von Janas Forschung und natürlich auf ihre Ergebnisse.

“… randvoll mit Wissen aber mager an Erkenntnis.”

So ging ich also in die Weihnachtszeit. Das Thema “Bedeutung” hat mich aber nicht mehr losgelassen. Warum, oder WOFÜR braucht es Armadas von Coaches, die Menschen dabei unterstützen ihre Richtung zu finden? Offensichtlich haben sich meine werten Kolleginnen und Kollegen ähnliche Gedanken gemacht. Vielleicht sind diese Gedanken Teil des Zeitgeistes… Bei LinkedIn bin ich über ein Zitat von Roger Willemsen gestolpert, das mit folgenden Worten endete: “Wir waren jene, die wussten, aber nicht verstanden, voller Information, aber ohne Erkenntnis, randvoll mit Wissen, aber mager an Erkenntnis.” Oder wie Oscar Wilde es viele Jahre zuvor ausdrückte: “We read too much to be wise.” Und auch damit stand der von mir so verehrte Wilde nur in der Tradition einer Erkenntnis, die noch viel älter war. “Sapere Aude!” -”Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen,” rief Immanuel Kant der Menschheit bereits 1784 zu. Aber was ist, wenn wir glauben, keine Zeit mehr zu haben, um zu denken. Unser Verstand ist langsam und träge. Das hat schon Daniel Kahneman ausführlich beschrieben.

In einer zunehmend digitalen Welt, in der Informationen in einer ungefilterten Flut überall und stets verfügbar sind, sind wir alle dazu verführt zu konsumieren, was das Zeug hält. Nehmen wir uns die Zeit, alles das in einen Kontext zu setzen, darüber zu reflektieren, uns bewusst zu werden, was das alles denn nun wirklich für uns bedeutet? -Wofür das alles hilfreich oder hinderlich ist? Ich kann nur für mich sprechen, aber mir fällt es durchaus schwer, mir dieses Zeit zu nehmen, weil ich immer wieder behaupte, dass ich sie nicht habe.

Die Stilblüten dieses Verhaltens nehmen wir meiner Meinung nach inzwischen selbst in höchsten politischen Diskussionen wahr. Vor ein paar Tagen sagt der Präsident des Verfassungsschutzes in einem Bericht der guten alten Tagesschau (ich bin super “old school” was meinen eigenen Medienkonsum betrifft!), dass er unsere Demokratie in Gefahr sieht! “Hoppala,” dachte ich mir. Die schweigende Masse müsse sich erheben. Und wahrscheinlich hat der damit irgendwie recht. Aber nun stelle ich mir vor, dass auch noch die schweigende Masse auf allen Kanälen ihre Meinung kundtut. Das entschleunigt in keinster Weise. Vielleicht trägt genau das sogar zu einer weiteren Eskalation bei.

Informationsflut bis zum Ende der menschlichen Freiheit?

Wie sollen wir als Gesellschaft nun umgehen mit diesem Überangebot an ungefilterter Information in einer Welt, die sich immer schneller zu verändern scheint? Die Diskussionen über die Kontrolle sozialer Medien oder über den Umgang mit künstlicher Intelligenz sind allgegenwärtig und ich merke, dass ich absolut zwiegespalten bin. Meine Freiheit (auch in Hinblick auf die Wahl meiner Informationskanäle) ist einer meiner höchsten Werte und bei dem Wort Medienkontrolle oder Zensur dreht sich mir der Magen um. Gleichzeitig denke ich an Kant: Für ein friedliches und erfolgreiches gesellschaftliches Miteinander braucht es vor allem auch Weisheit. Nun ist es so, dass wir ganz so wie Oscar Wilde es beschrieben hat vielleicht wirklich zu viel lesen, hören, sehen um wirklich weise zu sein. Was uns fehlt ist die Zeit selbst zu denken, zu hinterfragen, die Ziele hinter den Zielen zu erkennen, weil die omnipräsenten Fragen “wie?”, “wann?” und “warum?” sind. Verloren geht das Wofür. Wäre es hilfreich, mediale Kommunikation stärker zu regulieren? - Um Masse und Komplexität zu reduzieren, damit sich wieder mehr Menschen die Frage nach dem Wofür stellen können? Keine Ahnung…

