Das Märchen der richtigen Entscheidung

Alea iacta est

Die Würfel sind gefallen, oder viel mehr ist der Würfel gefallen, um Gaius Julius Cäsar korrekt zu zitieren! Die Politik hat entschieden wie es weiter geht: Kleine Läden auf, große bleiben zu, die Schulen so halb auf, Restaurants bleiben zu, Masken sind toll, aber nur freiwillig, außer man wohnt in Jena oder Sachsen und so weiter und so fort. Kaum sind die Entscheidungen veröffentlicht, entbrennt eine rege Diskussion, ob das denn nun so richtig oder falsch sei. Fünf Leute, sieben Meinungen um am Ende ist ohnehin klar, dass die jeweiligen Entscheider eigentlich nur verlieren können. Behält man diesen eher konservativen Kurs bei und wird so dankenswerter Weise kein Arzt in Deutschland vor die Frage gestellt, ob nun Patient A oder B mittels Beatmungsgerät zu retten ist, wird früher oder später die Wirtschaft der Meinung sein, man hätte die finanziellen Verluste geringer halten können, hätte man nicht so zurückhaltend und vorsichtig agiert. In Ländern, die vielleicht aus einer volkswirtschaftlichen Betrachtung heraus einen progressiveren Kurs fahren, werden gerne auch von außen Stimmen laut, man stelle wirtschaftlichen Erfolg über Menschenleben. Es ist wie es ist und es bleibt ein Dilemma und all die sonderbaren und zum Teil nur schwer nachvollziehbaren Kompromisse von Schutzmasken und Parknutzung über Ladenflächen bis hin zur Schulöffnung zeigen, dass man sich dessen bewusst ist.

Macht die Bundesregierung das jetzt richtig, oder ist es falsch? Am Ende ist es immer eine Frage der Perspektive und des Vertrauens. Habt ihr schon einmal absichtlich eine falsche Entscheidung getroffen? Eben! Wir entscheiden immer aus unserer Perspektive heraus, mit den uns zur Verfügung stehenden Fakten, aus unseren Erfahrungen heraus und immer bestmöglich. Im Nachhinein festzustellen, dass eine Entscheidung falsch war, kann passieren, ist wie ich glaube aber auch irgendwie überflüssig, es sei denn ich bin in der Lage noch etwas aktiv zu korrigieren. Ist dieser Moment verstrichen, sollte ich meine Entscheidung konsequent loslassen, denn erstens kann es ja sein, dass die nicht getroffene und vermeintlich richtige Entscheidung im Nachhinein noch viel falscher gewesen wäre, zweitens verschwende ich Energie und Kreativität für etwas, das nicht mehr zu ändern ist und drittens hindert mich der permanente Blick in die Vergangenheit daran, mich weiter zu entwickeln.

Ich denke schon seit Jahren nicht mehr in Kategorien wie richtige und fasche Entscheidungen. Viel mehr geht es mir in meinen Schulungen darum, meinen Teilnehmern ein Tool mit an die Hand zu geben, um situativ bestmöglich und analytisch zu entscheiden. Der ein oder andere hat ja inzwischen mitbekommen, dass ich meine Trainerwurzeln im Human Factors Training der zivilen Luftfahrt habe. In diesem Bereich bin ich auch über ein analytisches Entscheidungsfindungsmodell gestolpert, dass denkbar einfach und auch für alle Bereiche, in denen sich der Mensch so rum treibt, passend ist. Es trägt den kryptischen Namen FOR-DEC und soll uns in erster Linie Struktur und Sicherheit geben, wenn wir das Gefühl haben, es prasselt mal wieder viel zu viel auf uns ein und wir würden uns am liebsten in unser Schneckenhaus zurück ziehen und warten bis das Chaos vorbei ist und jemand anders für uns entschieden hat.

