Persönlichkeit

Hünstetten-Maastricht und zurück! Das Ende eines verrückten Jahres...

… und vielleicht auch nur der Anfang eines noch verrückteren Jahres

Einmal mehr neigt sich ein Jahr dem Ende zu. Für mich war es ein besonders verrücktes Jahr und nicht zuletzt deshalb habe ich entschieden, diesen vorletzten Artikel im Jahr 2022 zu einem ganz persönlichen zu machen.

Hünstetten-Maastricht: 252 Kilometer, die es in sich hatten

All jene unter Euch, die mir auch in den sozialen Medien folgen, haben mitbekommen, dass ich in der letzten Woche Gastgeber eines Workshops für Studierende im Master-Jahr Wirtschaftspsychologie an der Universität Maastricht sein durfte. Eine Ehre, die mir das Gefühl gibt, riesengroß und winzig klein zugleich zu sein. Ich habe diesen Traum, diesen Purpose, die Welt zu verändern, sie (noch) lebenswerter zu machen, indem ich Menschen dabei unterstütze gerne zur Arbeit zu gehen, ihr Potenzial voll zu nutzen und ihre Ressourcen möglichst komplett einzubringen. Wie könnte ich wirksamer sein, als in der Arbeit mit jungen Menschen, den Menschen, die unsere Zukunft fest in ihren Händen halten und die all jene zwingend notwendigen (gesellschaftlichen) Veränderungen umsetzen werden, von denen wir immer wieder (nur) sprechen? Als die Anfrage aus Maastricht kam, ob ich Interesse daran hätte, einen Workshop im Rahmen des Master-Jahres durchzuführen, konnte ich mein Glück kaum fassen. Natürlich war ich sofort Feuer und Flamme. Das Konzept und der Workshop selbst entwickelten sich quasi von alleine, ist mir doch schon seit Jahren klar, was ich diesen jungen Menschen mitgeben möchte.

Alles war wie in einem Traum und erst im Auto auf dem Weg von Hünstetten nach Maastricht wurde mir bewusst was gerade passiert und natürlich kam ich nicht umhin, mich zu fragen wie das alles passieren konnte. Gefühlt habe ich mein Leben auf 252 Kilometern wie einen Film vor mir ablaufen lassen: Meine Kindheit, meine Eltern, die ich leider schon so lange vermisse, jeden Tag. Mir wurde bewusst, dass ich sie an diesem Tag ganz besonders vermisste. Niemand auf dieser Welt würde so stolz auf mich sein, wie sie es gewesen wären. Meine Mama wäre stolz auf das, was ich erreicht habe, mein Papa wäre stolz darauf, dass ich mir selbst treu geblieben bin, dass ich mich nicht verbogen habe. Es würde nicht ein Teil von mir, ein professioneller und ambitionierter Teil von mir sein, der am nächsten Tag am Pult der Uni stehen sollte. Ich würde es sein, ich selbst in all meinen Facetten und meiner gesamten Persönlichkeit, mit Stärken und Schwächen, mit meinen Fehlern und all meinen Flausen im Kopf würde dort stehen. Vielleicht kann man im Leben nicht mehr erreichen, als man selbst sein zu können.

So flog ich über die A3. Der Himmel war recht grau, aber auch das konnte meine Laune nicht trüben. Ich genoss jeden Kilometer. Irgendwo im Nirgendwo habe ich mir einen Kaffee gegönnt. Der wahrscheinlich beste Raststätten-Kaffee aller Zeiten. Ich saß da, schaute auf die Autobahn und fühlte mich ziemlich groß und erhaben.

Aber nicht nur die großen Momente flogen an mir vorbei. Auch die, in denen ich mich winzig klein gefühlt habe, waren präsent. 252 Kilometer sind eben schon ein ganzes Stück Weg. Irgendwann nach meiner Kaffeepause spürte ich auch wieder, wie klein ich mich fühlte, als ich mit Anfang zwanzig bei Condor anfing. Mein erster richtiger Beruf und ich hatte das Gefühl, am besten unsichtbar sein zu wollen, da alle anderen so viel besser waren, so viel mehr wussten, so viel mehr Erfahrung mitbrachten… Just in diesem Moment saß ich in einer Schulung, die sich Crew Ressource Management nannte. Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich verstanden, dass das, was ich als Schwäche sehe, auch eine Stärke sein kann. Ich lernte, dass Unerfahrenheit den Vorteil eines klaren Blickes hat. Erfahrung ist toll, kann aber auch blind machen. Ich lernte, dass ich richtig war, so wie ich war, mit dem was ich mitbringen konnte. Mein Job sollte es sein, den Mund aufzumachen, zu sprechen, zu fragen. Versuchen, unsichtbar zu sein sollte keine Option mehr für mich darstellen, denn ich war wichtig!

