Business Training

Ansichten einer Träumerin Vol. 2

… Oder wenn Träumereien plötzlich wahr werden…

Zurück aus meiner Sommerpause dachte ich mir, ich mache einfach da weiter, wo ich vor gut vier Wochen aufgehört habe. Auf meinem Weg in den Urlaub habe ich davon berichtet, wie es sich anfühlt, wenn einem klar wird, wo man hin möchte, wenn man seinen eigenen Purpose, sein Ziel und seine Bedeutung plötzlich glasklar vor Augen hat und wenn diese eine große Ziel aber doch noch einen winzigen Millimeter zu weit weg ist, um es tatsächlich zu greifen! Mit diesen Gedanken habe ich mich in meinen Urlaub verabschiedet, um nicht zu sagen, natürlich habe ich ihn mit in meinen Urlaub genommen.

Weil Perspektivwechsel Wunder bewirken

In diesen vier Wochen, die ich hier liebevoll Urlaub nenne, war bei mir natürlich wie immer eine ganze Menge los! Zunächst habe ich mit meiner NLP Ausbildung begonnen, da ich mich als Coach noch etwas breiter aufstellen möchte und um mich selbst in all diesem Wahnsinn nicht zu verlieren, um im Hier und Jetzt zu bleiben, hat es mich danach in ein Yoga Retreat an die Nordsee verschlagen. Beides war großartig und hat mir den Kopf ganz wundervoll freigepustet. Es tat gut, endlich mal wieder raus zu kommen und andere Menschen zu treffen, neue Impulse zu bekommen, Neues zu sehen und auszuprobieren. Ich habe mich, wie viele von euch sicher auch, prinzipiell ja recht gut in mein Leben im Homeoffice eingefunden. Jeder Tag war irgendwie gleich, vielleicht etwas reizarm, aber doch ganz OK. Was soll man jammern, wenn man es ohnehin nicht ändern kann. Radikale Akzeptanz ist hier das Mittel der Wahl! Was dabei wirklich auf der Strecke geblieben ist, wurde mir vollumfänglich erst bewusst, als mir den Wind in Sankt Peter Ording gehörig den Kopf durchgepustet hat. Diese Reizarmut der letzten Monate hat meine Kreativität auf ein Minimum zurückgefahren. Mein Zuhause wurde plötzlich auch zu dem Ort, an dem ich arbeite und war eben nicht mehr dieser heilige Ort, an dem ich runterfahre und den Abstand zu meinem täglichen Tun gewinne, den ich brauche, um dann auch wieder (kreative) Höchstleistungen zu erbringen. Mir hat es gefehlt, in Straßencafés zu sitzen, die Leute zu beobachten, das bunte Leben um mich herum aufzusaugen, der Small Talk mit Fremden hat mir gefehlt und mir hat gefehlt, alle meine Freunde endlich mal wieder auf einem Haufen zu erleben, diese laute Lachen, die lauten Geschichten, die man braucht, um dann auch die Stille wieder genießen zu können. Mein Leben im Homeoffice war so geordnet, dass das kreative Chaos in mir eingeschlafen ist. -Und ich habe es nicht gemerkt! Im Gegenteil, ich war so stolz auf mich, wie gut ich das alles meistern würde! Tja, am Nordseestrand wurde mir bewusst, dass ich mich einfach nur diesem Alltags-Hamsterrad ergeben habe! Und genau das hatte natürlich auch Einfluss auf mein Denken und Fühlen und die Art und Weise, wie ich vor meinem Urlaub geträumt habe. Nicht falsch verstehen, mein großer Traum, mein Purpose, ist noch immer der gleiche. Ich habe bei dessen Bewertung und bei den Überlegungen, wie ich meinem Traum nun endlich so dicht auf die Pelle rücken kann, damit ich ihn umsetzen kann, zwei Kardinalfehler begangen, die ich bei anderen natürlich sofort identifiziert hätte:

  1. Ich bin davon ausgegangen, dass die Organisation oder das System um mich herum zulassen muss, dass dieser Traum wahr wird. Sprich ich habe mich abhängig gemacht, ohne möglich Alternativen zu sehen.

