Abgrenzung

Work-Work-Balance, Resilienz-Coachings und die Kunst der Abgrenzung

Wieviel Privatleben darf es sein?

In der letzten Woche durften mein Mann und ich Hochzeitstag feiern, haben wir aber nicht so richtig, denn wir hatten keine Zeit… Irgendwie haben andere Themen unseren Hochzeitstag überlagert. Abends saßen wir schließlich müde auf der Couch und haben bei einem Espresso und einem Stück Schokolade angestoßen.

Schon verrückt! Wir ziehen diese Arbeitsnummer doch eigentlich nur durch, damit wir uns “das Andere” finanzieren können und trotzdem frisst mich meine Arbeit hier und dort gefühlt auf. Ja, das liegt sicher daran, dass ich meinen Job liebe. Aber ist es das wert? Denn selbst wenn ich aus welchen Gründen auch immer meine geliebte Arbeit verlieren würde, wäre das nicht das Ende. Meine Familie wäre noch da, meine Gesundheit, mein Hund und die Fähigkeit das Leben zu genießen. Eigentlich wäre nichts verloren.

Burnout? - Wenn die Arbeit die Seele auffrisst

In den letzten drei Wochen hatte ich in meiner Rolle als Coach gleich mehrere Gespräche in denen es um das Thema Überlastung ging, Überlastung, die so groß ist, dass die Seele über den Körper nach Hilfe schreit. - Schlafstörungen, Herzrasen, Verdauungsproblem, Magengeschwüre, Ängste, Panik… Unsere Seele scheint recht kreativ zu werden wenn es darum geht, auf sich aufmerksam zu machen. In meiner Rolle als Coach empfinde ich es als besondere Herausforderung gepaart mit einer sehr großen Verantwortung, wann immer ich mit dem Thema Resilienz, Stress oder Burnout konfrontiert werde. Je nach Ausprägung der körperlichen Symptome kann es durchaus möglich sein, dass ich meine Coachees bitte zu einem Arzt zu gehen, weil eine dominante körperlich Symptomatik ärztlich abgeklärt werden muss und ich mir natürlich die Frage stellen muss, wo Coaching aufhören und Therapie anfangen sollte. Auch eine eben solche Situation habe ich in den letzten drei Wochen einmal erlebt. Mein Coachee wusste, dass ich Recht hatte und der Weg zum Arzt von vornherein der sinnvollere gewesen wäre. Dennoch hat mein Coachee den Weg zum Arzt gescheut und kam lieber zu mir. Offensichtlich sind psychische Erkrankungen in unserer Gesellschaft noch immer ausgesprochen schambehaftet. Ich habe noch keinen Menschen erlebt, der sich dafür geschämt hat, sich Arm oder Bein gebrochen zu haben. Hier wird sich die Zeit zur Heilung wie selbstverständlich genommen. Nicht selten habe ich sogar regelrechte Heldengeschichten gehört, wenn es darum ging zu berichten, wie es zum Bruch der Knochen gekommen ist. Warum ist das anders wenn unsere Seele bricht? Auch das kann doch mal passieren. Und wie bei Arm und Bein ist es doch keine Schande sich Zeit zur Heilung zu nehmen. Hier haben wir in meiner Wahrnehmung noch immer ein echtes gesellschaftliches Thema.

Resilienz im Coaching

Wer Burnout verhindern will sollte Resilienz stärken. In einer Welt, die immer dynamischer, komplexer und unübersichtlicher wird und dabei Leistung und Erfolg schon von den Jüngsten einfordert, wird Resilienz zu einer Art Kernkompetenz, die auch im (Business) Coaching eine große Rolle spielt.

Der Begriff Resilienz wird oft mit Widerstandfähigkeit unserer Seele übersetzt, kommt ursprünglich jedoch aus der Physik und beschreibt den Dehnungsmoment einer Feder. Ähnlich wie unterschiedliche Federn weisen unterschiedliche Seelen ganz individuellen Dehnbarkeiten auf. Denn wie bei einer Feder geht es bei unserer Seele nicht darum stabil zu sein, sondern auch mal stark beansprucht zu werden. Eine resiliente Feder springt selbst bei starker Dehnung oder Belastung immer wieder zurück in den ursprünglichen Zustand. Eine resiliente Seele reagiert ähnlich auf Belastungen: sie springt immer wieder zurück in den gesunden, ursprünglichen Zustand und ist bereit für die nächste Turbulenz, die das Leben ihr zu bieten hat.

