Das Pippi-Langstrumpf-Prinzip Teil zwei: Selbstführung als Grundlage für Erfolg (und Glück!)

Pippi Langstrumpf - Idol für Generationen

Pippi Langstrumpf feiert in diesem Jahr schon ihren 75. Geburtstag und ist dabei unfassbar jung geblieben! Mich begleitet Pippi schon seit fast 40 Jahren. Ich wollte immer sein wie Pippi. Komisch, dass ich das auf dem Weg des Erwachsenwerdens irgendwie vergessen habe. Na ja, inzwischen habe ich die rothaarige Göre wieder für mich entdeckt und wer meinen Blog schon länger liest, kann sich vielleicht an meinen Artikel im April erinnert, in dem ich mich mit dem ersten Pippi-Langstumpf-Prinzip auseinandergesetzt habe (hier der Link zum Blog). Damals ging es um Wahrnehmung, Paul Watzlawick und Pippis Idee von Wirklichkeit, getreu dem Motto “ich mach mir die Welt, widde-widde, wie sie mir gefällt”. Vielleicht erinnert ihr euch auch einfach nur an meinen verzweifelten und semi-schönen Handstandversuch auf dem Foto, das meinen Artikel begleiten sollte! Wie dem auch sein, hier möchte ich, fast fünf Monate später, anknüpfen. Während es in meinem ersten Pippi-Artikel Artikel um Pippis Wahrnehmung, bzw. Interpretation ihrer Umwelt geht, soll es heute um Pippis Selbstwahrnehmung gehen. Deshalb hierzu erstmal das zweite Pippi-Langstrumpf-Prinzip:

“Wunderbar! Bezaubernd!” “Was findest du so bezaubernd?”, fragte Tommy. “Mich”, sagte Pippi zufrieden.
— Pippi Langstrumpf

Als ich dieses Zitat letzte Woche über meine Social Media Kanäle in die Welt geschickt habe (ich würde mich übrigens noch immer über ein paar Insta-Follower freuen), habe ich mir zunächst nicht so viel dabei gedacht. Ich war einfach fasziniert davon, wie man sich so konsequent selbst toll finden kann. Ich gehöre eher zu denen, die nie abschließend mit sich zufrieden sind, um nicht zu sagen, ich bin die ungekrönte Königin der Selbstkritik. Verdammt, wo zum Teufel ist dieses Mädchen hingekommen, für das Pippi die Größte war? Während ich mir also meine Gedanken über diese perfekt angepasste und sehr selbstkritische Frau machte, die mich Morgen für Morgen im Bad anschaut, wurde ich von den zahlreichen Reaktionen auf allen möglichen Kanälen ziemlich überrascht. Offensichtlich gibt es noch ein paar andere, die gerne auch ein kleines bisschen sein möchten, wie Pippi. Sich selbst zu lieben sei der Beginn einer lebenslangen Romanze, postulierte dereinst Oscar Wilde, der wilde Schwerenöter. Klar ist die Fähigkeit, kritisch mit sich selbst sein zu können und sein eigenes Handeln zu reflektieren unglaublich wichtig, um sich weiterzuentwickeln, aber die Selbstliebe darf hierbei aus zwei Gründen nicht auf der Strecke bleiben:

  1. Es fühlt sich einfach total gut an, sich selbst zu feiern und mit sich selbst vollkommen zufrieden zu sein. Ich erinnere mich an den 17. Mai 2018. Ich war bei einem Kunden in Stuttgart, um ein Training durchzuführen. Irgendwie war ich an diesem Tag so gut, dass ich in dem Moment, in dem sich die Tür des Kunden hinter mir geschlossen hat, meine Chefin angerufen habe, um ihr sofort zu erzählen, wie grandios ich war! Danach hatte ich am Flughafen noch etwas Zeit und weil ich das tiefe Bedürfnis verspürte, mich unbedingt feiern zu müssen, habe ich mir im Bistro hinter der Sicherheitskontrolle einen völlig überteuerten Mord-und-Schande-Piccolo gekauft. Ich war mir das an diesem Tag einfach wert. Eben habe ich mir das Selfie (das es übrigens auch auf Insta zu sehen gibt ;o)) von damals nochmal rausgesucht und da war es wieder, dieses tolle Gefühl, super happy mit mir zu sein! Also, es macht total Glücklich, auch unsere Stärken wahrzunehmen und diese zu feiern.