Genau das sollte auch meine Message an die Studierenden werden. Klar ging es auf fachlicher Ebene um Human Factors Training, die Konzepte, Ideen, Ansätze und wie man die Ansätze aus der Luftfahrt in die Business-Welt übersetzen kann. Aber ein guter Workshop braucht immer auch eine Message auf der Metaebene. Ich würde von einem junge und unerfahrenen Co-Piloten erzählen, der sich nicht traute, seinen Kapitän und dessen Entscheidung in Frage zu stellen. Ich würde davon erzählen, wie viele Menschen mit Hoffnungen und Träumen an diesem Tag ihr Leben verloren. Und ich würde von dem Co-Piloten erzählen, der nicht nur seinen Kapitän, sondern auch den Ausbildungskapitän, der seinen Kapitän überprüfen sollte und die hochentwickelte Software des Fliegers in Frage stellte und damit vielen Menschen das Leben rettete…“Du bist wichtig! Deine Stimme ist wichtig!” -Das sollten wir uns alle immer wieder ins Gedächtnis rufen.

Bitte nicht losheulen…

In Maastricht angekommen wurde ich herzlich und warm empfangen. Was irgendwann als fachlicher Austausch begann ist inzwischen längst zu einer Freundschaft geworden und Corinna hat mir nicht nur die Stadt und die Uni gezeigt. Ich wurde lecker bekocht, Pasta mit Garnelen! Am nächsten Morgen gab es das wunderbarste Frühstück gegen Aufregung und während meines Vortrags saß Corinna in der ersten Reihe und strahlte mich an.

Nein, wir Menschen sind keine Inseln. Wir brauchen andere Menschen, die an uns glauben, uns umsorgen, für uns da sind, mit uns lachen und mit uns weinen. Während ich meinen Workshop am Morgen vorbereitete, dachte ich, ich habe diese Menschen im Überfluss. Ich könnte nicht reicher sein. Ja, ich habe leider auch schon viele dieser Menschen verloren und besonders meine Eltern sind unersetzlich. Wo ich jedoch hinschaue sind Hände, die sich mir entgegenstrecken. Viele davon tun es einfach so, ohne Grund, einfach nur weil sie es können, oder weil ich ihnen wichtig bin. Es wäre nicht fair, einzelne hervorzuheben. Aber ich bin sicher auch ein Produkt derer, die an mich glauben und geglaubt haben.

Als die Aufregung immer deutlicher spürbar wurde, habe ich sie mir alle für einen kurzen Moment vor Augen geführt. Ich habe mir vorgestellt, all diese Menschen würden im Auditorium sitzen. Mit einem Schlag wurde es ganz warm und ich wusste, ich würde gut sein. -Was auch immer das bedeuten sollte.

Natürlich ging der Workshop viel zu schnell vorbei. Wie einer dieser flüchtigen zauberhaften Träume, die man so gerne festhalten würde. Als ich wieder zu mir kam stand ich da, umringt von jungen Menschen, die sich bedankten, für den Inhalt, aber auch für die Erinnerung daran, wie wichtig sie sind, wie wichtig das ist, was sie zu sagen haben. Eine junge Frau erzählte mir, dass sie sich gerade in den letzten Wochen häufig klein gefühlt habe, lieber geschwiegen habe, weil die Unsicherheit einfach zu stark war. Sie sagte, mein Vortrag hätte ihr so gutgetan, ihr Mut gegeben. Ich war so gerührt und dankbar und ich war froh, dass ich die Tränen gerade noch zurückhalten konnte. Es sind die winzig kleinen Dinge, die den Unterschied machen. Wenn ich nur einen einzigen Menschen erreiche, habe ich die Welt schon ein kleines bisschen verändert!

Maastricht-Hünstetten: Don’t stop believing…

Schon war wieder alles vorbei! In der Mensa gab es noch einen kleinen Snack und ein spannendes Gespräch und schon stand ich im Stau stadtauswärts. Äußerlich gesehen war ich im “Stop-and-Go” gefangen, innerlich bin ich geflogen. “Don’t stop believing’” von Journey dröhnte auf voller Lautstärke und da war er wieder, einer dieser flüchtigen tiefe Glücksmomente!

Auf dem Weg nachhause, der mir tatsächlich auch noch den ersten Schnee des Jahres servierte, schossen mir so unendlich viele Gedanken durch den Kopf. Ich dachte an das letzte Gespräch mit meinem Vater, ehe er zu schwach für klare Gedanken und lange Gespräche wurde. Wir saßen auf dem Krankenhausflur vor einer Wand aus Glasbausteinen. Draußen wurde es Herbst. Papa aß eine Portion Erdbeereis. Längst war klar, dass ihm nicht mehr viel Zeit in diesem Leben bleiben sollte. Ich denke, ihm selbst war es noch viel bewusster als mir, dass es an der Zeit war, die Dinge anzusprechen, die es aus seiner Sicht nochmal anzusprechen galt.

