Führung

Wenn Mitarbeitende nicht so wollen, wie es sich die Führungskraft vorstellt - Autopoiese und Metakommunikation

Die hohe Kunst der Führung aus hypnosystemischer Perspektive

In den letzten beiden Woche habe ich gleich drei Situationen erlebt, in denen mir in meiner Rolle als Coach und Berater die hypnosystemischen Ansätze rund um das Thema Führung ausgesprochen hilfreich waren. Außerdem ist meine letzte Weiterbildung bei Dr. Gunther Schmidt, dem Vater der Hypnosystemik, noch sehr präsent. Somit hat sich das Thema für meine neusten Blog wie von alleine ergeben. Ich möchte euch in dieser Woche ein paar sehr praktische Tools aus dem hypnosystemsichen Ansatz von Dr. Gunther Schmidt mit Blick auf das große Thema Führung und herausfordernde Gespräche mit Mitarbeitenden erläutern.

Die Mitarbeitenden wollen einfach nicht so wie ich!

Immer diese Renitenz… Eine Thematik die wahrscheinlich keiner Führungskraft fremd ist. Ich will links, die Mitarbeitenden weigern sich oder wollen partout rechts… Woran liegt das? Schon Luhmann hatte in seinen systemtheoretischen Betrachtungen hierfür eine einleuchtende Erklärung: Autopoiese ist das magische Wort! Hierbei handelt es sich um einen Ansatz aus der Neurophysiologie, der ins Deutsche übersetzt so viel bedeutet wie “Selbstherstellung” oder “die Hervorbringung von etwas als Werk seiner selbst”. Komplexe Systeme, das heiß in diesem Zusammenhang psychische Systeme (also einzelne Menschen) und soziale Systeme (also Teams, Gruppen, Organisationen, aber auch Familien), entwickeln sich aus sich selbst heraus und entscheiden somit auch frei und aus sich selbst heraus. Ich kann von außen bestenfalls Impulse oder Anreize geben. Die Richtung abschließend vorgeben kann ich nicht. Allerdings können meine Impulse so klug oder einleuchtend sein, dass die betrachteten Systeme eigenständig entscheiden in die Richtung zu gehen, die ich vorschlage.

Ich drücke es mal ganz platt aus: Glaubt bitte nicht, ihr könnte irgendjemanden zu etwas zwingen oder davon überzeugen, dass etwas toll ist, nur weil ihr es toll findet. Sowohl einzelne Mitarbeitende, als auch ganze Teams oder Organisationen bleiben selbstbestimmt, immer. Dieses Phänomen der Autopoiese von Sozialsystemen und psychischen Systemen ist der Grund weshalb in Veränderung professionelle Begleitung hilfreich ist und weshalb Mitarbeitende sich eben nicht einfach in eine gewünschte Richtung entwickeln nur weil die Chefin oder der Chef das einfordert.

Gespräche mit Mitarbeitenden als Werbegespräche

Basierend auf dieser absoluten Eigenständigkeit des menschlichen Geistes spricht Dr. Gunther Schmidt gerne von Werbegesprächen mit Mitarbeitenden. Ich kann niemanden zwingen, aber ich kann für ein bestimmtes Ziel werben. Wie in der Werbung muss ich mir im Vorfeld sehr genau Gedanken darüber machen, was ich an den Mann oder die Frau bringen möchte, wofür das hilfreich ist und wie genau meine Zielgruppe aussieht. Generell gelten diese Kernpunkte sowohl im Change Management mit Blick auf ein größeres System, als auch in der Auseinandersetzung mit einzelnen Mitarbeitenden, bei denen die Führungskraft die Notwendigkeit einer Veränderung wahrnimmt. In diesem Artikel möchte ich mich auf den zweiten Fall, das heißt die Auseinandersetzung mit individuellen Mitarbeitenden fokussieren. Das Thema Change Management und Autopoiese liefere ich zu gegebener Zeit nach.