Zurück zum Business Coaching

Wie um alles in der Welt komme ich von der Frage nach der Bedeutsamkeit im Business Coaching auf das Ende der Demokratie? Inzwischen überrascht es mich nicht mehr, wenn meine Themen aus dem Business Coaching mich dahintreiben, die großen gesellschaftlichen Fragen zu beantworten. Denn am Ende ist auch Business oder Job eingebettet in etwas viel Größeres, das wir Zeitgeist oder Kultur nennen. Und wie immer lässt sich dieser Zeitgeist im Nachhinein immer leichter beschreiben. Die allgegenwärtig Informationsflut, die gefühlte Demokratisierung von Information, die inzwischen für jeden in Echtzeit verfügbar ist, zeichnet unsere Zeit aus meiner Sicht besonders aus. Chats und Mail fliegen hin und her und ermöglichen uns, dass alles viel, viel schneller passiert. Diese Dynamik wächst stetig an. Durch diese unfassbare Dynamik verändern sich die Dinge immer schneller. Getrieben durch Globalisierung hängt plötzlich alles mit allem zusammen und eine Veränderung in Wuhan legt mein Leben in einem Dorf bei Frankfurt gefühlt in Nullkommanix lahm…

Eingebettet in diesen Zeitgeist macht unser Business-Umfeld es uns nicht leicht, den Überblick zu bewahren, zumal schnelle Reaktionen überlebenswichtig sind. Entscheidungen müssen getroffen und umgesetzt werden, wieder und wieder und schneller als die Konkurrenz. Menschen suchen fast verzweifelt nach einem Wegweiser im Außen. Doch auch diese Wegweiser im Außen verändern sich schneller als wir sie finden können. Aus diesem Grund wird unser innerer Wegweiser zur gefühlt wichtigsten Konstante in unserem Leben, um die Richtung zu halten. Nennt es Purpose, Meaningfulness, Wofür… Die aus meiner Sicht wichtigste Fähigkeit, die wir Menschen benötigen um in dieser dynamischen, komplexen, mehrdeutigen und unübersichtlichen Welt, die wir nun wohl VUKA nennen, ist die, unseren eigenen Kurs zu halten. Ja, Organisationen geben ihr Bestes, mit Hilfe von Strategien, KPIs oder Purposes Bedeutung und Richtung zu geben. Aus meiner Sicht braucht es jedoch vor allem die eigene innere Richtung, die Bedeutung oder den Sinn, auf den ich mein Tun ausrichte, um mit Klarheit entschlossen durch dieses Chaos zu schreiten. Ich als Business Coach bin der Rahmen, den es braucht um aus der täglichen Raserei auszusteigen, innerzuhalten und das Wofür zu klären. Ist die Bedeutung, das Ziel hinter dem Ziel, geklärt, passiert der Rest häufig von allein.

Liebe Jana, liebe Lesende, natürlich geht es im Leben und im Business immer auch um Erfolg. Dieser Erfolg ist aus meiner Sicht jedoch eng verwoben mit dem Wofür, mit dem höheren Ziel (eines Individuums, eines Unternehmens, einer Gesellschaft). Somit ist der Weg zum Erfolg aus meiner Sicht mit der magischen Erkenntnis der Bedeutsamkeit gepflastert. Deshalb möchte ich euch zum Abschluss Willemsens vollständiges Zitat nicht vorenthalten: “ Wir hatten unserem Verschwinden nichts entgegenzusetzen, rieben uns auf im engen Horizont einer Arbeit, die ein Unternehmen stärker, erfolgreicher, effektiver machen sollte, aber nicht Lebensfragen beantwortete, die das Überleben sichern helfen würden. Wir waren jene, die wussten, aber nicht verstanden, voller Information, aber ohne Erkenntnis, randvoll mit Wissen, aber mager an Erkenntnis.”

Wachstum um des Wachstums Willen nennt man in der Medizin Krebs. Rennen um des Rennen Willens, schneller-höher-weiter hin zu einem Ziel, das keiner jemals definiert hat, ist vielleicht das Krebsgeschwür unseres Zeitgeistes.

Habt einen Sonntag voller Sinn und Bedeutung!

Eure Constance

Lasst es magisch werden…

Der Weg zum Erfolg ist gepflastert mit der magischen Erkenntnis der Bedeutsamkeit unseres Tuns.