Der Weg zur analytischen Entscheidungsfindung

Wie kann mir FOR-DEC also bei der Entscheidungsfindung helfen? Jeder der sechs Buchstaben steht für einen Schritt im Rahmen meines Entscheidungsprozesses, die nacheinander abzuarbeiten sind. Wir gehen hier mal Schritt für Schritt durch:

  1. Das F steht für “Facts”. Das heißt die Basis meiner Entscheidung sollten Fakten sein, möglichst viele Fakten. Da die Fakten, die mir selbst in den Kopf kommen, immer auch durch meine ganz individuelle Perspektive und Wahrnehmung geprägt sind und ich diese immer auch durch meine Erfahrungen, mein Wissen und meine Sozialisierung bewerte, ist es immer ratsam, alle zur Verfügung stehenden Ressourcen zu nutzen und weitere Perspektiven mit einzubeziehen. Im Cockpit sind Piloten dafür immer mindestens zu zweit, und auch in der gegenwärtigen Corona-Situation ist unsere Bundesregierung im wahrsten Sinne des Wortes gut beraten. Frau Merkel triff ihre Entscheidungen nicht alleine in ihrem stillen Kämmerchen, sondern schart Experten aus allen möglichen Bereichen und weitere führende Politiker um sich, um gemeinsam und unter Berücksichtigung unterschiedlicher Perspektiven eine möglichst breite Faktenbasis zusammen zu stellen. Herr Trump macht das anders. Der kann das allein. Aber der trifft ja auch keine falschen Entscheidungen und falls doch, dann nur weil die Chinesen oder die WHO manipuliert haben.

  2. Das O steht für “Options”. Hier wird geschaut, welche Möglichkeiten ich denn überhaupt habe. Hier passiert häufig der Fehler, dass Menschen dieses “Entweder-Oder-Prinzip” so verinnerlicht haben, dass sie, wenn sie zwei Optionen gefunden haben, glauben fertig zu sein. Im Falle von Corona wären das dann Ausgangssperre oder keine Restriktionen. Herzlichen Dank an die großen Entscheider dieser Tage, dass sie sich die Mühe gemacht haben, nach weiteren Optionen zu graben. Und auch euch kann ich nur dazu ermuntern, euch an dieser Stelle ruhig mal etwas mehr Zeit zu nehmen, beruflich wie privat. Der Benefit könnte riesig sein, so riesig, wie die Möglichkeit, dieser Tage spazieren zu gehen und das Wetter draußen zu genießen. Das wäre bei einer Ausgangssperre nicht möglich.

  3. Das R steht für “Risks and Benefits” und an dieser Stelle führt man eine Risikoabwägung für alle zur Verfügung stehenden Optionen durch. Jede Option wird ein Für und ein Wider haben und hier muss man ganz individuell schauen, was wie schwer in der Waagschale liegt. Auch an dieser Stelle nochmals der Aufruf dazu, im Rahmen komplexer Entscheidungen alle zur Verfügung stehenden Ressourcen zu nutzen. Ja, am Ende muss einer die Verantwortung übernehmen, das macht Frau Merkel für Deutschland, wie es Herr Trump für die USA tut. Aber ich finde, Frau Merkel wirkt dabei gerade etwas weiser.

  4. Langsam wird es spannend! Das D steht jetzt endlich für “Decision”, also die Entscheidung. Irgendwann muss sie ja mal getroffen werden. Dazu braucht es Mut gepaart mit Rückgrat und Verantwortung. Dazu gleich noch etwas mehr.

  5. Das E steht für “Execution”, also die Durchführung. Hierbei sollte man im Vorfeld festlegen, wer wann was macht. Eine klare Aufgabenteilung und ein klarer Zeitplan sind sehr wichtig für den Erfolg.