“Feedback ist ein Geschenk!” - Oder so in der Art…

Wann immer es in Feedback- oder Entwicklungsgesprächen mit Mitarbeitenden darum geht, dass die Führungskraft aus ihrer Sicht veränderungsbedürftige Thematiken bei ihren Mitarbeitenden ansprechen möchte oder muss, fühlen sich aus meinem Erleben zumeist beide Beteiligten nicht wohl. Um nicht zu sagen sie sind gestresst. Mitarbeitende fühlen sich mit Blick auf die asymmetrischen Machtverhältnisse häufig ausgeliefert und auch die Führungskräfte spüren vermehrten Stress, weil sie ja niemanden kritisieren oder verletzen wollen. Wie also herangehen, an ein solches Gespräch?

Aus hypnosystemsicher Sicht geht es bei dieser Art Gespräch nicht darum, Fehler aufzuzeigen. Vielmehr liegt der Fokus darauf, wie jede und jeder möglichst zieldienlich, das heißt im größeren Sinne des Unternehmens, agieren kann um ein gemeinsames positives Ergebnis zu erzielen. Ich finde diese Grundhaltung ist per se schon einmal hilfreich.

Schritt eins: Vorbereitung ist alles

Im Vorfeld eines solchen Entwicklungsgesprächs kann ich nur jeden ermuntern, sich selbst ausführlich zu reflektieren, im Idealfall vielleicht sogar mit Unterstützung eines hypnosystemischen Coaches:

  • Welchen Sinn (welches “Wofür) möchte ich dem Gespräch geben? Welches Ziel verfolge ich in diesem Gespräch? - Hier hat es sich als hilfreich erwiesen, sich dieses Ziel möglichst genau, auch bildlich vorzustellen.

  • Wie genau nehme ich die Leistungen der/des Mitarbeitenden wahr? Was macht die/der Mitarbeitende besonders gut (Muster des Gelingens erkennen)? Wo genau sehe ich Verbesserungspotenzial und wie genau (das heißt anhand welches Verhaltens) werde ich eine Verbesserung oder Entwicklung in die aus meiner Sicht optimale Richtung wahrnehmen?

  • Welche Wirkmöglichkeiten habe ich in meiner Rolle als Führungskraft? Was müsste und könnte ich tun, wenn keine Veränderung eintritt? Ich kann wie gesagt niemanden zwingen, etwas Bestimmtes zu tun. Aber ich kann sehr wohl versuchen extrinsische Motivationen zu setzen, die dazu führen, dass sich jemand selbstständig, unter Abwägung alles relevanten Fakten, entschließt, sich in eine bestimmte Richtung zu entwickeln.

  • Wie kann ich mein eignes Erleben der/des Mitarbeitenden respektvoll und lösungsorientiert formulieren?

  • In welche Zwickmühlen bringt mich dieses Situation selbst? Häufig möchten wir als Menschen gar nicht unbedingt andere auf ihr Entwicklungspotenzial hinweisen, in unserer Rolle als Führungskraft, einhergehend mit der Verantwortung für die Unternehmensziele, kommen wir jedoch nicht drumherum, entsprechend vorzugehen. Oder ich kann als Mensch das unerwünschte Verhalten der/des Mitarbeitenden sogar nachvollziehen, darf es in meiner Rolle als Führungskraft jedoch nicht akzeptieren, bzw. tolerieren.

  • In welcher Rolle führe ich das anstehende Gespräch? - Hier gibt es im Unternehmenskontext nur eine richtige Antwort für all jene unter euch, die in Führungsverantwortung sind: Als Führungskraft! Was bedeutet das für das anstehende Gespräch und mich selbst? Was brauche ich um mit eventuellen Ambivalenzen oder Rollenkonflikten Ambivalenzen gut umzugehen?

Schritt zwei: Durchführung

Als Initiator des Gesprächs legt die Führungskraft zunächst das “Wofür” des Gesprächs und ihre/seine Wahrnehmung der zu besprechenden Umstände dar. Das sollte so transparent und ehrlich wie nur möglich geschehen. Auch eigene Zwickmühlen dürfen an dieser Stelle transparent gemacht werden.