Ich selbst war noch so jung. Der Weg war für mich das Ziel und in den letzten Jahren habe ich mich einfach treiben lassen. Ich habe das Leben in vollen Zügen genossen, auch weil meine Eltern mir dafür den Raum gelassen haben. Ich bin durch die Welt und durchs Leben geflogen, im festen Vertrauen, dass mir noch unendlich viel Zeit bliebe. Ich weiß, dass mein Papa mir diese Freiheit von Herzen gönnte. Dennoch schien er sich Gedanken zu machen. Was wenn er mir keine Richtung mehr geben könnte? In welche Richtung würde ich ohne ihn fliegen? Wir haben über den Sinn des Lebens gesprochen. Damals war ich zu jung es zu verstehen. Da sich unser Gespräch jedoch tief in meine Seele gebrannt hat, kann ich es immer wieder durchleben und heute weiß ich, dass er versucht hat, mich zu ermutigen mein Ziel, meine Richtung, meinen Purpose zu finden. Es war sicher nicht leicht für ihn zu akzeptieren, dass ich meinen Sinn damals im Hier und Jetzt hatte. -Dass es mir um den Moment, den Spaß und das treiben lassen ging. Allerdings ließ er irgendwann im Verlauf des Gesprächs los. Ich denke er hat sich entschieden, darauf zu vertrauen, dass ich dieses Ziel, diese Ausrichtung irgendwann auch ohne ihn finden würde. Nur zu gerne würde ich ihm sagen, dass er recht hatte, mit allem! -Und dass ich meinen Fixstern gefunden habe, der mich antreibt und mich erfüllt.

Der Weg zurück in sein Zimmer schien für meinen Papa ein echter Marathon gewesen zu sein. Eigentlich waren es nur ein paar Meter. In seinem Bett angekommen war dieser fast zwei Meter große Mann erschöpft und müde. Ich habe mich verabschiedet und mich auf den Heimweg gemacht. In der Tür drehte ich mich nochmal um und ich konnte nicht fassen wie schwach mein Papa geworden war. Am nächsten Tag kam der Anruf, dass er auf die Intensivstation verlegt werden musste.

Journey dröhnte weiter in einer Endlosschleife. Draußen wurde es langsam dunkel und ich war wieder auf einer deutschen Autobahn. Endlich wieder Gas geben! Für einen kurzen Moment habe ich nochmal die Traurigkeit gespürt, die der Tod meiner Eltern mitgebracht hat. Diese tiefe Traurigkeit ist zum Teil meines Lebens geworden, ebenso wie die Dankbarkeit für all die Erinnerungen, die ich in meinem Herzen trage. Beides gibt mir Kraft, macht mich stark und ziemlich furchtlos!

Verrückt, was seit diesem Erdbeereis auf dem Krankhausflur alles passiert ist. Mein Leben hat Fahrt aufgenommen. Ich habe an die gute alte Condor gedacht, die in den schweren Zeiten eine wirklich wichtige Konstante in meinem Leben war. Ich habe an all die tollen Kollegen gedacht, an die Flüge und an den Moment, als ich selbst mein erstes Crew Ressource Management Training geben durfte, als frisch gebackene Trainerin. Das war kein Highlight! Ein Kollege, den ich sehr mochte und der leider auch schon seit einigen Jahren nicht mehr lebt, hat mir das Zepter total aus der Hand genommen. Verdammt, ich hatte die Kontrolle über meinen Lehrsaal komplett verloren! Danke Schröder!

Zum Glück habe ich noch eine zweite und dritte Chance bekommen. Überhaupt bin ich ein Produkt zweiter und dritter Chancen. Aber es waren nicht nur die anderen, die mich nicht aufgegeben haben. Auch ich habe mich nie aufgegeben. Ich habe wirklich hart für das gearbeitet, was mich heute ausmacht. Ja, es gab Momente da hätte ich mir gewünscht, dass das Leben das ein oder andere Geschenk für mich bereitgehalten hätte. Aber ich musste arbeiten, an mir, mit mir und für mich!

Im Hier und Jetzt mit dem Blick ins Morgen und Übermorgen

Draußen ist es inzwischen dunkel. Die Lichter glitzern bunt im Schneeregen. Noch eine gute Stunde bis zuhause. Langsam aber sicher wurde ich müde. Was für ein letzter großer Akt eines großen Jahres. Ich spürte ganz viel stolz, zumal ich auch im nächsten Jahr wieder nach Maastricht kommen darf um mit einer neuen Gruppe junger Studierender zu arbeiten. Das Rad würde sich also weiterdrehen. Dieser letzte Akt ist gefühlt auch ein Startschuss! Die Welt hält eben nicht inne, egal was passiert. Ich musste unwillkürlich an den Moment denken, in dem ich meiner Mama eine gute letzte Reise wünschte. Es war sehr früh morgens, kurz vor Ostern, als meine Mama sich auf ihre letzte Reise gemacht hat. Ich war allein mit ihr im Zimmer und für mich blieb mit Mamas Herzschlag auch die Welt stehen. Gleichzeitig fingen draußen an die Vögel zu singen und die Sonne ging langsam auf.

Die Welt dreht sich eben immer weiter. Während ich im Auto saß - müde, erschöpft, stolz - dachte ich daran, dass auch heute keine Zeit ist, inne zu halten. Am nächsten Morgen würde meine Ausbildung zum Change Manager beginnen. Immer in Bewegung. Aber so habe ich es mir ausgesucht und nur so macht es für mich Sinn. So lange sich meine Welt dreht, werde ich mich mit drehen, mich entwickeln und lernen, im Hier und Jetzt sein, aber auch das Morgen und Übermorgen im Blick behalten und meine Wurzeln nie vergessen.