  6. Nach Punkt fünf könnte man meinen, man sei fertig. Allerdings ist das C in FOR-DEC der vielleicht wichtigste Punkt. Denn C steht für “Check”. Ich muss selbstverständlich überprüfen, ob meine Maßnahmen auch erfolgreich sind oder waren. Dazu muss ich natürlich auch wissen, anhand welcher Parameter ich Erfolg messen. In Hinblick auf die gegenwärtige Pandemie ist das die Ansteckungskurve. Auch wenn es hierzu unterschiedliche Interpretationsmodelle gibt, sind sich doch am Ende alle einig: Die Kurve muss flacher werden und wenn das nicht passiert, wird es anstrengend. Dann muss ich nämlich wieder zurück zu F und von vorne anfangen. Wenn der Erfolg nicht eintritt, muss mir ein wichtiger Fakt durch die Lappen gegangen sein, oder ich habe eine weitere Option übersehen, oder, oder, oder. Also alles wieder auf Anfang, bis der Erfolg eintritt.

Entscheidungen, die nie getroffen werden

So weit zur Theorie. Um hier auch in der Praxis glänzen zu können, müssen wir uns nochmal die unter Punkt vier aufgeführten Eigenschaften Mut, Rückgrat und Verantwortung etwas näher anschauen. Es gibt durchaus Menschen, die Verantwortung mit Macht verwechseln. Frau Aderne spricht in Neuseeland immer wieder von Verantwortung, Herr Trump spricht von seiner Macht. Ich würde mir wünschen, dass das Assessment für die Führungskräfte unserer Unternehmen etwas erfolgreicher ist, als das für Spitzenpolitiker. Eine weise und gute Auswahl ihrer Entscheidungsträger ist das eine, was Unternehmen tun können, um sich weiterzuentwickeln, sich schnell an neue Voraussetzungen anzupassen und erfolgreich zu sein. Was Unternehmen aber nicht außer Acht lassen dürfen ist, dass Position allein nicht mutig macht. Um mutig sein zu können, brauche ich auf der anderen Seite Sicherheit. Und wer meinen Blog in den letzten Wochen mitverfolgt hat, oder in einem meiner Workshops war, der kennt meine Affinität zur Harvardprofessorin Amy C. Edmondson und ihrer Theorie der Psychological Safety als Grundvoraussetzung für eine sogenannte Lernende Organisation und somit auch für ein erfolgreiches Unternehmen (ja, liebe Chefs, es geht nicht ohne!). Denn es sind nicht die vermeintlich falschen Entscheidungen, die die großen Probleme machen. Es sind die Entscheidungen, die aus Angst oder fehlendem Mut niemals getroffen werden, die uns nachhaltig Probleme bereiten. In der Luftfahrt sind diese sogar potenziell tödlich! Denkt mal darüber nach und fangt an Entscheidungen zu treffen, analytisch, in Ruhe, im Team und bitte ohne die Angst, eure Entscheidung könnte falsch sein. FOR-DEC bringt euch immer wieder an den Anfang zurück!

Schönes Wochenende!

Eure Constance

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Heute schon entschieden?

Über die Verantwortung...

Über die Vorzüge der Entschleunigung

Ich weiß nicht wie es bei Euch aussieht, aber ich habe mich inzwischen in meinem neuen Corona-Alltag eingerichtet. Alles ist etwas achtsamer und entschleunigter. Ich gönne mir jeden Morgen einen Kaffee im Bett und überfliege dabei die Nachrichten des Tages. Eigentlich ist es ja momentan immer sehr ähnlich: Zahlen, Statistiken, immer die gleichen Fragen ohne wirkliche Antworten. Ich habe auch hier das Gefühl, dass die Welt sich deutlich langsamer dreht und es eigentlich nicht viel Neues gibt. Allerdings bin ich vor einigen Tagen an einer Überschrift hängen geblieben, die anders war und der Bericht lässt mich bis heute nicht mehr los.

Über die Eskalation im Lockdown

Am Abend des 31. März wird die 27 Jahre alte Medizinstudentin Lorena Quaranta in einem Vorort der sizilianischen Stadt Messina ermordet, ermordet von ihrem Lebensgefährten, im eigenen Zuhause, dort, wo man sich am sichersten fühlen sollte. Lorena wollte Gynäkologin werden. Ihre Abschlussprüfung sollte im Juli sein. Jetzt ist sie tot. Ihre Eltern und ihre Geschwister werden nie mehr ihre strahlenden braunen Augen sehen, sie nie mehr singen hören. Für sie ist Lorena sicher mehr als eine weitere Zahl, die in die Statistik zur häuslichen Gewalt eingeht. Für sie ist Lorena sicher mehr als ein Opfer.