Anschließend wird die/der Mitarbeitende dazu eingeladen, die eigene Einschätzung darzulegen. Wie geht es der/dem Mitarbeitenden mit dem “Wofür” des Gesprächs? Welches “Wofür” wäre aus ihrer/seiner Sicht noch wünschenswert? Was brauch sie/er, um dieses Gespräch als unterstützend zu empfinden?

Bezogen auf die konkreten Themen wird die/der Mitarbeitende eingeladen, eine eigene Einschätzung abzugeben um Parallelen oder Unterschiede zur Einschätzung der Führungskraft auszudeuten. Hierbei hat sich die Arbeit mit Skalen von eins bis zehn sehr bewährt. Wichtig: Hierbei geht es NICHT um die objektive Wahrheit, sondern um subjektive Einschätzungen. Hierbei hat subjektiv betrachtet natürlich jede/jeder Recht! Ich kann die Einschätzung der/des Mitarbeitenden aus ihrer/seiner Sicht durchaus respektieren und es trotzdem aus meiner Rolle heraus anders einschätzen.

Bei der Vereinbarung über die nächsten konkreten Schritte ist es hilfreich, auf den sogenannten Mustern des Gelingens der/des Mitarbeitenden, das heißt auf alles das, was bereits wünschenswert läuft, aufzubauen. Zusätzlich zu den konkreten Schritten, die es für die/den Mitarbeitenden zu gehen gilt, ist es hilfreich, eine gemeinsame Resonanzschleife zu vereinbaren. - Wann treffen wir uns wieder um zu schauen ob es in eine gewünschte Richtung geht und ob ich dich in meiner Rolle als Führungskraft zusätzlich unterstützen kann?

Schritt drei: Umgang mit Widerständen

Das Phänomen der Autopoiese lässt grüßen! Denn wie eingangs beschrieben: Egal wie perfekt ich ein solches Gespräch aufbaue entscheidet allein die/der Mitarbeitende, ob sie/er Willens ist, in die gewünschte Richtung zu gehen, oder eben nicht. Für diese Entscheidung ist eine breite Kenntnis aller Fakten von hoher Bedeutung. Das heißt, die/der Mitarbeitende sollte unbedingt wissen, wie ich in meiner Rolle als Führungskraft vorgehen muss, wenn es eben nicht zur gewünschten Entwicklung oder Veränderung kommt.

Sollte der Widerstand seitens der/des Mitarbeitenden spürbar sein, ist es im ersten Schritt wichtig, mit diesem Widerstand respektvoll aber trotzdem zielorientiert anzusprechen. Hier kann es hilfreich sein, in eine Art Metakommunikation zu gehen: “Aus deiner Sicht oder als Mensch kann ich deine Haltung gut verstehen oder nachvollziehen. Ich respektiere deine Sichtweise, die aus deiner Perspektive verständlich ist. In meiner Rolle als Führungskraft, mit der Verantwortung für (…) sehe ich das jedoch anders, oder muss ich folgendermaßen argumentieren: …” Wichtig ist im Rahmen dieser Metakommunikation mit einem sehr klaren Appell zu beschließen: “In meiner Rolle als Führungskraft brauche ich (…) von dir.” Ist der Widerstand nach wie vor spürbar kann ich wie folgt ergänzen: “Wenn ich bis dann und dann allerdings nicht den Eindruck habe, dass ich (…) von dir bekomme, werde ich so und so reagieren müssen, auch wenn ich das eigentlich gar nicht will. Denn in meiner Rolle bleibt mir leider keine andere Alternative. Wie gesagt, ich respektiere, dass du frustriert, wütend, anderer Meinung bist, dennoch brauche ich (…) von dir. Kann ich dich dabei unterstützen? Was brauchst du von mir um (…) zu liefern?” -So oder so ähnlich!