  2. Ich befürchte, ich hatte Angst vor der eigenen Courage, Angst davor, anzukommen. Denn was ist denn dann…??? Wie sollte es weitergehen? Mein Tutor zu Abi-Zeiten hat mir damals in mein kleines Abschluss-Poesiealbum geschrieben, dass er mir wünsche, dass fast alle meine Träume wahr werden, ich aber gleichzeitig auch immer noch genügend unerfüllte Träume in meinem Herzen behalten solle, da es die sind, die das Leben lebenswert machten. Verdammt, hat er etwas recht?

Denn ich bin die Organisation…

Wenn ich so zurückschaue, war es natürlich immer wieder das System oder die Organisation um mich herum, die mich mal näher an meinen Traum herangeführt, oder auch mal weiter davon weggespült hat. Klar könnte man das jetzt so hinnehmen und akzeptieren, weil das Leben eben so ist. Im Wind der Nordsee ist mir da aber plötzlich wieder Steven Coveys Opfer-Gestalter-Modell in den Kopf gekommen. Meinen allerersten Blog-Artikel überhaupt habe ich darübergeschrieben, dass wir uns in unserem Leben in zwei Bereichen bewegen: dem Einfluss- und dem Interessensbereich. In unserem Einflussbereich liegen die Dinge, die wir proaktiv beeinflussen können. Hier sind wir als Gestalter unterwegs. In unserem Interessensbereich liegen all die Dinge, die uns beeinflussen, wir aber nicht beeinflussen können. Hier sind wir als Opfer unterwegs. In meinen Coachings ist es immer wieder Thema, diese beiden Bereiche klar voneinander abzugrenzen. Denn nur allzu oft fokussieren wir Menschen uns so sehr auf unseren Interessensbereich, dass wir den Einflussbereich nicht mehr wahrnehmen. Wir machen uns zum Opfer unseres Lebens. Oder wir machen den Interessensbereich größer als er in Wirklichkeit ist, weil wir unseren Einfluss auf die Dinge nicht wahrnehmen. Zweites ist mir wohl passiert! Vielleicht brauche ich einen Coach! Nachdem ich mein Traum-Dilemma einmal aus einer anderen Perspektive betrachtet habe, wurde mir klar, dass ich immer wieder gute Gründe (und manchmal auch nur gute Ausreden) dafür hatte, dem Leben zu erlauben, mich mal wieder ein Stück weit von meinem Traum wegzureißen. Ich habe mich entschieden, mitzumachen und es geschehen zu lassen, denn ich bin die Organisation meines Lebens. Hört sich sehr nach zu viel Yoga an, ich weiß! Aber mal ehrlich, wir alle kennen diese Situationen, die uns immer wieder in den Kopf spring: wenn ich es damals soundso gemacht hätte, wäre heute alles anders! Unser Leben ist eine Aneinanderreihung von Entscheidungen, die wir in der jeweiligen Situation immer bestmöglich treffen. Die Wahl haben wir trotzdem und so bleibt für den Interessensbereich bestenfalls das Wetter übrig!

Aus diesem Grund hab ich entschieden, mich nicht mehr von meinem Traum abhalten zu lassen. Die ersten konkreten Schritte müssen nur noch geplant werden. In absolut urlaubsschwangerer Leichtigkeit habe ich mich dazu entschieden, ab nächstem Jahr nun endlich auch mal offene Workshops anzubieten! Raus aus den Zwängen, die mir meine Organisation auferlegt! Ich weiß schon was und ich weiß schon wo! Was noch fehlt ist ein Marketing-Konzept, denn darin bin ich eine echte Niete! Aber irgendwie werde ich das schon hinbekommen! Wenigstens muss ich es mal ausprobieren! Und wenn ihr dann nicht nur von mir lesen möchtet, sondern Lust habt, an einem Workshop mit mir teilzunehmen, ohne, dass euer Arbeitgeber mich bucht, habt ihr ab nächstem Jahr die Chance dazu! Denn wir sind die Organisation! Wir sind das System unseres Lebens! BÄHM!