Über die kalte Statistik

Gewalt gegen Frauen und Kinder beschäftigt mich schon immer. Berichte darüber machen mich sprachlos, hilflos und tief traurig. Die Zahlen darüber machen mich fassungslos. Seit 2015 liefert das Bundeskriminalamt statistische Auswertungen zur sogenannten Partnerschaftsgewalt. Diesen Zahlen folgend wird in Deutschland stündlich eine Frau von ihrem Partner verletzt, täglich kommt es zu einem Tötungsversuch und statistisch sterben fast drei Frauen pro Woche bei einem dieser Tötungsversuche. Im Jahr 2018 waren es 141. Nicht viel geringer ist die Zahl von Kindern, die durch häusliche Gewalt ihr Leben verlieren, die meisten von ihnen im Vorschulalter. Ähnlich wie bei Lorena verbergen sich hinter diesen Zahlen Menschen mit Gefühlen, Träumen, Wünschen, Talenten, denen nicht nur die körperliche Unversehrtheit genommen wird, sonder auch Würde, Selbstachtung und in den unbeschreiblichsten Fällen sogar ihr Leben.

Entsprechende Studien aus der chinesischen Provinz Wuhan legen nahe, dass die ohnehin schon gewaltbereiten Täter durch den zusätzlichen psychischen Druck der Krisen und den daraus resultierenden Maßnahmen noch gewaltbereiter sind. Fehlende soziale Kontakte und soziale Kontrolle führen außerdem offensichtlich dazu, dass Täter sich sicherer fühlen. Opfer, Frauen wie Kinder, sind den Tätern schutzlos ausgeliefert. Rund um die Uhr sind sie mit dem Peiniger in eine Wohnung gesperrt, permanente Kontrolle. Notrufnummern für Opfer häuslicher Gewalt beklagen einen eklatanten Rückgang an Anrufen. Klar, wie sollen die Opfer um Rat und Hilfe rufen, wenn der Täter permanent um sie herum ist. Ich habe Grund zur Annahme, dass die gegenwärtige Situation nicht nur zu mehr häuslicher Gewalt führt, sonder diese Form der Gewalt zusätzlich auch noch viel unsichtbarer ist, als sie es vor Corona ohnehin schon war.

Fragen über Fragen

Alles das hier niederschreibend frage ich mich natürlich auch, wo denn nun unsere Rolle liegt. -Wir, die wir weder Opfer noch Täter sind! Einmischen, oder doch besser raushalten?

Meine Auseinandersetzung mit dem Thema Gewalt begann vor einigen Jahren damit, dass ich mit meinem Co-Trainer ein Selbstschutzkonzept für Flugzeugbesatzungen entwickelt habe. Also eigentlich hat er es entwickelt. Zum damaligen Zeitpunkt hatte ich absolut keine Ahnung wie man was in der Praxis tun kann, um sich effektiv zu schützen, wenn eine Deeskalation der Situation nicht mehr möglich ist. Das so entstandene Konzept schulen wir inzwischen nicht nur in der Luftfahrt, sondern auch in anderen Bereichen des öffentlichen Lebens, wie Notaufnahmen, Rettungsdiensten, sozialen Einrichtungen und so weiter. Eigentlich ist es denkbar einfach! Da man niemanden in zwei Tagen zum versierten Kämpfer ausbilden kann, geht es im ersten Schritt darum, potenziell gefährliche Situationen im Vorfeld zu erkennen und ihnen nach Möglichkeit aus dem Weg zu gehen, bzw. vor einer körperlichen Eskalation zu deeskalieren. Sollte das nicht möglich sein, ist es im zweiten Schritt wichtig, Öffentlichkeit herzustellen, um Hilfe und Aufmerksamkeit zu rufen. Erst wenn das fehlschlägt, ist es an der Zeit, dem Angreifer gezielt einen Schmerzreiz zu setzen um sich dadurch ein Fluchtfenster zu erarbeiten.