Die Kunst des respektvollen Miteinanders

Im Kontext von Führung und Team-Management ist Hynosystemik, so wie sie Dr. Gunther Schmidt aus den hypnotherapeutischen Ansätzen des großen Milton Erickson entwickelt hat, für mich die Kunst das respektvollen und achtungsvollen Miteinanders. -Im Organisationskontext mit zusätzlichem, starken Fokus auf ein gemeinsames Ziel. Ein respektvolles Miteinander bedeutet jedoch nicht Harmonie und Friede-Freude-Eierkuchen. Ein respektvolles Miteinander bedeutet einen achtungsvollen Umgang mit Unterschieden. Denn in diesen Unterschieden steckt nicht selten das Entwicklungspotenzial einer Organisation. Henry Ford hat einmal gesagt, dass wenn zwei Menschen immer der gleichen Meinung seien, einer von beiden überflüssig sei. Unterschiedliche Einschätzungen und Wahrnehmungen sind das Salz in der Suppe des menschlichen Miteinanders, weil die jeweils andere Perspektive das Potenzial hat, ausgesprochen horizonterweiternd zu sein. In Unternehmen kommen aus meiner Sicht zwei zusätzliche Aspekte zum Tragen, die diese unterschiedliche Wahrnehmung noch etwas spannender machen:

  1. In Unternehmen gibt es ergänzend zu unseren individuellen Zielen auch immer ein höheres, gemeinsames Ziel, das es ausgesprochen gut und deutlich zu kommunizieren gilt. Dieses gemeinsam “Wofür” muss klar sein. Denn im Kontext meines Wirkens innerhalb dieses Unternehmens sollte ich in der Lage sein, meine individuellen Ziele dem großen Ziel anzupassen. Passen meine Ziel so ganz und gar nicht zu diesem Unternehmensziel, oder kann ich mich diesem Ziel aus anderen Gründen nicht anschließen, bin ich gut beraten mich zu fragen, ob ich am für mich richtigen Ort wirke.

  2. In Unternehmen gibt es unterschiedliche Rollen die auch in sehr flachen Hierarchien an unterschiedliche Macht-Niveaus (und damit subjektiv empfundenen Verantwortungs-Niveaus) und unterschiedlich Aufgaben (und damit Interessen und Problemräume) geknüpft sind. Diese unterschiedlichen Rollen bringen uns nicht nur innerhalb einer Hierarchie, sondern auch in der Auseinandersetzung mit den diversen Stakeholdern dazu, nicht als Mensch, der viele Themen gut nachvollziehen und gerne auch mal die berühmten Fünfe grade sein lassen möchte, zu agieren, sondern aus unserer jeweiligen Rolle heraus, im Sinne des Unternehmens. Diese Zwickmühlen gilt es wahrzunehmen und im täglichen Miteinander zu kommunizieren und wertzuschätzen um dann eine gemeinsame Lösung im Interesse des Unternehmens zu finden. In einer komplexen Welt brauchen erfolgreiche Unternehmen unterschiedliche Perspektiven die in einer achtungsvollen Diskussionskultur aufeinandertreffen.

Wo geratet ihr regelmäßig in diese Zwickmühlen und wie geht ihr für gewöhnlich damit um? Und vor allem, wie geht es euch mit diesen Feedback-Gesprächen? Wie gebt ihr Feedback und was braucht ihr um Feedback anzunehmen? Ich bin sehr gespannt auf Rückmeldungen zum Thema eurerseits.

Habt einen schönen, hoffentlich nicht zu regnerischen Sonntag.