Was bleibt ist die Angst vor der eigenen Courage

Das einzige, was jetzt noch bleibt, ist die Angst davor, dass sich der große Traum auch wirklich erfüllt. Vielleicht hat er sich ja auch schon ein Stück weit erfüllt, ohne dass ich es bewusst mitbekommen habe. Vielleicht müsste ich einfach nur loslassen, aufhören zu kämpfen und die Dinge passieren lassen. Aber das kann und will ich mir Stand jetzt wohl noch nicht zugestehen! Denn was würde das bedeuten? Unter anderem würde es bedeuten, dass ich aus meinem eigenen Schatten heraustrete, dass ich mich bewusst ins Rampenlicht stelle und alles zeige, was ich kann. Hierbei geht es mir ein Stück weit wie es Marianne Williamson in ihrem Gedicht “Unsere größte Angst” beschrieben hat:

Unsere größte Angst ist nicht, dass wir unzureichend sind. Unsere größte Angst ist, dass wir unermesslich kraftvoll sind (…).

Schon verrück, wir Menschen…

Und ihr so?

Was mich natürlich immer wieder umtreibt, ist ob ich die einzige bin, die sich gerne so konsequent selbst im Weg steht? Habt ihr diesen einen großen Traum? Was tut ihr dafür, dass er sich erfüllt? Oder was tut ihr dafür, dass er nicht in Erfüllung geht? Und warum? Seid ihr Opfer oder Gestalter? Vielleicht lohnt es sich ja, darüber kurz nachzudenken! Denn wirklich fatal ist es doch am Ende, wenn wir es nicht schaffen, Möglichkeiten, die sich uns bieten, zu ergreifen, Chancen nicht anzunehmen, weil wir es dem Hamsterrad unseres Lebens erlauben, die Führung zu übernehmen, anstatt die Dinge wirklich für uns selbst zu organisieren!

Habt einen wunderschönen Sonntag!

Eure Constance

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Das Gehirn, das Gehirn... Der Trainer und das Gehirn - Die Grundideen der Neurodidaktik, nicht nur für Trainer und Coaches

“Alles neu…” - braucht Geduld

Ich weiß, ich wollte eigentlich von meinem Onboarding im neuen Job berichten, aber ehrlich gesagt wäre das momentan in zwei Sätzen erklärt. Da ich meine technische Ausstattung erst kommenden Montag bekomme, konnte ich diese Woche noch nicht wirklich viel tun. Ich hatte schon Kontakt mit einigen Kollegen. Das war sehr schön, weil ich mich unglaublich willkommen und warm aufgenommen fühle. Allerdings musste ich mir schon ein paar Mal sehr deutlich sagen, dass ich gut bin und weiß was ich tue, habe ich mich doch an der ein oder anderen Stelle ziemlich planlos gefühlt. Ich hatte wenig bis keine Ahnung, worüber im Call gesprochen wurde und auf die Frage, ob ich denn Fragen hätte, musste ich erstmal zugebe, dass ich momentan sogar zu wenig darüber weiß, was im Rahmen der Einarbeitung auf mich zukommt, um einigermaßen sinnhafte Fragen zu formulieren. Das sind tatsächlich Momente zum Genießen! Tja, ich habe es so gewollt. Aber ich habe mich entschieden ruhig zu bleiben, nicht nervös zu werden. So ist das eben, wenn man etwas ganz Neues anfängt! Dafür erinnere ich mich immer mal wieder an meine Fähigkeiten und Ressourcen. Genau so kam ich dann auch zu meinem Blog-Thema in dieser Woche. Denn worin ich wirklich extrem gut bin, das ist meine Rolle als Trainer im Lehrsaal. Meine Seminare und Workshops sind gut, schlüssig und kurzweilig. Dem Feedback folgend erreiche ich meine Teilnehmer, was mich natürlich mächtig stolz macht. Klar könnte das an meinem Charisma liegen. Aber ich glaube, es liegt in erster Linie daran, dass ich mein Handwerk verstehe und ein elementarer Teil dieses Handwerks ist für mich das Thema Neurodidaktik. Es ist unser Gehirn, das lernen soll, deshalb müssen wir Trainer, Coaches, Personalentwickler, Führungskräfte darüber nachdenken, was das Gehirn braucht, um lernen zu können. Das ist keine Raketenwissenschaft. Eigentlich ist es sogar recht einfach. Deshalb gibt es für euch diese Woche einen kurzen und knappen Überblick über das Thema Neurodidaktik! -Und ich verrate einige meiner wertvollsten Trainer-Geheimnisse! Viel Spaß dabei!