Mit dem Aufkeimen der Diskussion um häusliche Gewalt und Corona wurde mir von vielen Seiten vorgeschlagen, hier einen Nutzen für Impuls heraus zu ziehen und Schulungen und Workshops für diese Opfer anzubieten. Ehrenwerte Idee. Allerdings ist davon auszugehen, dass die entsprechende Zielgruppe sich niemals zu einem solchen Workshop anmelden würde. Vielmehr würde eine Anmeldung das Ende ihres Daseins als Opfer markieren. Leider sind die emotionalen Zusammenhänge und Abhängigkeiten so komplex, dass wir mit einem Schulungsangebot an dieser Stelle machtlos sind.

Was können wir (und damit meine ich nicht nur meinen Co-Trainer und mich, sondern jeden Einzelnen) also tun, um am Ende des Tages nicht diejenigen zu sein, die in diesen unerträglichen Interviews in der Boulevardpresse schließlich erzählen, dass ja jeder in der Nachbarschaft mitbekommen habe, dass da was nicht stimme, dass jeder mitbekommen habe, dass sich sehr laut gestritten wurde und ja, das Kind wirkte verängstigt, die Frau hatte mit niemanden Kontakt…

Über die Verantwortung…

… die wir alle tragen: Es ist eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe, dass zu übernehmen, was mein Co-Trainer und ich den Opfern häuslicher Gewalt nicht beibringen können: Lasst uns potenziell gefährliche Situationen wahrnehmen, lasst uns hinschauen, anstatt wegzusehen, lasst uns bewusst hinhören, anstatt die Musik lauter zu drehen. Und lasst uns Öffentlichkeit schaffen! Lasst uns zeigen, dass wir wahrnehmen was passiert, lasst uns die Hilfe herbeirufen, die das Opfer selbst nicht herbeirufen kann. Das ist eine Verantwortung für unsere Mitmenschen, die so selbstverständlich sein sollte, wie es dieser Tage das Zuhause-Bleiben oder das Abstand-Halten sein sollte.

Ich weiß, man scheut den Anruf bei der Polizei. Man will ja niemanden ungerechtfertigt und ohne handfeste Beweise verdächtigen. Diesen Einwand habe ich auch immer wieder im Rahmen einer kleinen Workshop-Reihe zum Thema Menschenhandel in der Luftfahrt gehört. Und ich antworte hier, wie ich es damals immer wieder getan haben: Was passiert denn, wenn die Polizei feststellt, dass alles gut ist? Genau, es passiert NICHTS! Und wer den Anruf bei der Polizei scheut und eine zweite Meinung, oder Rückversicherung braucht, warum nicht bei einer dieser Beratungsnummern anrufen? Und mal ganz ehrlich, wie oft kommen wir realistisch gesehen in die Situation, Zeuge häuslicher Gewalt zu werden? Wie oft sind wir an dem Punkt, an dem der Bauch sagt, hier geht etwas weit über das Normale hinaus? Ich bin vierzig (Mist, jetzt habe ich es gesagt!) und ich kann mich an eine einzige Situation erinnern, in der ich eigentlich hätte zum Telefon greifen sollen. Warum ich es damals nicht getan habe? Es war mitten in der Nacht, ich wurde durch die Stimmen und Schreie nebenan geweckt, ich war überrumpelt und hatte keinen Plan. Tatsächlich habe ich mich bis zu diesem Zeitpunkt nie damit auseinandergesetzt, wie ich in einer solchen Situation agieren würde. Ich war wie in einer Art Schockzustand und am nächsten Morgen war ich froh, dass es “ihr” gut ging! Heute weiß ich was ich beim nächsten Mal tue und vielleicht nehmt ihr diese Zeilen zum Anlass, euch auch einen Plan zurecht zu legen und im richtigen Moment Verantwortung zu übernehmen.

