Empathie

Goldene Buddhas und verschüttete Persönlichkeiten

Zeit für einen Cut

Bei mir werfen große Ereignisse ihre Schatten voraus. Im September werde ich mich für einen Sabbatical-Monat zurückziehen. In dieser Zeit wird auch mein Blog pausieren und am 6. Oktober in neuem Gewand zurück sein. Meinen freien Monat werde ich für einen ausführlichen Hausputz nutzen. Impuls bekommt ein komplettes Make-over. Seid gespannt – ich bin es tatsächlich auch! Auf Instagram nehme ich euch gerne mit auf meine Reise durch den Sabbatical-Monat. Den Link zu meinem Instagram-Profil findet ihr auf meiner Homepage unter "Kontakt". Dort wird nicht nur das Make-over für Impuls eine Rolle spielen, sondern auch der Umgang eines Workaholics wie mir mit verdammt viel Freizeit! Ein Teil von mir freut sich wie verrückt auf diese Auszeit, ein anderer Teil ist recht nervös. Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal so viel freie Zeit hatte und ich bin mir noch nicht sicher, was ich damit anfangen werde. Ganz entspannt einfach mal nichts tun – das ist eine große Fähigkeit, die ich über die letzten Jahre ziemlich verlernt habe.

Für meinen letzten Artikel vor meiner Auszeit habe ich eine Metapher gewählt, basierend auf einer wahren Geschichte, die mich selbst seit letztem Wochenende so fasziniert, dass ich sie nun auch auf diesem Wege mit euch teilen möchte.

Seit einigen Wochen nehme ich gemeinsam mit drei wunderbaren Coach-Kolleginnen und -Kollegen an einem Peer-Coaching-Programm zur Persönlichkeitsentwicklung teil. Denn auch, oder gerade, als Coach ist man nie ganz fertig mit sich selbst. Im Rahmen dieses Programms gibt es spannende Tagesimpulse, wöchentliche Meetings in der Peer-Gruppe und an jedem Wochenende ein umfangreiches Programm zum Schwerpunktthema der kommenden Woche. In dieser Woche war und ist das Thema Empathie mit sich selbst, um nicht zu sagen: Selbstliebe. Ich weiß nicht, wie sehr und wie bedingungslos ihr euch liebt oder ob ihr, wie ich, gerne Bedingungen wie Leistung und Perfektion an eure Liebe zu euch selbst knüpft. Schon verrückt! Ich wünschte, ich wäre mit mir selbst so liebevoll, geduldig und empathisch, wie ich es mit anderen sein kann. Woher kommt diese relative Härte zu sich selbst? Im Rahmen meines Programms habe ich letzten Sonntag diese Geschichte gehört, die als Metapher großartig zur Liebe zu uns selbst und zu all den Bedingungen, die wir häufig daran knüpfen, passt.

Der Goldene Buddha von Bangkok

Ich hatte das Glück, schon einige Male den beeindruckenden Goldenen Buddha von Wat Traimit sehen zu dürfen. Diese gefühlt alles überstrahlende Statue ist über drei Meter hoch und besteht aus massivem Gold. Sie wiegt etwa fünf Tonnen. Schätzungen gehen davon aus, dass diese Statue etwa 700 Jahre alt ist. Tief beeindruckende Rahmenparameter, deren ich mir durchaus bewusst war, als ich ehrfürchtig vor dieser im Lotussitz sitzenden Buddhastatue stand. Was ich nicht kannte, waren die Details des bewegten Lebens, das dieses Abbild Buddhas bereits hinter sich hatte. Die monumentale Statue wanderte in den Jahrhunderten durch die Hände diverser Könige innerhalb und außerhalb Thailands. Als es wieder einmal zu einer Welle von Angriffen aus dem Ausland kam, entschieden die Mönche des Klosters, in dem sich die Statue befand, den wertvollen Buddha komplett in Gips zu hüllen, um bei eventuellen Plünderungen seinen wahren Wert zu verschleiern. Bei den erwarteten Angriffen kamen wahrscheinlich alle Mönche des Klosters ums Leben. Somit gab es niemanden mehr, der den wahren Wert dieser Statue kannte. Selbst als die Statue 1935 in einen neuen Tempel gebracht wurde, da ihr ursprünglicher Standort einem Sägewerk weichen musste, ahnte niemand ihren wahren Wert. Erst als die Statue bei Bauarbeiten im Jahr 1955 vermeintlich beschädigt wurde, sprang der Gipsmantel auf – und was zum Vorschein kam, war pures Gold!