  2. Und wer nicht nur happy, sondern auch erfolgreich sein möchte, sollte nicht nur seine Schwächen und seinen Entwicklungsraum kennen, sondern auch seine Stärken, um diese bewusst einzusetzen und sich daraus resultierend zudem seines Wertes im Business bewusst zu sein. Das macht nicht nur in Hinblick auf Gehaltsverhandlungen Sinn, sondern vor allem auch in Hinblick auf eine gute und bewusste Selbstführung.

Führung, Führung, schon wieder Führung…

Ich weiß, ich habe in den letzten Wochen viel über Führung geschrieben: gute Führung, schlechte Führung, über Servant Leadership und Shared Leadership, über mutige Geführte und alles das, was uns zum einen oder anderen macht. Dabei habe ich die elementarste Basis vergessen: die Selbstführung. Wer nicht in der Lage ist, sich selbst zu führen, dem wird auch sonst keiner folgen. Aber was ist Selbstführung und was hat das mit Pippi zu tun?

Klein anfangen: Selbstführung

Wenn ich mich selbst erfolgreich führen möchte, sind drei Dinge wichtig:

  1. Ich muss wissen, wo es hingehen soll (sprich ich muss mein Ziel kennen).

  2. Ich muss wissen, welchen Beitrag ich zur Zielerreichung leisten kann (ich muss also wissen, was ich kann und worin ich gut bin).

  3. Ich muss wissen, wo ich Hilfe brauche (also wo meine Defizite sind und wo ich mich noch weiterentwickeln möchte).

Die theoretischen Grundlagen zur Selbstführung, die sich inzwischen natürlich Neuhochdeutsch Self-Leadership nennt, entstanden schon in den 90er Jahren (basierend auf den Forschungsarbeiten eines gewissen Charles C. Manz), allerdings rückt diese Theorie erst jetzt so wirklich in den Fokus von Coaches, Personalentwickler, Psychologen, etc. Warum? Weil man festgestellt hat, dass es eben gute und schlechte Führungskräfte gibt, was unter anderem daran liegt, dass Menschen immer wieder in Führungsverantwortung gekommen sind, die noch nicht in der Lage waren, sich selbst angemessen und klar zu führen. Wer soll so jemandem folgen? Ich eher nicht! Und auch im Kreise der Geführten gibt es eben die letzte Woche beschriebenen Mutigen und weniger Mutigen. Auch um Mutig zu sein, muss ich meine Basis kennen, wissen, wo die Reise hinführen soll und auf welche Fähigkeiten ich bei mir selbst vertrauen kann.

Was kann ich tun, um mich selbst klar zu führen?

Im Prinzip ganz einfach: ich muss mir der drei oben genannten Punkte bewusst sein. Das hört sich erstmal total einfach an, führt uns aber zwangsläufig wieder zu unserer Freundin Pippi Langstrumpf und ihrer Idee von Wahrnehmung. Denn Pippi macht sich nicht nur die Welt, wie sie ihr gefällt, sondern sie sieht sich selbst auch so, wie sie sich gerne sehen möchte. Und weil wir alle ein bisschen Pippi sind, tun wir es ihr sehr gerne gleich. Das führt bei den meisten Menschen zu einer gewissen Dysbalance zwischen der Wahrnehmung von Stärken und Schwächen. Ich zum Beispiel neige dazu, mich stark auf meine Schwächen, bzw. meinen Entwicklungsraum zu fokussieren, Pippi wiederum hat einen absoluten Fokus auf ihre Stärken. In Hinblick auf eine erfolgreiche Selbstführung ist weder der eine, noch der andere Fokus wirklich hilfreich. Die Balance muss her. Menschen wie ich müssen lernen, auch ihre Stärken bewusster zu nutzen und Menschen wie Pippi müssen lernen, dass auch sie nicht perfekt, unfehlbar und fehlerfrei sind. Wie kann ich lernen, mich etwas objektiver wahrzunehmen? Natürlich ist ein Coach hier Gold wert. Deshalb spielt Coaching in der modernen Personalentwicklung eine immer größere Rolle. Aber auch wenn ich keinen Coach zur Verfügung habe, gibt es einiges, das ich für mich selbst klären kann:

  • Wo soll meine Reise hingehen? Was sind meine Absichten im Leben/in Business?

  • Was sind meine sogenannten blinden Flecken? Sprich, wo weicht meine Selbstwahrnehmung davon ab, wie andere mich wahrnehmen? Hierbei ist Feedback unabdingbar. Also fordert euch Feedback nicht nur aktiv ein, sondern verhaltet euch auch so, dass euer Umfeld sich überhaupt traut, euch (ein ehrliches) Feedback zu geben.