Bleibt gesund!

Eure Constance

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Sei mutig

Übernehme Verantwortung

Und was ist wenn der DAX dann oben angekommen ist?

Freies Denken in der Krise

Ich weiß nicht, wie ihr eure Tage so hinter euch bringt. Ich für meinen Teil merke, dass ich sehr viel Zeit zum Nachdenken habe und mir gleichzeitig auch ein wenig der Austausch mit anderen fehlt. Ich gehe momentan recht häufig in eine Art inneren Dialog. Wahrscheinlich auch durch den medialen Einfluss kommt meine Gedankenwelt hierbei nicht um den Stellenwert unserer Wirtschaft für die Gesellschaft drumherum. Darüber wiederum bin ich irgendwie bei Börsen, Börsenwerten und Wirtschaftssystemen angelangt.

Ich habe keinen betriebs- oder volkswirtschaftlichen Hintergrund. Ich habe mein Vermögen in die Aktie Mensch investiert. Hier habe ich gewisse Kompetenzen und deshalb sollte ich eigentlich auch genau darüber schreiben. Aber ich bin heute mal mutig und begeben mich in einer Art Selbstversuch auf das sehr dünne Eis des gefährlichen Halbwissens. In meinem Kopf tönt jetzt schon die Stimme meines alten Philosophielehrers: “Wenn man keine Ahnung hat, besser mal die Klappe halten!”. Es tut mir leid, aber ich tue das hier jetzt trotzdem, wobei ich versuchen werde, diese Granate ein wenig dadurch zu entschärfen, indem ich nicht vorhabe, Aussagen zu treffen, sondern Fragen zu stellen. Vielleicht hat meine Leserschaft ja eine Antwort, oder vielleicht habt ihr einfach Lust, Euch gemeinsam mit mir den Kopf zu zerbrechen.

Börse für Dummies

Hier also zu meiner Sonntagsfrage: Warum müssen die Leitindizes immer steigen? Wann sind sie denn oben angekommen? Und jetzt vielleicht zur wichtigsten meiner Fragen: Was ist dann? Was ist das Ziel des ganzen Zaubers?

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Das Planspiel der Weltwirtschaft.

Die Regeln sind weitestgehend bekannt, aber was um alles in der Welt ist das Ziel?

Diese Frage kam in mir auf, als ich vor einigen Tagen Nachrichten geschaut habe. Die üblichen eher weniger positiven Corona-Szenarien. Aber plötzlich, quasi wie ein heller Sonnenstrahl nach einem düsteren Unwetter, ertönte die Meldung, dass der DAX sich erholt habe. Ja dann ist ja alles gut, oder? Wenn der DAX jetzt wieder steigt, ist die Welt ja in Ordnung. Meine eigene Reaktion auf diese Meldung, dieser kurze Moment der Erleichterung, hat mich so erstaunt, dass mich die Frage, was denn sein wird wenn der DAX oben angekommen ist, nicht mehr los lässt. Sind wir dann im Paradies? Im Land wo Milch und Honig fließen?