Ich wünschte ich hätte eine Glaskugel und könnte mir selbst vorhersagen, was die Zukunft bringt. Fakt ist, ich weiß es nicht. Aber im Vertrauen auf mich selbst, mit all den wunderbaren Menschen um mich herum, mit den Chancen und den Möglichkeiten, die sich mir bieten, wird es sicher gut werden. Wenn es nicht gut wird, dann muss ich eben weitermachen. Seit meinem ersten Crew Ressource Management Training damals sind fast genau 23 Jahre vergangen. Es war ein weiter weg bis hierher. Diese 252 Kilometer von Maastricht zurück nach Hünstetten wirken im Vergleich dazu wie ein winzig kleiner Schritt. Es gab Durststrecken und Momente des Überflusses. Niemals aufzugeben hat sich in jedem Fall gelohnt, niemals aufzugeben und den Mut zu haben, ich selbst zu sein, meinen Weg zu gehen und eben nicht einfach anderen zu folgen.

Als ich das Auto schließlich auf den Parkplatz vorm Haus abgestellt habe und der Motor aus war, war da plötzlich Stille. Draußen schneite es ganz leise. Ich bin einfach noch einen Moment sitzen geblieben und wie aus dem nichts kam in mir diese eine Frage hoch, die ich schon damals mit Papa im Krankenhaus diskutiert habe: Wofür das ganze? Was ist der Sinn dieses Lebens? Wirklich keine leichte Frage. Ich erinnerte mich an ein Buch, das diese Frage auf eine Art und Weise beantwortete, die so ganz anders war, als alles das, was ich mir zuvor im Kopf zurechtgelegt hatte. Aber dazu mehr in nächsten Blog. Der Sinn des Lebens ist das vielleicht schönste Thema für einen Blog pünktlich zu Weihnachten.

Genießt die Vorweihnachtszeit.

Eure Constance

PS: Und glaubt mir, nicht nur während meiner Autofahrt nach Maastricht und zurück habe ich mehr als einmal gedacht, dass sicher gleich der Wecker klingelt: Es ist drei Uhr am Morgen. Ich ziehe meine blaue Uniform an und fliege nach Palma… Alles nur ein Traum…

Maastricht und zurück

Das Leben ist schön, es ist bunt und unendlich verrückt.

Zwischen Angst und Mut liegt nur die Bewertung

Ein kurzer Blick zurück

In der letzten Woche habe ich mein einjähriges Projekt zur Verbesserung der subjektiv empfundenen psychologischen Sicherheit in Zusammenarbeit mit wundervollen Kolleginnen der Universität Maastricht zu Ende gebracht. Die abschließende Post-Study läuft noch und ich lasse dieses Jahr gerade Revue passieren.

Im Kern ging es um das, um was es mir immer geht, um meinen ganz eigenen Purpose: Um Menschen! Ich möchte, dass meine Arbeit einen Beitrag dazu leistet, dass Menschen (noch) ein klein wenig zufriedener, sicherer, glücklicher und ausgeglichener sind. Ich bin der festen Überzeugung, dass das Gesellschaften wie Organisationen stärker und zukunftsfähiger macht. Das Gefühl der psychologischen Sicherheit stellt dafür eine elementare Rahmenbedingung dar. Um dieses Gefühl auf organisationaler Ebene zu stärken habe ich mit Teams und Führungskräften gearbeitet, denn beide leisten ihren Beitrag für diese kulturelle Veränderung innerhalb einer Organisation. Ich habe mich auf das Thema Feedback und Feedback-Kultur fokussiert, denn wenn mit mir gesprochen wird und nicht über mich, fühle ich mich sicher. Ich fühle mich sicher, wenn ich weiß, dass meine Kollegen wohlwollend beobachten, was ich tue und mich im Zweifelsfall vor einem Fehler bewahren, in dem sie mir ihr Feedback geben, ihre Perspektive darlegen. Feedback, das miteinander reden, bringt Menschen in den Austausch, sorgt für Verständnis. So wird eine ehrliche und offene Feedback-Kultur zur Basis für psychologische Sicherheit.

Die Sicherheit in mir

Aber woher kommt der Mut, Feedback zu geben? Natürlich kommt er aus der Gewissheit, sich in einem Umfeld zu bewegen, in dem es OK ist, offen und ehrlich zu sprechen. Eine Kultur der psychologischen Sicherheit auf Team- oder Organisationsebene unterstützt eine offenen Feedback- und Fehlerkultur. -Die Voraussetzung für lernende Organisationen, die in unserer dynamischen Zeit geradezu überlebenswichtig sind. So landen wir zwangsläufig bei der Frage nach dem Huhn oder dem Ei! Ohne psychologische Sicherheit keine Feedback-Kultur und ohne Feedback-Kultur keine psychologische Sicherheit. Ein gefühltes Dilemma.

Doch zum Glück ist da ja noch mein Purpose, mein Nordstern: Der Mensch! Denn psychologische Sicherheit ist skalierbar und sie beginnt in mir selbst. Fühle ich mich sicher und schaffe ich es in mir zu ruhen, in vollstem Vertrauen auf meine Ressourcen, dann brauche ich kein bestimmtes Umfeld, das ich ja ohnehin nicht beeinflussen kann. Wenn ich zu meinem eigenen inneren Leuchtturm werde, dann kann mich kein Umfeld, keine Dynamik und keine Komplexität dieser Welt mehr aus meiner eigenen inneren Bahn werfen.