  • Identifiziert eure Stärken, entwickelt sie weiter und nutzt sie bewusst. Hierbei bitte ein bisschen so wie Pippi: keine falsche Bescheidenheit. Jeder Mensch hat Stärken, auf die man völlig zurecht stolz sein darf und die man natürlich auch nutzen soll.

  • Seid ehrlich zu euch selbst, auch in Hinblick auf eure Schwächen. Das ist vielleicht der schwierigste Punkt überhaupt. Egal wie großartig ihr seid und wie viele Stärken ihr habt, jeder Mensch, auch ihr, hat Schwächen oder Entwicklungsräume. Habt den Mut, sie klar, deutlich und differenziert zu benennen, arbeitet an ihnen oder nutzt ggf. euer Team, eure Kollegen, um diese Schwächen zu covern. Dafür arbeitet man doch heutzutage im Team. Denn sind wir mal ehrlich, wer sich noch an Pippis Abenteuer erinnern kann, dem fällt jetzt vielleicht auch ein, wie oft Tommy und Annika Pippi aus der Patsche geholfen haben, obwohl sie sich immer so sicher war, dass sie die Stärkste und Beste überhaupt sei.

  • Wenn ich es dann noch schaffe, im Sinne der hellen Triade (mehr dazu im Artikel von letzter Woche) ethisch und integer zu handeln, lande ich in Hinblick auf Selbstführung bei der vierten Kardinaltugend, der Mäßigung: ich finde Ruhe, Ordnung und Ausgeglichenheit in mir selbst, weil ich weiß wer ich bin und wo ich hin möchte. Die Führungskräfte, die es schaffen, in sich zu Ruhen, müssen sich nicht mehr an einem Status festklammen. Wer sich selbst so führt, dass er integer ist und dabei in sich ruht, der wird von einer Führungskraft zu einer Führungspersönlichkeit.

Und wenn man dann alle seine Stärken und Schwächen identifiziert hat???

Gute Frage? Dann macht man weiter. Ich bin seit über zwanzig Jahren eine Reisende, immer unterwegs, den Koffer stets parat. Ich weiß nicht wie viele Reisen ich schon unternommen habe. Dabei gibt es jedoch nur eine einzige, die nie aufzuhören scheint: das ist die Reise zu mir selbst. Persönlichkeitsentwicklung endet nicht. Vielmehr ist es ein andauernder Prozess. Also egal wo ihr gerade steht, beruflich wie privat, es mach immer Sinn, sich zu fragen, wo man denn eigentlich hin möchte und wie es um die individuellen Stärken und Schwächen bestellt ist. Hierbei dürft ihr gerne selbst herausfinden, ob ihr ein bisschen zu viel oder ein bisschen zu wenig seid wie Pippi. Für die, die glauben, es wäre hilfreich, etwas mehr wie Pippi zu sein, habe ich letzte Woche auf Insta einen Buchtipp in die Welt geschickt, den ich hier gerne wiederhole (selbstverständlich handelt es sich NICHT um bezahlte Werbung, ich empfehle aus Überzeugung): H. H. Stavemanns “…und täglich tickt die Selbstwertbombe”. Ich finde, dieses Buch hilft definitiv dabei, mehr über sich zu lernen und seinen wirklichen Wert klarer zu definieren, bzw. wahrzunehmen. Zudem ist es für den “Endverbraucher” geschrieben. Also keine Angst vor zu viel psychologischem Kauderwelsch!

Wer also weiterlesen möchte, gerne mit Herrn Stavemann. Von mir soll es das für heute gewesen sein. Ich wünsche euch auf jeden Fall einen wunderschönen restlichen Tag. Genießt die letzte Sommersonne und scheut euch nicht, eure Erfolge zu feiern und das was schiefgegangen ist, mutig hinsichtlich eures eigenen Beitrags dazu zu reflektieren. Ich glaube ich werde jetzt noch ein paar Bäume hochklettern und ein paar Pferde in die Luft stämmen. Und danach esse ich vielleicht so viele Süßigkeiten, bis es mir schlecht wird… Oder ich trinke einfach ein Gläschen Champagner.

Eure Constance

IMG_1085 (1).JPG

Schon viel zu lange her…

Damals in Stuttgart: man darf sich auch mal selbst feiern!