Wachstum um des Wachstums Willen

Natürlich habe ich relativ schnell verstanden, dass die Weltwirtschaft doch im Prinzip nur um des Wachstums Willen wächst. Immer schneller, höher, weiter. Der Mediziner würde dieses Wachstum, das das Wachstum selbst zum einzigen Ziel hat, als Krebs bezeichnen. Und wenn wir uns die Auswirkungen dieses radikalen Kapitalismus einmal anschauen, lässt sich feststellen, dass das, ähnlich eines stetig weiter wachsenden bösartigen Tumors, unsere eigene Lebensgrundlage zerstört. Das Streben nach immer höheren Gewinnen führt im Großen dazu, dass wir das Ökosystem zerstören, von dem unser Überleben abhängt. Im Kleinen führt es dazu, dass gegenwärtig in Deutschland bestimmte Medikamente knapp werden und unsere Ärzte und Pfleger nicht ausreichend Schutzkleidung zur Verfügung haben. Es war ja billiger, das alles nur in China produzieren zu lassen. Ja, billiger war es. Es hat Gewinne maximiert und für Wachstum gesorgt. Aber gerade stellen wir fest, dass das trotzdem nicht klug war. Ähnlich wie Krebs hat diese Form der Gewinnmaximierung das Potenzial Menschen zu töten. Ich bin weiß Gott kein Globalisierungsgegner, ich glaube sogar, dass die Weltwirtschaft inzwischen zu einer Art lebenden Organismus zusammengewachsen ist und sich einzelne Teile da nicht mehr heraustrennen lassen. Aber vielleicht nutzen all die weisen Denker und Lenker unserer Weltwirtschaft diese Krise, um ganzheitlichere Entscheidungen zu treffen, die nicht mehr einzig und allein Wachstumsraten zum Ziel haben. Eine neue Art der Globalisierung wäre nach dieser weltweiten Katastrophe durchaus mal angebracht!

Die Krebsgeschwüre in Unternehmen

Was im Großen für die Welt gilt, lässt sich auch gut auf einzelne Organisationen und Unternehmen projizieren und so nähere ich mich dann doch wieder meinem eigentlichen Thema an: dem Menschen. Was macht das mit Menschen, wenn es stetig und permanent und ohne Rücksicht auf Verlust immer nur darum geht, Zahlen immer noch weiter zu optimieren? Noch mehr Einnahmen bei noch weniger Ausgaben! Jahr für Jahr das gleiche Hamsterrad. Wer bekommt hier Zielvereinbarungen? - Die womöglich noch an die jährliche Bonuszahlung gekoppelt sind? Wie fühlt man sich so beim jährlichen Mitarbeitergespräch, in dem man an diesen Zahlen gemessen wird? Irgendwann ist die Zitrone ausgepresst, da kommt dann nichts mehr, egal wie hoch der Druck ist! Auf diese Art und Weise zerstören auch Unternehmen ihre Lebensgrundlage, nämlich die Menschen die für sie arbeiten. Ich wiederhole mich nur ungern! Nein, an dieser Stelle wiederhole ich mich eigentlich sogar sehr gerne, weil man es nicht oft genug sagen kann: der Mensch ist und bleibt der Schlüssel zum Erfolg und es gibt so vielfältige Möglichkeiten in den Menschen zu investieren, ihm Grundlagen zu schaffen, um sein ganzes Potenzial an Kreativität, Leistungsbereitschaft und Loyalität abzurufen. Ja, das kostet und wird vielleicht kurzfristig Gewinne schmälern. Wenn wir in Deutschland zukünftig einen Teil der medizinischen Schutzausrüstung wieder selbst produzieren, wird das auch etwas teurer, aber es wird uns besser auf kommende Krisen vorbereiten. Kreative, freie, mutige und selbstbewusste Mitarbeiter sind die beste Krisenvorbereitung für Unternehmen und Organisationen jedweder Art. Ich bin mir sicher, dass all jene Unternehmen, deren Bild von braven angepassten Arbeitsrobotern geprägt ist, die stumpfsinnig Zahlen jonglieren, bis der Chef zufrieden ist, langfristig verschwinden werden. Das sind Dinosaurier aus längst vergangenen Tagen, die einfach nicht mehr wendig genug sind, um mit der neuen Geschwindigkeit der Welt Schritt halten zu können.

Puh, und hier müsste jetzt eigentlich ein neuer Beitrag beginnen, der sich mit Organigrammen und Organisationsstrukturen auseinandersetzt, die den Menschen ganzheitlich fördern. Ich glaube das mache ich demnächst mal. Für heute aber genug der Worte. Wenn ihr Lust habt, teilt Eure Gedanken. Ich bin ganz neugierig, weil ich meine Gedanken diesbezüglich bei weitem noch nicht zu Ende gedacht habe.

Eure Constance