Die große Frage ist und bleibt, wie ich dieses Vertrauen in mich selbst finde. Die Angebote sind mannigfaltig und Achtsamkeit in jeder Form, ebenso wie Selbstliebe sind wichtige Voraussetzungen.

Im Laufe des letzten Jahres haben wir ein zusätzliches Angebot gemacht, ein sehr neurowissenschaftliches Angebot, das vielleicht im Business auf höhere Akzeptanz stößt, als Meditation oder andere Achtsamkeitsübungen.

Die Polyvagal Theorie

Die Polyvagal Theorie nach Stephan Porges ist eine Kombination von evolutionsbiologischen, neurowissenschaftlichen und psychologischen Konzepten, die sich mit der Regulation von Emotionen im Zusammenhang mit Angstreaktionen beschäftigt. Im Prinzip untersucht Porges das Erleben von Sicherheit und Verbundenheit in Bezug auf Kampf-/Fluchtreaktionen und Schock- oder Angststarre. Ganz global gefasst geht es um Stress.

Das sympathische und das parasympathische Nervensystem ist sicher vielen ein Begriff. Während das sympathische Nervensystem in Phasen höherer Erregung und Stress aktiviert wird, wird das parasympathische Nervensystem im Zustand der Entspannung aktiviert. Beides ist wichtig und hilfreich. Beide Systeme werden über unseren Vagusnerv angesteuert, der ebenfalls wiederum aus zwei Bereichen besteht: Der ventrale Vaguskomplex, der sich vor allem über die Vorderseite unseres Körpers erstreckt, sorgt für Entspannung, soziale Aktivierung und Sicherheit. Der dorsale Vaguskomplex erstreckt sich über unsere Körperrückseite und sorgt in Gefahrensituationen, oder in Situationen von subjektiv empfundener Unsicherheit für Aktivierung und die berühmte Kampf-/Fluchtaktivierung, sowie in lebensbedrohlichen Situationen für Immobilisierung, das weniger bekannte Freeze-Phänomen.

Was kann ich nun tun, wenn ich mich unsicher fühle, mein dorsaler Vaguskomplex aktiviert ist? Nun, im ersten Schritt muss ich es erkennen, um dann bewusst meinen ventralen Vaguskomplex zu aktivieren. Wie ich das tue? Ich nutze die Vorderseite meines Körpers und atme tief in den Bauch, oder ich ziehe die Mundwinkel zum Grinsen nach oben (ja, die Muskeln, die Deine Mundwinkel noch oben ziehen, sind mit Deinem ventralen Vaguskomplex verbunden). Oder ich gehe in Kontakt mit den Menschen um mich herum, durch bewusste Gesten, Blicke in die Augen, Berührungen. Mit Menschen in Verbindung gehen stimuliert ebenfalls unseren ventralen Vaguskomplex.

Gelingt es mir so, mein Nervensystem zu regulieren, sorge ich für die Ruhe und Ausgeglichenheit tief in mir, die ich brauche um mir meiner Ressourcen bewusst zu sein und so auch entspannt Feedback zu geben, kritisch zu sein, den Mund aufzumachen. -Total sicher und völlig angstfrei!

Aber ein Leben so ganz ohne Stress? - Alles eine Frage der Bewertung!

Für meine Arbeit hat Porges’ Theorie eine kleine Schwachstelle. Ja, es ist hilfreich, sein Stresslevel bewusst regulieren zu können. Außerdem ist es auch verdammt gesund. Aber ein Leben so ganz ohne Stress? Will ich das? Wäre das überhaupt gut für mich?

Meine Kollegin und Freundin Corinna Rott von der Universität Maastricht forscht hierzu im Rahmen ihrer Dissertation. In Studienreihen mit Führungskräften hat sie herausgefunden, dass viele der Teilnehmenden Stress als hilfreich erachten und die Lösung für sie keineswegs sein kann, ein Berufsleben ohne Stress zu führen. Wir wurden von der Evolution nicht umsonst mit beiden Systemen ausgestattet. Stress macht uns aufmerksamer, leistungsfähiger, besser. Manchmal passiert es jedoch, dass dieser Stress so anwächst, dass er in uns das Gefühl der Unsicherheit oder Angst hervorruft. Diese Angst ist leider nicht hilfreich, weder im Job, noch privat. Also Stress doch wieder runter regulieren?

Zwischen Angst und Mut liegt nur die Bewertung

Dank Corinna habe ich Kelly McGonigal von der Sanford Universität in San Francisco kennenlernen dürfen , die ihren Fokus nicht mehr auf das Reduzieren von Stress richtet, sondern auf die Bewertung von Stress. Denn der Unterschied zwischen Angst und Freude liegt in der Bewertung. Physiologisch ist sich beides gleich. Ich versuche das mal anhand eines Beispiels zu erklären: Vielleicht fährst Du sehr gerne Achterbahn. Ich mag es nicht. Mir macht es Angst. Manchmal fahre ich aus einer Art Gruppendruck trotzdem mit und besonders schön sind dann diese Fotos, die man im Anschluss von sich selbst während der Fahrt kaufen kann. Meine sehen für gewöhnlich so aus, dass ich um mich herum fröhliche, lachende Gesichter sehe, während mein eigenes entsetzt, fast schmerzverzerrt aussieht. Aus diesem Grund habe ich mir noch nie so ein Foto gekauft.