Eure Constance

Führung leicht gemacht

Lösungen gemeinsam erarbeiten

Der Glasklippen-Effekt: Über Frauen und Machtpositionen

Die Feministin in mir

Wahrscheinlich gibt es offensichtliche, auf der Hand liegende biologische Ursachen dafür, dass mich als Frau Themen rund um Frauen in Führungspositionen häufig deutlich emotionaler beschäftigen, als Themen rund um Männer in Führungspositionen. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass Frauen besonders in Senior-Management Positionen in meiner Wahrnehmung noch immer eine eher seltenere Erscheinung sind und meine Faszination für Raritäten einfach größer ist als für den subjektiv empfundenen Standard. Keine Ahnung… Ich weiß noch genau als ich damals in meiner Zeit als Stewardess mit Anfang zwanzig zum ersten Mal mit einer Kapitänin geflogen bin. Sie war nicht besonders nett, aber ich war tief beeindruckt. In den letzten 25 Jahren hat sich zum Glück nicht nur in der Luftfahrt Einiges getan und ja, diese unsichtbare Decke aus Glas, die Frauen wie von Geisterhand von einer bestimmten Ebene trennt, ist deutlich durchlässiger geworden, nicht nur in Flugzeugen. Ist diese gläserne Decke für Frauen ebenso durchlässig wie für Männer? Gefühlt nicht. Die Gründe dafür sind mannigfaltig und heute möchte ich darauf nicht eingehen. Zumal es dazu so viele Studien und so viele Meinungen gibt, dass ich nichts wirklich Neues zu berichten wüsste.

Vor einer guten Woche habe ich versucht meine Perspektive zum Thema zu wechseln und mir ganz genau anzuschauen aus welchen Gründen und in welchen Rahmenbedingungen es Frauen eben doch gelingt diese gläserne Decke zu durchbrechen und in Macht- oder Verantwortungspositionen zu gelangen. Ich habe versucht die Thematik ressourcenorientiert zu betrachten. Eigentlich wollte ich mir einmal mehr eine Haltung zum Thema Frauenquoten erarbeiten, da ich an dieser Stelle hin und her gerissen bin. Während meiner Recherchen bin ich jedoch auf eine Thematik gestoßen, die mir so vorher noch nicht begegnet ist. Genau diese Thematik möchte ich an diesem sonnigen Wochenende mit euch teilen.

Durch die Glasdecke der Macht geschossen um direkt über die gläserne Klippe zu springen?

Im Jahr 2005 waren es Michelle Ryan und Alexander Haslam von der University of Exter, die erstmals den Begriff der “Glass Cliff”, also der gläsernen Klippe in die Welt getragen haben. Ihren Forschungen zu Folge wartet auf Frauen, denen es erfolgreich gelungen ist, die gläserne Decke hin zu Führungspositionen zu durchbrechen überdurchschnittlich häufig einer Art gläserne Klippe über die man sie schließlich springen lässt. Die Forschungsergebnisse der beiden Wissenschaftler*innen zeigten eindeutig, dass Frauen eher in Führungspositionen gehoben werden, wenn das Unternehmen oder der Unternehmensbereich in einer schwierigen, unklaren, herausfordernden oder gar prekären Situation ist.

Die Erklärungsansätze für diesen Umstand sind mannigfaltig und leider nicht so schmeichelhaft wie: Frauen sind besonders gute Krisenmanagerinnen! Ein Ansatz hat mich sogar so sehr empört, dass ich für den Moment der Meinung bin, dass wir unbedingt Frauenquoten brauchen um diesen wie ich finde toxischen Geschlechterautomatismus zu durchbrechen. Ich habe euch mal drei unterschiedliche Erklärungsansätze mitgebracht. Wahrscheinlich lassen sich die Ergebnisse dieser Studie durch eine Mischung aller drei und sicher noch einiger anderer Faktoren erklären.

Ein Erklärungsansatz, den ich auch selbst spontan im Kopf hatte, lieferten Christy Glass und Ali Cook von der Utha State University. Die beiden beschrieben, dass Frauen und andere Minderheiten riskante Jobangebote häufig als einzige Möglichkeit sehen um sich weiterzuentwickeln. Je unattraktiver der Job, desto geringer die (männliche) Konkurrenz. Was mich ein wenig getroffen hat, ist, dass die beiden Damen von Frauen als Minderheiten gesprochen haben. Ich weiß sicher wie es gemeint war. Aber mal ehrlich Ladies, wir machen etwa 50 Prozent der Weltbevölkerung aus. Wir sind keine Minderheit! Und meine Herren, einige von euch würden sicher recht sparsam dreinschauen, wären wir Frauen tatsächlich eine Minderheit…