Unser aller goldener Kern

Um den Gefahren des Lebens zu trotzen, um sich zu schützen, legte sich der Goldene Buddha von Wat Traimit eine Schale zu, die seinen wahren Kern verschleierte. Diese Schale, dieser Mantel aus Gips, wurde so selbstverständlich, dass die inneren Werte des Buddhas in Vergessenheit gerieten. Man sah nicht das strahlende Gold, sondern diesen unscheinbaren Panzer, der den Buddha schützen sollte.

Ähnlich verhält es sich mit unserer Seele, dem tiefen goldenen und strahlenden Kern unserer Persönlichkeit. Wir werden als reine, strahlende Persönlichkeiten geboren – angstfrei und voller Urvertrauen in uns selbst und die Welt. Leider lernen wir viel zu schnell, dass das Leben gefährlich ist. Egal, wie liebevoll umsorgt ein Baby ist, beginnt es schon früh zu kämpfen oder sich anzupassen, um sein Überleben zu sichern. So beginnt sie ganz langsam zu wachsen, diese Gipsschicht, die unseren strahlenden Kern überlagert. Nennt diese Gipsschicht Glaubenssätze, Traumata, Urängste, Erfahrungen, innere Antreiber … Sie werden mehr und mehr, je älter wir werden. Die Gipsschicht um unseren strahlenden Kern wird immer dicker. Wir finden unseren Weg durchs Leben, gehen in den Kindergarten und die Schule, lernen, uns anzupassen, um Anerkennung zu bekommen, Freunde zu finden, geliebt zu werden. Brave Mädchen machen keinen Ärger! Leistung und Anpassung generieren Liebe. Die Gipsschicht wächst weiter und weiter, getrieben von der Angst vor Ablehnung, der Angst, nicht gut genug zu sein, keine Freunde zu haben, keinen Partner zu finden, im Beruf nicht erfolgreich zu sein. So entwickeln wir Verhaltensweisen, die uns schützen sollen, uns aber gleichzeitig stets in einem Zustand des Kämpfens halten. Angespannt sind wir immer irgendwie auf der Hut. Wir agieren aus Angst und dem Bedürfnis, uns schützen zu müssen. So werden wir nicht nur mit anderen streng oder kritisch, sondern auch mit uns selbst. Wir müssen diesem perfekten Bild entsprechen, um gut, sicher und geliebt durchs Leben zu gehen. Aber was passiert, wenn der Gipsmantel springt, unsere strahlende Persönlichkeit zum Vorschein tritt, die nicht aus Motiven der Angst und des Selbstschutzes, sondern aus Vertrauen und Liebe heraus agiert? Im Umgang mit sich selbst und auch im Umgang mit anderen? Was, wenn wir nicht das Schlechteste in anderen Menschen und in den Möglichkeiten, die sich uns bieten, sehen? Was, wenn wir stattdessen nur das Beste, das Liebenswerte und die Chancen sehen? Wahrscheinlich hüpfen wir dann glücklich wie Kinder strahlend und neugierig durch unser Leben – durch ein Leben, das sich im Außen sicher nicht ändert, sich aber ganz sicher anders anfühlen wird.

Ich werde die nächsten Wochen auch dazu nutzen, noch regelmäßiger und routinierter mit diesem goldenen Kern, diesem strahlenden Persönlichkeitsanteil von mir, in Kontakt zu treten. Er ist da, vollumfänglich. Über all die Jahre des Selbstschutzes und des Kämpfens ist er jedoch ein wenig verschüttet und in Vergessenheit geraten, ganz so wie der goldene Kern des Buddhas von Wat Traimit. Ich möchte noch neugieriger und noch wohlwollender mit den Menschen um mich herum sein. Denn die Liebe, der Respekt, die Achtung und Wertschätzung zu sich selbst schließen Liebe, Achtung und Wertschätzung für andere nicht aus. Die eine Form der Liebe bedingt die andere.