Physiologisch gesehen befinden sich jedoch alle auf dem Foto in einem vergleichbaren Zustand. Ich bewerte ihn eben nur nicht als Spaß, sondern als Gefahr. Interessant ist, dass viele der Menschen, mit denen ich Achterbahn gefahren bin, Angst oder Unwohlsein empfinden, wenn sie einen Vortrag vor hunderten von Menschen halten sollen. Sie sagen, sie würden dann so unruhig, müssten häufiger zur Toilette, bekämen feuchte Hände und einen trockenen Mund, das Herz würde anfangen zu rasen. Das würde sie sehr verunsichern. Ich spüre exakt die gleichen Symptome vor großen Vorträgen oder wichtigen Workshops, aber ich bin der Meinung, dass diese Symptome Teil meiner Vorfreude sind. Denn ich liebe derartige Termine! Und ich weiß, dass meine Anspannung im Vorfeld mich nur noch aufmerksamer und besser sein lässt.

Und denke ich an meine Hochzeit, waren meine Hände klatschnass, ich konnte kaum richtig atmen, mein Herz hat wie wild geklopft und sind wir mal ehrlich, hier wäre ich nie auf die Idee gekommen, dass ich Angst haben könnte. Ich befand mich in einem Zustand breit grinsender Vorfreude…

Wenn Sie sich dazu entscheiden, Ihre Stressreaktion als hilfreich zu betrachten, schaffen Sie die biologische Voraussetzung von Mut.
— Kelly McGonigal

So einfach und so kompliziert. So könnte ich auch die körperlichen Reaktionen, die ich habe, bevor ich mich traue (oder eben auch nicht) offen und ehrlich meine Meinung zu vertreten oder Feedback zu geben, als hilfreiche Unterstützung und eben nicht als Alarmsignal bewerten und einfach mutig Feedback geben.

Dass dies möglich ist, zeigen uns seit Wochen all die unglaublich mutigen Mädchen, Frauen und Männer im Iran. Ich habe mich mehr als einmal gefragt, ob ich diesen Mut, diesen Todesmut, aufbringen würde, lebte ich dort. Ich habe mir oft vorgestellt, dass ich zu ängstlich sein würde. Aber wahrscheinlich hat Kelly McGonigal recht und wir erleben im Iran gerade Menschen, die sich beflügeln lassen, die kämpfen und ihre körperlichen und emotionalen Empfindungen als positiv und unterstützend bewerten. Sie wollen einen kulturellen Wandel herbeiführen. Dafür brauchen sie Mut, keine Angst. Denn ein jeder kultureller Wandel braucht Mut und er wird von Menschen getragen, die diesen Mut zur Veränderung tief in sich finden! -Nicht nur gesellschaftlich, sondern auch in Organisationen.

Wie einfach erscheint doch der (kulturelle) Wandel, den ich in Wirtschaftsorganisationen zu unterstützen versuche, im Vergleich zum sich vollziehenden kulturellen Wandel im Iran! Auch deshalb mache ich immer weiter. Denn ich weiß, dass es funktioniert. Jede*r einzelne von uns trägt in sich, was es dafür braucht. Wir müssen uns nur entscheiden mutig zu sein.

Habt einen schönen Sonntag und seid mutig!

Eure Constance

Denn alles beGinnt bei mir

Sei mutig! - Nicht ängstlich!

Denn wer nicht tanzt ist indiscotabel - Resiliente Organisationen als Erfolgsmodell

Wieviel Perfektion ist perfekt?

Eigentlich hätte ich diese Zeilen schon vor einer Woche tippen sollen. Immerhin habe ich diesen 14 tägigen Rhythmus selbst etabliert und ich freue mich sehr, inzwischen eine gewisse Stammleserschaft zu haben, die sich jeden zweiten Sonntag zum Frühstück auf meine Zeilen freut. Darauf habe ich lang hingearbeitet. Es ist mir unglaublich wichtig, professionell zu agieren und meinem eigenen Anspruch gerecht zu werden. Aber was mache ich letztes Wochenende? Ich tanze einfach so die halbe Nacht durch! Bääm! Blog schreiben war nicht mehr möglich. Absolut indiskutabel und unprofessionell! Und trotzdem habe ich mich bewusst dazu entschieden, in der letzten Woche den Blog Blog sein zu lassen und das Leben zu genießen, einfach so!

Meine Artikel sollen immer eine Reflexion dessen sein, was ich in den vergangenen Wochen erlebt habe und in den letzten drei Wochen hat sich bei mir sehr viel um Stressmanagement, Achtsamkeit und Resilienz gedreht. Wie kann ich tagaus tagein umherlaufen und Menschen zu einer achtsamen Work-Life-Balance animieren, aber selbst wie ein Duracell-Häschen auf Speed durch mein Leben düsen, meine eigene Balance völlig ignorierend? Ich sollte leben, was ich predige und so habe ich in der letzten Woche diese Entscheidung getroffen, die mir nicht leichtgefallen ist. Verrückt, oder?