Einen zweiten Erklärungsansatz lieferte Alexander Haslam selbst. Für ihn ist einer der Gründe, weshalb Frauen eher als Männer bereit sind eine Glass-Cliff-Position zu akzeptieren, der, dass Frauen häufig keinen Zugang zu qualitativ hochwertiger Information und Unterstützung haben, die Führungskräfte normalerweise davor warnt, bestimmte Positionen anzunehmen. Frauen mangelt es laut Haslam häufig an einem entsprechenden Netzwerk und an hochkarätigen Unterstützern (hier habe ich mal bewusst aufs gendern verzichtet!).

Der dritte Erklärungsansatz hat es aus meiner Sicht in sich. Mir persönlich ging beim Lesen der Puls nach oben. Ich gestehe er hat mich richtig wütenden gemacht. Also Vorsicht beim Weiterlesen.

Die an der an der Universität von Houston lehrende Psychologieprofessorin Kristin J. Anderson beschreibt, dass Unternehmen Glass-Cliff-Positionen gerne an die Frau bringen, weil diese Unternehmen Frauen als “verbrauchbarere und bessere Sündenböcke” betrachten. Die Logik dahinter ist laut Anderson folgende: Ist die Frau wider Erwarten dann doch erfolgreich, ist das Unternehmen besser dran. Also alles fein. Scheitert die Frau, kann man ihr die Schuld geben und sich gleichzeitig dafür feiern lassen, wie geschlechtergerecht und fortschrittlich man ist, weil man einer Frau eine Chance gegeben hat. Und nachdem die Frau dann als Sündenbock entfernt wurde, könne man laut Anderson wieder zur alten Praxis zurückkehren und einen Mann benennen.

Meinen inneren Kriegspfad sinnvoll kanalisieren

Puh, da war ich aber angefressen. Mein kleine innere Emanze befand sich bereits wütend auf dem Kriegspfad. Besonders weil es kein Thema von 2005 ist. Klar könnte man meinen, die Studie sei im wissenschaftlichen Sinne uralt und die Welt habe sich weitergedreht. Ich bin auf die Thematik über einen sehr aktuellen Artikel von Michelle Ryan in der Financial Times aufmerksam geworden, in dem Ryan klar und deutlich darlegt, dass die Glasklippe für Frauen heute, das heißt 2024, so aktuell ist, wie sie es 2005 war.

So marschiert meine kleine innere Emanze also weiter und weiter und ärgert sich über all die Unternehmen, die es vielleicht sogar immer und immer wieder mit Frauenquoten versuchen und denen es jedoch trotz größter Bemühung einfach nicht gelingen will eine qualifizierte Dame für den Posten zu finden. Arme Unternehmen! Vorständinnen fallen eben nicht vom Himmel und wenn es auf der nicht medienwirksam vermarktbaren Ebene gläserne Decken und gläserne Klippen für Frauen gibt, die sich nebenbei noch mit Thematiken wie der Gender Care Gap auseinandersetzen müssen und mit einer recht hohen Wahrscheinlichkeit auch noch schlechter bezahlt werden, als ihre männlichen Kollegen, dann haben wir ein Thema, das so viel größer ist, als ein Quote. Aber vielleicht dient eine Quote als kleiner Türöffner. Denn eines sind Frauen, die wie gesagt keine Minderheit sind, sicher nicht: Schlechter!

In diesem Sinne wünsche ich euch allen, Männer und Frauen, einen sonnigen Sonntag. Lasst mich gerne wissen, wie ihr dieses Thema im eigenen täglichen Erleben wahrnehmt und ob ihr dieses Phänomen der Glasklippe bereits kanntet und wie ihr dazu steht. Vielleicht habt ihr ja noch andere Erklärungsansätzen? Oder vielleicht kennt ihr Beispiele aus dem eigenen Erleben?

Eure Constance

Glasklippe?