Lernen ist ein physiologischer Vorgang

Lernen ist im Prinzip nichts anderes als organisches Wachstum: unser Körper bildet neue synaptische Verschaltungen zwischen den Nervenzellen unseres Gehirns oder stärkt bereits vorhandene Verbindungen. Für dieses Wachstum braucht der Körper ausreichend Nährstoffe, genügend Schlaf, Bewegung (ja, Bewegung!) und die Stimulation möglichst vieler Sinneskanäle. So bilden sich mühsam neue Verschaltungen, die zu Anfang noch sehr instabil sind und auch gerne wieder kollabieren (deshalb vergessen wir). Aus diesem Grund sollte sich jeder Trainer oder Coach den Grundsatz “weniger ist mehr” sehr deutlich bei der Konzeption eines Seminars hinter beide Ohren schreiben. Klar kann ich in einen Tag drei Millionen Methoden in flotter Taktung packen. Und wahrscheinlich werden die Teilnehmer ausgesprochen positiv rückmelden, dass es abwechslungsreich war. Aber war es denn auch nachhaltig? Hundert neue instabile Synapsen, die nach drei Tagen alle wieder verpuffen, sind nicht halb so wertvoll, wie drei bleibende Lektionen, die der Teilnehmer sich mitnimmt. Also, Abwechslung und Kurzweiligkeit ja, aber dabei muss man sich als Trainer stets bewusst sein, was die Kernaussagen des Seminars sind und dabei ist weniger eben mehr!

Das Gehirn als Socializer

Der Neurobiologe Joachim Bauer schrieb: “Die stärkste Motivationsdroge für den Menschen ist der andere Mensch!” Lernen wird dann besonders effektiv, wenn es in eine soziale Situation eingebettet ist. Dass Gruppenarbeiten hierfür ein gutes Tool sind, ist hinlänglich bekannt. Um den sozialen Austausch zu initiieren, ist es zudem hilfreich, sich etwas mehr Zeit für die Vorstellungsrunde zu nehmen. Unsere Gehirne werden es uns danken. Sie fühlen sich gleich viel wohler, wenn sie wissen, mit wem sie es zu tun haben und können sich dann auch viel besser auf die Schulungsinhalte konzentrieren. Außerdem bietet es sich im Soft Skill Bereich an, die im Lehrsaal erlebte soziale Interaktion in Hinblick auf die realen sozialen Systeme der Teilnehmer zu reflektieren.

Der Sinn des Lebens

Unser Gehirn ist das einzige unserer Organe, das Bedeutung und Sinn erzeugt. Es ist sogar so, dass das Gehirn nicht funktionieren kann, wenn es keinen Sinn erkennt. Entweder schaltet es ab, oder es entwickelt sich ganz eigene Hypothesen, um arbeiten zu können. Was bedeutet das für mich als Trainer oder Coach? Es bedeutet, dass ich mir ganz genaue Gedanken darüber machen muss, welche Rolle meine Schulungsinhalte im realen Arbeitsleben und in der Unternehmenswelt meiner Teilnehmer spielen. Als Trainer sollte ich das bereits im Rahmen der Auftragsklärung in Erfahrung bringen.