Resiliente Organisationen

Aber mal von vorne: Woher mein berufliches Interesse an Resilienz, Achtsamkeit, Stressmanagement? In einer dynamischen, komplexen und stark vernetzten Welt, in der gefühlt alles mit allem zusammenhängt, resultiert das Gefühl von Sicherheit insbesondere aus der Fähigkeit, mit Unsicherheit umgehen zu können. Alles scheint in einem stetigen Wandel begriffen und wir Menschen können da schon einmal den Überblick verlieren, uns verloren fühlen, oder diesem stetigen “Change” überdrüssig werden. Jedoch verlangt unsere gegenwärtige Realität von Unternehmen eine schnelle und flexible Reaktionsfähigkeit. Wem es nicht gelingt, sich immer wieder an neue Rahmenbedingung anzupassen, bleibt auf der Strecke. Meckern und Kopf in den Sand ist also keine Option, egal wie verständlich eine solche Reaktion vielleicht ist.

Agilität als Zauberimpfstoff

Natürlich ist dieses Phänomen bekannt und kluge Köpfe habe tolle Ideen und Strukturen entwickelt, um die Dynamik und Komplexität unserer Zeit zu managen. Agilität ist hierbei nicht nur zu einem der bekanntesten Buzz-Wörtern geworden, sondern wird inzwischen geradezu inflationär als Zauberimpfstoff für träge Organisationen gehandelt. Aber reicht diese einmalige Impfung aus? Klar, ist ein Unternehmen agil, dann bedeutet das, es ist anpassungsfähig und flexibel. Agile Prozesse und ein agiles Mindset helfen gegen träge Entscheidungsfindungsprozesse, gegen engstirniges Silodenken und unproduktive Pseudo-Geschäftigkeit. Ist eine Organisation wirklich agil kann sie die stetigen Veränderungen sogar produktiv für sich nutzen. Die Organisation wird zu einer lernenden Organisation und Veränderung wir zum willkommenen Standard.

Allerdings ist Agilität auch ein menschlich durchaus herausfordernder Arbeitsmodus. Der hohe Freiheitsgrad in agilen Organisationen sorgt nicht zwangsläufig für eine hohe Handlungsfähigkeit. Wenn es schlecht läuft, können Menschen sich durch diese Strukturen, die Freiheit und die damit verbundene Erwartungshaltung enorm unter Druck gesetzt fühlen. Wenn Organisationen glauben, es reiche aus, agile Strukturen, Prozesse, Methoden einzuführen, ohne dabei die Menschen angemessen zu begleiten, damit die agile Kultur nicht nur im Code of Conduct steht, sondern auch tatsächlich empfunden wird, kann Agilität zu einer regelrechten Burnout-Falle werden.

Doch auch Menschen wie ich, die in der agilen Arbeitsweise geradezu aufgehen, weil sie die Möglichkeiten und Freiheiten lieben und als großen Motivationsfaktor empfinden, können durchaus in Gefahr sein. - Zum Beispiel, wenn sie dazu neigen, immer wieder über eigene Grenzen zu gehen, sich selbst regelrecht ausbeuten. Fehlt die Balance und wird das eigene Ressourcenkonto nicht regelmäßig aufgefüllt, ist nicht auszuschließen, dass Agilität mit Gesundheit bezahlt wird. Belastungsfalle statt Empowerment! Deshalb musste ich einfach mal tanzen gehen und ich danke Dir, liebe Melli, für Deine wundervolle Kühlschrank-Philosophie, die Du mit mir geteilt hast: Wer nicht tanzt ist indiscotabel! Diesen Magnet brauche ich auch an meinem Kühlschrank!

Resilienz als Möglichmacher

Agilität oder erfolgreiches Arbeiten in einem dynamischen und komplexen Umfeld braucht Resilienz sonst dreht der Mensch doll und tanzt nicht mehr. Resilienz ist im Prinzip eine Voraussetzung für erfolgreiche Organisationen in unserem modernen Businessumfeld. Aber was ist Resilienz überhaupt. Eigentlich kommt der Begriff aus der Physik und beschreibt die Dehnbarkeit einer Feder. Wie weit kann ich eine Feder auseinanderziehen, bis sie nicht mehr in ihren Ursprungszustand zurückspringt? Die Psychologie hat den Begriff dankbar übernommen. Wie viele Einschläge, Veränderungen, Rückschläge hält die Seele aus, ohne langfristig aus der Form zu geraten? Je besser ich hier aufgestellt bin, desto einfacher und schneller kann ich die immer neuen Veränderungen verarbeiten und wieder handlungsfähig werden, als Individuum und als Organisation.

Der Sprung in die Wirtschaftspsychologie war schließlich kein besonders großer. In einer zunehmend dynamischen (Wirtschafts-) Welt geht es zunehmend darum, sich schnell und flexibel an immer neu Voraussetzungen anzupassen. Es braucht resiliente Organisationen, die sich von allen möglichen Einschlägen schnell erholen um wieder ins Tun zu kommen. Eine Studie des Zukunftsinstituts kommt sogar zum Schluss, dass Resilienz die zentrale Zukunftskompetenz überhaupt sei. Aber wie bastelt man sich eine resiliente Organisation? Nun eigentlich ganz einfach: Eine resiliente Organisation besteht aus resilienten Bereichen, die wiederum aus resilienten Teams bestehen, die wiederum durch resiliente Mitarbeitende geformt werden. Eine resiliente Organisation entsteht also immer aus resilienten Individuen. Ja, auch Resilienz ist skalierbar.