Wenn schon Klippen, dann klar erkennbar, damit man sie auch erfolgreich umschiffen kann…

Richtige Kommunikation im Business: Wieviel Klarheit und wieviel Taktgefühl sollten es sein?

Kognitive Diversität immer und überall…

Kommunikation ist gefühlt immer Teil des Problems. - Und natürlich auch immer elementarer Teil der Lösung. Wir interpretieren, wir verallgemeinern, wir lassen Dinge weg, fügen Dinge hinzu, wir gehen davon aus, dass das, was für uns völlig klar ist, auch für alle anderen klar sein muss und öffnen somit Tür und Tor für Missverständnisse. Wir reden aneinander vorbei, laufen im festen Glauben an einem Strang zu ziehen in völlig unterschiedliche Richtungen! Tolle Voraussetzungen für ein gut funktionierendes Team.

Die Gründe für dieses Tohuwabohu im kommunikativen Miteinander sind so vielfältig wie die Tiere des Meeres oder die Vögel am Himmel. Würde man diese Gründe auf einen gemeinsamen Nenner bringen, würde ich diesen mit der kognitiven Diversität von uns Menschen umschreiben. Wir alle nutzen ein und die selbe Sprache ganz unterschiedlich. Wir kommunizieren auf unterschiedlichen Ebenen, haben unterschiedliche Ansätze, wie wir Information kodieren und dekodieren. Bücher wurden darübergeschrieben und ich denke manchmal wir haben das Phänomen der Kommunikation noch immer nicht gänzlich umrissen. Somit ist mein Ansatz, in kleine Bereiche tiefer einzutauchen und sie etwas isolierter zu betrachten, auch wenn eine isolierte Betrachtung natürlich immer auch lückenhaft ist. Für diesen Artikel habe ich mir vorgenommen dem Phänomen “Taktgefühl vs. Klarheit” im Business-Kontext ein klein wenig auf den Grund zu gehen.

Kulturelle Aspekte treffen auf individuelle Bedürfnisse

Besonders auffällig ist der Hang zu Klarheit oder verklausulierte Höflichkeit, wenn Menschen unterschiedlicher kultureller Hintergründe aufeinandertreffen. Wir Deutschen gelten hierbei als sehr klar und Klartext-freudig, werden deshalb gerne auch mal als unhöflich, taktlos oder unfreundlich wahrgenommen, während beispielsweise in England sehr verklausuliert, vorsichtig und ritualisiert vorgegangen wird, wenn es um ein konstruktives Feedback geht, oder darum auszudrücken, dass man mit Etwas nicht zufrieden ist. Auf uns Deutsche wirkt das häufig wie eine Art nebulöses um den heißen Brei herumreden. Ich erinnere mich an einen Vorfall bei einem internationalen Unternehmen, in dem ein deutsches Projektteam nach England berichtete und auf alle Updates die Rückmeldung “quite good!” erhalten hat. Also arbeiteten sie weiter in die gleiche Richtung. In England wuchs der Unmut, weshalb die Deutschen das taten. “Quite good!”, also ziemlich gut, ist die landläufig höflich angemessene Art zu erklären, dass einem eine Entwicklung missfällt. Das Ding eskalierte schließlich. In Deutschland war man empört, dass die Engländer immer nur so nebulös rumschwafelten und in England war man sich einig, dass die Unhöflichkeit der Deutschen komplett unangemessen sei…

Was irgendwo unterwegs auf der Stecke geblieben war, war das Bewusstsein, dass die Deutschen einfach nur klar und deutlich sein wollten, um das Projekt voran zu bringen und die Engländer taktvoll sein wollten, um Niemandem auf persönlicher Ebene vor den Kopf zu stoßen. Beides aus meiner Sicht sehr lobenswerte Ansätze im Businesskontext. Leider treibt unser Grundbedürfnis nach Zugehörigkeit uns Menschen häufig dazu uns als Vertreter unserer jeweiligen Gruppen zu sehen. Ein Die-und-Wir entsteht fast automatisch. Das heißt wir empfinden das Verhalten der anderen als direkten Angriff unserer Identität. Die jeweils andere Herangehensweise wird nur noch in einer Art entwertender Übertreibung wahrgenommen. So gibt es hier wie auf der schönen Insel jenseits des Ärmelkanals gar wundervolle Karikaturen des unhöflichen Deutschen und des nebulös steif herumdrucksenden Engländers…

Wieviel Taktgefühl sollte es denn nun sein?