In zwei Wochen werde ich euch an dieser Stelle etwas tiefer mit in die Welt der Resilienzforschung nehmen. Ich werde beschreiben, wie sich Resilienz über unser Leben hinweg entwickelt und wie wir selbst Einfluss auf unsere ganz individuelle Resilienz nehmen können. Heute möchte ich euch ein Modell vorstellen, das ich als Coach nutze, um meine Coachees dabei zu unterstützen, ihre eigene Resilienz zu verbessern.

Das Burn-O-Meter von Iris Fischer

Vor ziemlich genau zehn Jahren hat die systemische Supervisorin Iris Fischer ihre Methode zur Resilienzstärkung veröffentlich, die ich ausgesprochen gerne nutze, auch wenn ich mit dem Namen Burn-O-Meter ein wenig fremdle.

Iris Fischer stellt im Rahmen ihrer Methode Resilienz auf drei Säulen: Perfektionsstreben, Abgrenzungsfähigkeit und das Feiern von Erfolgen. Diese drei Säulen bekommen jeweils eine Skala von eins bis zehn zugeordnet, auf denen ich meinen Coachee bitte sich jeweils einzuordnen. Ebenso wie Iris Fischer arbeite ich an dieser Stelle am liebsten mit einer systemsichen Strukturaufstellung. Das heißt ich lege sie Säulen inklusive der Skalen auf dem Boden aus und meine Coachees ordnen sich mittels roter Kärtchen ein, die sie dann Schritt für Schritt ablaufen, um ihre Position bewusst körperlich und damit ganzheitlich zu erleben. Natürlich ist es insbesondere auch in der virtuellen Arbeit möglich eine entsprechende Anordnung an einem Whiteboard vorzubereiten und darüber zu arbeiten.

Ihr dürft nun selbst überleben, wie es sich wohl anfühlt, wenn ein hohes Perfektionsstreben, gepaart mit einer geringen Abgrenzungsfähigkeit daherkommt und Erfolge nicht als solche wahrgenommen werden.

Im Rahmen der Coaching-Session lasse ich meine Coachees nun die Regler an den drei Säulen rauf und runter schieben, um herauszufinden, in welchem Feld Bewegung möglich ist um eine bestmögliche Balance zu finden. Bei mir selbst ist es zum Beispiel so, dass mein Perfektionsstreben ausgesprochen hoch ist und mein ganzer Körper sofort negativ reagiert, wenn ich diesen Regler versuche nach unten zu ziehen. Dafür erlaubt mir meine Seele etwas mehr Flexibilität bei der Abgrenzung und ja, ein wenig mehr kann ich meine Erfolge auch feiern. -Aber nicht zu wild, weil ein gutes Ergebnis ist ja schließlich mein Job! Hier wünscht meine Seele keine allzu große Übertreibung, aber ein bisschen feiern ist schon OK!

So hat jede Seele, jedes Unterbewusste ganz eigene Ideen, was möglich ist und was eben absolut nicht. Ihr könnt gerne selbst kurz reflektieren, wo ihr euch mit Blick auf Perfektionsstreben, Abgrenzungsvermögen und Erfolge feiern einordnen würdet und wo Bewegung möglich wäre. Eine gesunde Balance in diesen drei Parametern könnte sich auch für euch resilienzstärkend auswirken. Oder ihr kontaktiert mich und wir schauen gemeinsam drauf, egal ob virtuell oder in meinem gemütlichen Coaching-Zimmer. Allerdings werde ich erst in einer Woche reagieren, denn ich werde mich in den nächsten Tagen ein wenig abgrenzen und meinen Hochzeitstag gebührend feiern. Wir fahren in einen Kurzurlaub mit viel Zeit um in Liebe und Dankbarkeit zurückzuschauen auf die letzten Jahren, auf alles das was wir erreicht und gewonnen haben und natürlich auch auf alles das und vor allem auf alle die, die wir seit der Hochzeit verloren haben. Denn auch das gehört zum Leben dazu und wenn wir eines über die letzten Jahre gelernt haben, dann das wir gemeinsam in der Lage sind auch die fiesesten Tiefschläge des Lebens einzustecken um uns danach wieder neu und gestärkt auszurichten.

Ich verabschiede mich für drei Tage in den wunderschönen Rheingau. Über Instagram gibt es auf Impuls_Consulting sicher das ein oder andere Foto. Euch wünsche ich einen erholsamen Sonntag und einen guten Start in die neue Woche. In zwei Wochen bin ich an dieser Stelle mit einem Blog zum Thema Resilienz zurück, denn natürlich ist diese Thematik deutlich größer und komplexer als ein Coaching-Modell.

Eure Constance

Bis hierher und nicht weiter!

Abgrenzung! -Mein persönlicher Weg zu mehr Resilienz!