Es werde also Resilienz…

Möchte ich mir eine resiliente Organisation basteln, beginne ich mit meinen einzelnen Mitarbeitenden. Diese individuelle Resilienz entsteht nur, wenn ich jeden Menschen als soziales Wesen begreife. Hier ist ein holistischer Ansatz im Umgang mit den Mitarbeitenden unabdingbar. Jede*r einzelne muss das Gefühl haben, sie oder er selbst sein zu dürfen: individuell, offen und ehrlich. Der Ansatz sind sogar so ganzheitlich, dass ich offen und ehrlich darüber sprechen könnte, wenn mir alles zu viel ist, ich mich überfordert fühle oder einen Fehler gemacht habe. Ganz schön beängstigend, vor den Kollegen derart blank zu ziehen… Natürlich führt uns auch die Frage nach der Resilienz zu meinem Kernthema der psychologischen Sicherheit nach Amy C. Edmondson. Denn nur in einem psychologisch sicheren Umfeld trauen wir uns, uns selbst wirklich und tief zu reflektieren, uns selbst so kennenzulernen, dass wir wissen was uns guttut und wie wir uns in kritischen Situationen selbst positiv und ehrlich motivieren können, oder wie wir unseren individuellen Stress und unsere Ängste leveln können. Es ist natürlich auch ein psychologisch sicheres Umfeld, das uns ein experimentelles Tun, ein kreatives ausprobieren ermöglicht. Ohne psychologische Sicherheit keine resiliente, lernende Organisation.

Mit dieser Herleitung habe ich in den letzten Wochen immer wieder vor allem mit Führungskräften gearbeitet. Was kann ich als Führungskraft konkret tun, um ein psychologisch sicheres und resilientes Umfeld zu fördern? - Einen Beitrag dazu zu leisten, dass die gesamte Organisation resilienter wird? Die Antwort ist ebenso motivierend wie frustrierend. Als erstes muss ich bei mir anfangen. Mein ganz individuelles Stressempfinden und meine Strategien im Umgang mit Stress haben besonders in einer Führungsposition einen besonderen Einfluss auf die Teamdynamik und den subjektiv empfundenen Leistungsdruck eines jeden Mitarbeitenden. Ein*e jede*r sollte sich regelmäßig sehr ehrlich fragen, wie es um ihr oder sein Stresslevel bestellt ist. Um hierfür Anhaltspunkte zu geben, haben wir in einem ganz besonderen Workshop in Zusammenarbeit mit zwei wundervollen Forscherinnen der Universität Maastricht mit der sogenannten Polyvagal Theorie nach Stephen W. Porges gearbeitet. Das Ziel war Stress als körperliche Empfindung zu abstrahieren und Möglichkeiten an die Hand zu geben, Stress über Körperarbeit bewusst zu senken. Möchte ich anderen Sicherheit geben, sollte ich mich erstmal selbst sicher fühlen und Stress hat immer etwas mit Kampf und Flucht und somit ggf. auch mit Unsicherheit zu tun.

Im nächsten Schritt rate ich Führungskräften das Thema Stress im Team zu thematisieren, ebenso wie Fehler, Unsicherheiten, Sorgen, Ängste. Gelingt es mir als Führungskraft, mich als Mensch erlebbar zu machen, werden es mir meine Mitarbeitenden mit einer hohen Wahrscheinlichkeit gleichtun. Spreche ich darüber, dass mir etwas zu viel wird, oder spreche ich über einen Fehler, den ich gemacht habe, setze ich automatisch den Standard für das Miteinander. Ich zeige, dass es zur Teamkultur gehört, Fehler machen zu dürfen, Grenzen zu haben, Sorgen zu teilen. Und nein, keine Angst, das wird ganz sicher nicht zu einem Therapiesetting. In den letzten Wochen habe ich gleich mehrere Teams dabei unterstützt, über das Stresslevel und die Belastungen im Team zu sprechen. Einige Teilnehmende haben mir erzählt, dass sie noch nie zuvor in einem Team auf der Arbeit so konkret über ihr Stresslevel und ihre Belastungen gesprochen haben und dass es gutgetan hat.

Ich weiß, das sind ziemlich kleine Schritte, aber lieber zwei kleine Schritte, die auch gegangen werden, als den großen Sprung, für den einem am Ende entweder der Mut oder die Sprungkraft fehlt.

Und Perfektion…??? Ja, das ist so eine Sache. Irgendwie streben wir alle danach, erreichen sie gefühlt nie und arbeiten uns deshalb an ihr ab. Denn wie schon Alfred de Musset sagte:

“Perfektion existiert nicht. Dies zu verstehen ist der Triumph menschlicher Intelligenz. Sie besitzen zu wollen ist die gefährlichste Form des Wahnsinns.”

Nun ja, in meinem Fall liegen Genie und Wahnsinn wohl noch recht dicht beisammen!

Ich wünsche Euch einen schönen Sonntag. Vielleicht tanzt Ihr ja ein wenig…

Eure Constance

Resilienz 2.0

… denn nicht zu tanzen ist indiscotabel…