Nun ist das Beispiel Deutschland-England ein recht drastisches. Wenn wir über Diversität sprechen, neigen wir häufig dazu, uns auf die plakativen Themen wie Geschlecht oder Herkunftskultur zu stürzen, dabei gibt es auch bei Menschen gleichen Geschlechts und gleicher Herkunft unterschiedliche Bewertungen zum Thema Klarheit vs. Höflichkeit. Ich erlebe hierbei unternehmenskulturelle Färbungen, teamkulturelle Färbungen und selbstverständlich erlebe ich auch auf Ebene des Individuums unterschiedliche Bedürfnisse was Klarheit und Achtsamkeit im Umgang miteinander anbelangt. Aus diesem Grund lässt sich eine Grenze zwischen Klarheit und Unhöflichkeit, zwischen taktvoller Achtsamkeit und unklarem Herumdrucksen nicht eindeutig ziehen. Die Bedeutung der Nachricht bestimmt am Ende immer der Empfänger, weshalb es wichtig ist, über Themen wie Feedbackkultur bereits auf Teamebene zu sprechen. Wieviel Klarheit braucht es? Auch an wichtigen Schnittstellen jenseits des eigenen Teams ist es in einem komplexen Umfeld unabdingbar, mit dieser Thematik transparent umzugehen. Die wichtigste Voraussetzung dafür ist es jedoch zu verstehen, dass keiner dieser beiden Pole absolut gut oder absolut schlecht ist. Zum Problem wird beides, wenn es in meiner Wahrnehmung zu einer entwertenden Übertreibung wird. - Wird aus dem positive Ansinnen achtsam und respektvoll mit mir als Mensch umgehen zu wollen ein unklares, nebulöses Herumschwafeln und wird aus einer ergebnisorientierten Klarheit kränkende Direktheit haben wir plötzlich ein Thema. Aber wie gesagt, zum Glück bestimmt die Bedeutung der Nachricht wie gesagt immer der Empfänger und da wir ja alle wohlwollend und großzügig sind, wird uns eine derartige Fehldeutung natürlich nicht unterlaufen. -Oder doch?

In diesem Sinne wünsche ich euch allen einen harmonisch klaren Sonntag gespickt mit Taktgefühl und Klartext! Ich habe mich entschieden, es heute bei einem ganz kurzen Impuls zu belassen. Es müssen ja nicht immer Tausende von Worten sein um den ein oder anderen Perspektivwechsel anzuregen. Vielmehr wünsche ich mir heute noch etwas Zeit, mich auf meine Couch zurückzuziehen, denn dieses Wochenende steht für mich ausnahmsweise mal nicht unter dem Stern des Coachings und der Weiterentwicklung. Mein kleiner Bruder hat an diesem Wochenende geheiratet und da ist mir spontan mal wieder aufgefallen, dass es Wichtigeres gibt, als das Big Business. Ist da nur ausreichend Liebe in unseren Herzen machen wir uns über diese Feinheiten zwischen Taktgefühl und Klarheit ohnehin keinen Kopf, denn dann ist alles ganz einfach, ganz klar und taktvoll empathisch!

Vielleicht habt ihr ja in der nächsten Woche Lust, euer ganz persönliches Spannungsfeld zwischen Klarheit und kränkender Direktheit, zwischen Taktgefühl und nebulösem Geschwafel ein wenig zu erforschen und macht es heute wie ich: Ab auf die Coach und den Sonntag genießen…

Eure Constance

Kommunikation ist immer Teil des Problems

Wieviel Klarheit darf es sein?