Sinn bedeutet Muster

Für unser Gehirn bedeutet Sinn nicht nur, dass man mit dem Vorgestellten etwas anfangen kann, sondern auch, dass man auf bekannte Muster aufbauen kann. Als Trainer versuche ich bereits im Vorfeld in Erfahrung zu bringen, was der Wissensstand meiner Teilnehmer ist und worauf ich inhaltlich aufbauen kann. Aber auch im Seminar habe ich bereits eingangs die Möglichkeit, meine Teilnehmer direkt zu befragen. Und selbst im Verlauf des Seminars kann ich meine Teilnehmer vortrefflich einbinden, wenn ich feststelle, dass mein Inhalt womöglich schon bekannt ist. Dazu muss ich meinen Teilnehmern natürlich zuhören und dann Raum geben.

Ohne Emotionen geht gar nichts

Um die synaptischen Verbindungen bilden zu können, die uns als Muster bewusst werden, benötigt unser Gehirn die ein oder andere Zutat, die sogenannten Neuromodulatoren. Zu nennen wären hier bestimmte Hormone, wie zum Beispiel Noradrenalin oder Endorphin, dass nur zur Verfügung steht, wenn das Gehirn sich in einem (positiven) Erregungszustand befindet. Tja, deshalb muss eine erfolgreiche Schulung Spaß machen und ein guter Trainer begeistern können. Keine Angst, ein gutes Training muss nicht als Kasperletheater gestaltet werden. Es ist nicht nur das akute Glücksgefühl, das uns lernen lässt, sondern auch die Erkenntnis, dass wir das im Rahmen der Schulung dargestellte Tool zukünftig nutzen können, um in Situationen, die uns bisher verunsichert haben, sicherer und erfolgreicher agieren zu können, wie zum Beispiel beim Kennenlernen von Feedbackleitfäden oder dem Stufenmodell der Deeskalation.

Das Gehirn braucht das große Ganze

Klar könnte ich meinen Teilnehmern das Stufenmodell der Deeskalation kurz theoretisch erklären und dann davon ausgehen, dass sie es gelernt haben… Ich habe seinerzeit sehr viel übers Surfen (also auf dem Wasser) gelesen. Man könnte sagen theoretisch habe ich es gelernt. Mein erstes Mal auf einem Brett endete in einem Desaster, oder sollte ich sagen an einem Felsen?! Wie kann das sein? Ganz einfach, ich habe die Detailinformationen zwar verarbeitet, habe meinem Gehirn mit meinen Büchern jedoch nie die Möglichkeit gegeben die Details in eine komplexe Situation zu transferieren. Als Trainer gebe ich meinen Teilnehmern mit Hilfe möglichst komplexer Lernzielübungen die Möglichkeit, sich auf diesen Transferweg zu begeben. Wie oft beten mir meine Teilnehmer alle Aspekte guter Kommunikation in der Theorie ausführlich vor und eine halbe Stunde später, während einer komplexen und vielleicht auch etwas stressigen, auf jeden Fall aber lebensnahen Lernzielübung hört man sich nicht mehr zu, spricht in Rätseln oder nur in halben Sätzen, setzt voraus, dass das Gegenüber schon wissen würde, was gemeint sei und so weiter und so fort. Erst in der Reflexion dieser Übung beginnt das wirklich lernen, weil das Gehirn anfängt, den Transfer zu leisten, der für nachhaltiges Lernen und die Fähigkeit das Gelernte auch praktisch anzuwenden notwendig ist.