Wenn ihr Lust habt, tut es mir gleich. Und solltet ihr euch Begleitung auf eurer ganz individuellen Reise hin zu mehr (Selbst-)Liebe und mehr (Selbst-)Vertrauen wünschen, um noch erfolgreicher, klarer und selbstbewusster durchs Leben zu gehen, wüsste ich da einen guten Coach. Meldet euch gerne – auch schon im September. Es ist nicht auszuschließen, dass ich mich sehr darüber freue, wenn ich etwas zu tun bekomme!

Genießt die letzten Sommertage und den bunten, magischen Übergang zum Herbst – und bleibt meinem Blog auch Anfang Oktober treu.

Eure Constance

Auf der Suche nach dem inneren Strahlen

Die Schutzschilder des Lebens stets im Blick.

Über Hass und Rassismus - Erklärungsversuch des Unerklärbaren

Wenn die Welt Kopf steht

Wieder etwas Aktuelles! Aber in Anbetracht der Tatsache, dass die Welt gerade Kopf zu stehen scheint, muss das wohl sein. Außerdem lässt mich das Video, welches das Sterben des dunkelhäutigen US-Amerikaners George Floyd so grausam dokumentiert, nicht mehr los. Mich beschäftigen im Kern zwei Fragen: Wie können Menschen so grausam sein? Und auch auf Grund der weltweiten “Black Lifes Matter” Aktionen schließlich noch die viel größere Frage: Woher kommt Rassismus?

Im Gegensatz zum Dunning-Kruger-Syndrom in der letzten Woche gibt es heute kein Schmunzeln, Augenzwinkern oder Lachen. Hier gibt es vor allem Betroffenheit, Traurigkeit und vielleicht auch den ein oder anderen Anreiz, über sich selbst, seine Denkstrukturen und die Stereotypen im eigenen Kopf nachzudenken.

Empathie und Spiegelneuronen

Empathie bedeutet, dass wir eine Situation, die wir nur von außen beobachten, so empfinden, als würden wir sie selbst durchleben. Fremdschämen gehört dazu, genauso wie der Moment, in dem man sieht, wie ein Mensch stürzt (vielleicht auf eine Stelle, die besonders weh tut) und man sich kurz krümmt oder man zusammenzuckt, als würde man diese Schmerzen selbst spüren. Schuld daran ist eine Zellverband in unserem Gehirn, die man Spiegelneuronen nennt. Entdeckt wurden diese besonderen Zellen tatsächlich erst 1992 vom italienischen Physiologen Giacomo Rizzolatti. Diese Spiegelneuronen gehören wohl zur Grundausstattung des menschlichen Gehirns, allerdings bedeutet das nicht, dass alle Menschen in der Lage sind, Empathie zu empfinden. Tatsächlich lernen wir erst durch frühkindliche Erfahrungen von Wärme, Aufmerksamkeit und Geborgenheit über unsere Spiegelneuronen Empathie. Man geht davon aus, dass bereits Vierjährige in der Lage sind, Mitgefühl zu zeigen, wenn nahestehende Menschen traurig sind. Insbesondere zwischen dem 12. und 15. Lebensjahr findet nochmal eine besonders bedeutungsvolle Neuverschaltung zwischen Spiegelneuronen und Empathiefähigkeit statt. Gab es bis dahin ein Defizit an menschlicher Zuneigung und Anerkennung, kann das fatale Folgen haben. Krankheitsbilder die daraus erwachsen können, können wir uns sicher alle selbst ausmalen. Aber nicht jeder Mensch, dem es an Empathie mangelt, wird zwangsläufig auch auf krankhafte Art verhaltensauffällig. Vor einigen Jahren habe ich einen diesbezüglichen Fachartikel gelesen, der mir noch sehr gut in Erinnerung geblieben ist, weil mich ein Teil dazu gebracht hat, ein wenig in mich hinein zu grinsen. Es wurde beschrieben, dass der größte Teil dieser pathologisch unempathischen Zeitgenossen völlig unauffällig bleibt, weil man ja auch ohne Mitgefühl in der Lage sei, gesellschaftliche Normen, richtig und falsch, kognitiv zu begreifen und sich anzupassen. Abschließend hat dieser Artikel beschrieben, dass diese Menschen sogar sehr oft äußerst erfolgreich einen Platz in unserer Gesellschaft fänden, zum Beispiel im Vorstand von DAX-Konzernen. Die nüchterne Sachlichkeit von Wissenschaft ist wirklich speziell!