Lernen durch gerichtete und periphere Aufmerksamkeit

Lernen durch gerichtet Aufmerksamkeit sollte klar sein: der Teilnehmer folgt aufmerksam den Ausführungen des Seminarleiters. Aber was hat es mit peripherer Aufmerksamkeit auf sich? Wisst ihr was Priming ist? In der Psychologie bezeichnet man das Erreichen einer Reaktionstendenz durch unbewusst aufgenommene Reize als Priming. Mein gesamtes Umfeld, der komplette Lernraum, hat Einfluss auf das Lernverhalten meines Gehirns. -Jedes Poster an der Wand, die kleine “Blutzucker-Bar” hinten in der Ecke, die Vorhänge, die Stifte, das lächelnde Männchen, das ganz unscheinbar unten rechts auf der Power Point oder der Flipchart zu finden ist… Alles! Als Trainer, Coach oder Mediator ist es elementar wichtig, mir Gedanken über die Raumgestaltung zu machen, zum einen, weil ich so sehr clever Lernanreize setzen kann, zum anderen aber auch um eine Wohlfühlatmosphäre zu schaffen, in der das Gehirn optimal entspannt und damit maximal effizient lernen kann.

Bewegung - Bewegung - Bewegung

Im Prinzip haben wir zwei Arten von Gedächtnis, die wir beide gleichermaßen stimulieren müssen, um nachhaltige Lernerfolge zu erzielen. Das eine ist in meiner Vorstellung das Gedächtnis, in dem die über unsere Sinneswahrnehmungen aufgenommene Reize abgespeichert werden, also alles das, was ich sehe, höre, rieche, schmecke, fühle. Im anderen Gedächtnis wird alles das abgespeichert, was ich erfahre. Diese Teile unseres Gehirns, in dem Erfahrungen abgespeichert werden, werden vor allem durch Bewegung aktiviert werden. Zu nennen wären an dieser Stelle das episodische Gedächtnis, das real erlebte Situationen speichert, das prozedurale Gedächtnis, das sowohl motorische, aber auch soziale Aktionen zur Routine werden lässt und das emotionale Gedächtnis, das Erfahrungen mit emotionaler Relevanz besonders markiert oder abspeichert. Je mehr Hirnregionen ich mit meinen Seminaren anspreche, desto nachhaltiger wird mein Seminar, weil es gleich in mehreren Hirnregionen abgespeichert wird. Keine Angst, das bedeutet nicht, dass jetzt alle die Feedbackregeln tanzen müssen. Es gibt auch andere Möglichkeiten, meine Teilnehmer körperlich zu aktivieren. -Zum Beispiel, indem sie selbst an der Flipchart arbeiten, oder sich während einer Partnerreflexion im Haus bewegen dürfen, oder, oder, oder… Hier ist Kreativität gefragt. Ich kann euch nur dazu ermutigen, euch ein eigenes Repertoire für eure Seminare zu erarbeiten. Es lohnt sich.

Auch das Gehirn wird nicht jünger

Lernen ist entwicklungsabhängig. Im Kontext Schule oder Universität spielt dieser Umstand keine Rolle, da die Lernenden weitestgehend auf einem vergleichbaren Entwicklungsstand sind. In der Erwachsenenbildung oder im Unternehmenskontext hat man es häufig auch in Hinblick auf das Alter der Teilnehmer mit sehr heterogenen Gruppen zu tun. Hierbei gilt es zu beachten, dass die sogenannte Neuroplastizität, also die Geschwindigkeit, in der neue Verbindungen zwischen unseren kleinen grauen Zellen gebildet werden, mit dem Alter abnimmt. Das ist einfach so. Es stimmt nicht, dass das Gehirn irgendwann ausgelernt hat. Eigentlich ist sogar das Gegenteil der Fall. Aber das Lernen selbst dauert eben etwas länger. Auch die Annahme, dass die Konzentrationsfähigkeit im Alter nachlässt, ist so nicht richtig. Oft zeigen ältere Menschen sogar eine verstärkte Fähigkeit, sich länger konzentrieren zu können, allerdings wird man im Alter anfälliger für Ablenkungen, da die Fähigkeit des Gehirns, Interferenzen zu unterdrücken mit der Zeit nachlässt. Hinzu kommt, dass im Alter der Cortisol-Spiegel ansteigt, während der Dopamin-Spiegel sinkt. Ersteres führt zu erhöhter Stressanfälligkeit und zweites führt dazu, dass man nicht mehr jedem kleinen Motivations-Stöckchen hinterher springt. Wenn ich mir darüber bewusst bin, kann ich mir das alles als Trainer sogar zu nutzen machen, indem ich die jüngeren Teilnehmer von der Ruhe und der Erfahrung der älteren Teilnehmer profitieren lasse. Im Gegenzug können die jüngeren Teilnehmer die Älteren ein Stück weit mitziehen und begeistern. Im Soft Skill Bereich funktioniert das aus meiner Erfahrung sprechend ganz großartig. Im Hard Skill Bereich ist es je nach Thematik eine Überlegung wert, möglichst homogene Lerngruppen zusammenzustellen. Wichtig ist jedoch, dass ich all dem komplett wertfrei gegenüberstehe. Jede Entwicklungsstufe und jedes Alter hat Vor- und Nachteile. Als Trainer ist es niemals meine Aufgabe, dies zu bewerten, sondern mein Seminar so zu gestalten, dass es zu einer bestmöglichen Lernerfahrung für meine Teilnehmer wird.

Angst und Lernen gleichzeitig geht nicht

Um nachhaltig zu lernen, muss mein Gehirn das eben Gelernte und Erfahrene vom Kurzzeitgedächtnis ins Langzeitgedächtnis überspielen. Verantwortlich hierfür ist der sogenannte Hippocampus, der bei einer zu hohen Konzentration an Stresshormonen einfach seinen Dienst versagt. Außerdem haben wir ja bereits gelernt, dass wir unter anderem das Glückshormon Endorphin benötigen, damit sich Neurotransmitter bilden. Keine Sorge, man muss seine Teilnehmer jetzt nicht in Watte packen. Ein gesundes Level an Stresshormonen, diese positive Aufregung, die wir alle sicher kennen, ist sogar gut für unsere Leistungsfähigkeit, weil sie uns ausgesprochen wach und aufmerksam sein lässt. Hier macht die Dosis das Gift und um die Dosis nicht zu überschreiten, ist es wichtig, dafür zu sorgen, dass während des Seminars eine vertrauensvolle und entspannte Atmosphäre herrscht. Hierbei reicht es nicht, den Teilnehmern zu versprechen, dass das Gesagte nicht nach außen getragen wird. Als Trainer ist es wichtig sich nahbar zu zeigen, den Teilnehmern auf Augenhöhe zu begegnen und nicht den großen, allwissenden, einschüchternden Supertrainer zu spielen, der den unwissenden Teilnehmern schon auf die Sprünge helfen wird. Gelingt mir das, werden die Gehirne meiner Teilnehmer automatisch Oxytocin ausschütten, was nicht nur dafür sorgt, dass die Teilnehmer sich wohlfühlen. Zusätzlich stimuliert Oxytocin unser Motivationszentrum und motivierte Teilnehmer wünscht sich doch jeder Trainer!

Jeder Jeck ist anders

Jedes Gehirn ist einzigartig und jede Persönlichkeit ist individuell! -Und das ist wundervoll, gut und genau richtig so. Es geht nicht darum, menschlichen Einheitsbrei zu kochen! In einer komplexen und dynamischen Welt geht es darum, möglichst heterogene Teams zu formen, die gemeinsam erfolgreich sind. Deshalb ist für mich als Trainer das Wichtigste überhaupt, dass sich meine Teilnehmer bewusst darüber werden wer sie sind und wie sie funktionieren. Erst wenn es mir gelingt, dass meine Seminarinhalte die Identitätsebene meiner Teilnehmer erreichen, werden meine Seminarinhalte auf einer höheren Ebene sinnstiftend. Hört sich hochtrabend an? Ja, stimmt! Ist aber gar nicht so schwer. Ich muss meine Teilnehmer dabei unterstützen, nicht nur die reinen Themen theoretisch zu reflektieren, sondern diese Themen auf sich und ihre individuelle Persönlichkeit zu beziehen. Dazu muss ich meinen Teilnehmern zum einen Zeit geben (also bitte keine übertrieben vollgepackten Tage). Und wenn ich noch mehr möchte (und ich möchte immer noch mehr!), kann ich meine Teilnehmer zum Beispiel mit Persönlichkeitsmodellen (wie zum Beispiel dem Big Five Modell), mit Tests, die bei der Einordnung der eigene Persönlichkeit helfen (wie zum Beispiel Selbsttests zum Kommunikationsstil, oder einer Übung zum Johari-Fenster), oder mit Gruppenübungen zur Selbstreflexion (wie zum Beispiel einer Gruppenübung zur Riemann-Thomann-Matrix) bei ihrer individuellen Selbstreflexion unterstützen.