Wie hilft uns das Wissen um Spiegelneuronen nun im Fall Floyd weiter? Irgendwie gar nicht. Ja, dieser Polizist, oder besser alle vier Polizisten, taten sich mit dem, das wir Mitgefühl nennen, offensichtlich ausgesprochen schwer. Jetzt könnte man sich denken, dass sie einem Leid tun könnten, weil da wohl zu wenig Liebe und Fürsorge in der Kindheit stattgefunden habe. Aber als Teil der rechtsstaatlichen Exekutive muss man von ihnen erwarten, einschätzen zu können, was richtig oder falsch ist. Ich selbst schule Laien darin, in einer akuten Bedrohungssituation Menschen, die sich nicht mehr deeskalieren lassen, vorübergehend körperlich zu kontrollieren. Ein absolut zentraler Punkt im Rahmen dieser Schulungen ist die allgegenwärtige Gefahr des lagebedingten Erstickungstodes, wenn jemand bäuchlings auf dem Boden liegt. Meine Teilnehmer verlassen den Workshop mit zwei Mantras: man muss permanent sicherstellen, dass der Aggressor atmet und man übt niemals mit dem Knie oder dem gesamten Körpergewicht Druck auf den Bereich zwischen den Schulterblätter aus. Polizisten setzen sich mit dieser Thematik noch viel intensiver auseinander. Ich gehe fest davon aus, dass diese vier Polizisten genau wussten, was sie taten und zudem auch intellektuell in der Lage waren, richtig und falsch voneinander unterscheiden zu können. Wie wir jedoch festgestellt haben, sind richtig und falsch keine festen Größen, sondern werden viel mehr über gesellschaftliche Normen definiert. Keiner von uns geht morgens zur Arbeit, mit dem festen Plan etwas falsches zu tun. Irgendetwas muss diesen Polizisten suggeriert haben, dass ihr Vorgehen richtig war. -So wie es schon vielfach zuvor der Fall war, wenn über Polizeigewalt gegen Afroamerikaner in den USA berichtet wurde. Das führt uns schließlich zum Thema des gesellschaftlichen Rassismus, der Diskriminierung und dem Denken in Schubladen und Stereotypen.

Woher kommt Rassismus?

Das scheint die alles beherrschende Frage. Denn sind wir mal ehrlich, Rassismus gab es schon immer und überall, mal leise und mal ganz laut. Irgendwie scheint es Teil des Menschseins zu sein. Evolutionsgeschichtlich machte dieses Misstrauen gegenüber anderen irgendwann sogar einmal Sinn, weil dieses Misstrauen Überleben sicherte, damals, in den Höhlen. Genau deshalb wurde das auch in unser Gehirn eingebrannt. Im Rahen von recht aktuellen Versuchsreihen wurden Menschen Bilder von Mitgliedern der eigenen ethnischen Gruppe und anderer Ethnien gezeigt. Tatsächlich ist schon bei der Betrachtung von Bildern mit Menschen einer anderen ethnischen Gruppe das Angsthirn, die Amygdala, angesprungen und hat Gefahr gemeldet. Unser Gehirn war von jeher darauf angewiesen, sich sehr schnell in einer komplexen Umwelt zu orientieren. Dazu schafft es sich Schemata, Schubladen, Stereotypen, die im Prinzip als unbewusste Glaubenssätze unsere Realität verzerren, weil sie unser Denken und oftmals auch das Handeln bestimmen. Diese Stereotypen oder Schubladen werden stark durch unser Elternhaus geprägt, da hier die Grundlagen gelegt werden. Im Alter verfestigen sich diese Schubladen, geprägt durch unser soziales Umfeld und unsere Erfahrungen. Und so lange wir uns unserer eigene Stereotypen nicht bewusst sind und uns so nicht entscheiden können, bewusst gegenzusteuern, sucht unser Gehirn vor allem nach der Bestätigung bekannter Strukturen.