Das war ganz schön viel, aber es gibt noch mehr

Puh, das war jetzt ein rasend schneller Überblick über die Grundideen der Neurodidaktik. Elf kleine Häppchen, direkt hintereinander serviert! Solltet ihr mehr wollen, kann ich euch eine meiner persönlichen Bibeln sehr ans Herz legen. Es folgt unbezahlte Werbung: im Buch “Neurodidaktik für Trainer” erfahrt ihr noch mehr darüber, wie ihr eure Trainings mit kleinen Tricks und Kniffen unter Berücksichtigung der neusten Erkenntnisse der Gehirnforschung effektiver und erfolgreicher gestalten könnt.

Irgendwann, noch relativ am Anfang meiner Trainerkarriere, habe ich mich recht intensiv gefragt, für wen ich das, was ich tue, mache. Und klar bin auch ich, genauso wie sicher die meisten meiner Trainerkollegen, eine kleine Rampensau. Aber als Trainer muss ich mir im Klaren darüber sein, dass ich meine Seminare nicht für mich, sondern für meine Teilnehmer gebe. Ich möchte, dass meine Teilnehmer sich wohlfühlen, Spaß haben und sich weiterentwickeln. Das ist es mir wert, mir immer wieder viele Gedanken darüber zu machen, welche Möglichkeiten ich habe, meine Seminare nicht nur inhaltlich, sondern auch didaktisch so zu gestalten, dass jedes einzelne Seminar etwas Besonderes ist, nicht nur für mich, sondern auch für meine Teilnehmer. Genau das macht mir unendlich viel Spaß und ich bin jetzt schon gespannt, wann ich im Rahmen meines neuen Jobs wieder Seminare und Workshops konzipieren und im Lehrsaal stehen darf.

Eure Constance

PS: Ich kann es nicht sein lassen! Abschließend möchte ich euch noch meinen Lieblings-Fun-Fact rund um unser Gehirn mitgeben: Teil unseres Emotionshirns ist die sogenannte Amygdala, das Angsthirn, also im Prinzip unser persönlicher Katastrophen(schutz)beauftragter. Wenn der anspringt, wird es für gewöhnlich wild und irrational, da er nur zwei Prinzipien kennt: Kampf oder Flucht! Diese Amygdala gehörte irgendwann im Laufe der Evolution mal zum Riechhirn. Ja, auf einer früheren Entwicklungsstufe gab es das mal. Der Profi nennt es Rhinencephalon. Inzwischen hat sich das Gehirn neu organisiert. Was aber geblieben ist, ist dass unsere Amygdalas eine besondere Verbindung zu Gerüchen haben. Gerüche sind bis heut die einzigen Sinneswahrnehmungen, die einen ungefilterten VIP-Zugang zu unserem Angsthirn haben. Schon mal darüber nachgedacht, mit ätherischen Ölen, die so dezent sein dürfen, dass wir sie bewusst gar nicht wahrnehmen, die Katastrophen(schutz)beauftragten eurer Teilnehmer zu entspannen? Läuft! Ehrlich! Auch im Coaching und der Mediation! It’s chemistry!

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Damit das gelernte nicht im tiefen Wald der Hirnwindungen verloren geht…

Didaktik fürs Gehirn