“Liebe ist der Weg”, sagt der Guru

Wann immer sich die fiese Fratze des Rassismus so deutlich zeigt, wie am 25. Mai in Minneapolis, dann löst das natürlich Traurigkeit, Fassungslosigkeit, Wut und vielleicht sogar ohnmächtige Aggression aus. Aber Rassismus und Diskriminierung haben viele Gesichter und die wenigsten sind so gut erkennbar, mit so klaren Konturen versehen, wie dieser Tage in den USA. Wir alle denken in Schubladen und vielleicht fangen Diskriminierung und Rassismus in dem Moment an, in dem diese Schubladen anfangen unser Handeln zu beeinflussen. Da unser Gehirn aber unglaublich gerne dazulernt, müssen wir nicht in diesem komplett überholten Höhlen-Verhalten hängen bleiben. Der Lernprozess beginnt mit dem Mut sich seine eigenen Stereotypen bewusst zu machen, damit diese nicht mehr unbewusst unser Denken und Handeln beeinflussen können. Rassismus und Diskriminierung hören nicht auf, wenn man Gleichberechtigung gesetzlich implementiert oder Antidiskriminierungsgesetze erlässt, gleichgeschlechtliche Ehen zulässt, oder ein System anonymer Bewerbungsprozesse einführt. Rassismus und Diskriminierung beginnen in unseren Herzen, oft klammheimlich und versteckt, und dort muss es auch aufhören. Nelson Mandela hat einmal gesagt, dass kein Mensch hassend zur Welt käme. Hass müsse man lernen und wenn man lerne zu hassen, könne man auch lernen zu lieben. Und tatsächlich, der Jenaer Psychologe Andreas Beelmann hat im Rahmen von Studienreihen mit Kindern nachgewiesen, dass empathische Kinder (und wir haben gelernt, dass Empathie unter anderem ein Resultat einer liebevollen Erziehung ist) deutlich weniger empfänglich für Ressentiments und Vorurteile sind, als weniger empathische Kinder. Tja, “Liebe ist der Weg”, sagt der verrückte Guru. Aber recht hat er, Liebe und Selbstreflexion.

Das Video, in dem George Floyd um sein Leben kämpft, konnte ich übrigens nicht zu Ende schauen. Meine Spiegelneuronen haben mir das unmöglich gemacht. Das Flehen Floyds, gepaart mit der Gefühlskälte der Polizisten und der Hilflosigkeit der Passanten hat mir solche Schmerzen bereitet, dass ich abschalten musste. Meine Erklärungsversuche sollen auch auf keinen Fall etwas entschuldigen, was unentschuldbar ist. Vielmehr möchte ich zeigen dass es nicht Gesetze sind, die Diskriminierung beenden. Es ist unser Fühlen und Handeln. Wenn mir eine Freundin erzählt, dass ihr großartiger Sohn nicht mehr mit ihrem Fahrrad fahren möchte, nicht weil er nicht mit einem Damenrad gesehen werden möchte, sondern weil ihm Passanten durch Blicke und Kommentare zu verstehen geben, dass er dieses Fahrrad ja wohl geklaut haben müsse, weil er eben nicht blond und blauäugig ist, dann macht mich das unglaublich betroffen. Hier müssen wir aufräumen, vor unserer Haustür und nicht am anderen Ende der Welt! Aber klar, wenn wir sehen, was derzeit in den USA passiert, gepaart mit einer unwürdigen Rhetorik des US-Präsidenten, der sich nicht scheut, Parolen aus den dunkelsten Zeiten des US-amerikanische Rassismus zu rezitieren, dann lässt sich klar benennen, was schief läuft. Sich hier zu empören ist so viel einfacher, als diesen leisen verstecken Rassismus vor unserer eigenen Haustür zu suchen und daran zu arbeiten. Aber genau das ist der Weg!

Eure Constance

PS: Trotzdem darf man auch Solidarität zeigen. Meine zauberhafte Stieftochter hat gestern in Frankfurt demonstriert und ich bin darauf sehr stolz. Junge Menschen, die Stop sagen, sind unsere Zukunft. Aber diese jungen Menschen dürfen nicht den Fehler machen, die Missstände vor der eigenen Haustür zu übersehen, nur weil die Situation anderswo noch viel trauriger und schlimmer ist.

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Warum hat es Unmenschlichkeit so leicht, teil des Menschseins zu werden?

Der Versuch, das Unerklärliche zu begreifen