Kundenorientierung

Kommunikationsstrategien im Umgang mit Kunden

… Oder wenn der Kunde nicht so will, wie ich!

In so ziemlich jedem Unternehmen gibt es irgendwann Probleme mit Kunden. Diese Probleme können auf ganz unterschiedlichen Ebenen auftreten, haben aber nicht selten das Potenzial, den Erfolg des Unternehmens zu gefährden. Aus diesem Grund ist es wichtig, sich ein gewisses Repertoire an Lösungsstrategien zuzulegen. Aber bevor ich euch eine recht bewährte Strategie vorstelle, möchte ich die Situation kurz umdrehen und uns in die Kundenperspektive versetzen.

Perspektivwechsel: vom Problemkunden zum Kunden mit Problem

Kurze Reise in meine eigene Vergangenheit: Vor vielen, vielen Jahren, als ich mir gerade meine erste Wohnung eingerichtet habe, war ich selbst sehr guter Kunde eines schwedischen Möbelhauses mit SB-Halle. Eines Tages, ich war ziemlich adrett gekleidet (mit Killer-Heels und Nylons) auf dem Weg zu einer Verabredung, wollte ich unterwegs noch schnell ein fehlendes kleines Möbelstück kaufen. In besagter SB Halle musste ich feststellen, dass mein kleines Möbelstück im ersten Stock lag! Verdammt, mit diesen Schuhen die Leiter hoch? Schlechte Idee! Ich habe also die nette Mitarbeiterin gefragt, ob sie mir denn helfen könne, da ich mit diesen Schuhen nicht die Leiter hochklettern möchte und Angst habe, mir barfuß die Strumpfhosen zu zerreißen. Die nette Kundenberaterin erklärte mir mit unendlich vielen Worten, dass sie lediglich beratende Tätigkeit hätte und nicht dazu da sei, Möbel aus den Regalen zu holen. Es sei ja alles SB! Auf meine Frage, ob sie für mich aus genannten Gründen nicht eine Ausnahme machen könne, immerhin sei das Teil weder besonders groß, noch besonders schwer, kam der Satz der mich in die Eskalation getrieben hat: “Ich verstehe Sie, aber ich habe hier nur eine beratende Tätigkeit!” Ich habe mich tatsächlich selten so unverstanden gefühlt, wie in dieser Situation. Die Diskussion wurde hitziger und das gebetsmühlenartige “ich verstehe Sie!” kam noch gefühlte hundert Mal! Klar hätte ich auch gehen, oder mit meinen Heels die Leiter hochklettern, oder einen anderen Kunden um Hilfe bitten können, oder, oder oder. Ich war aber an dem Punkt angekommen, an dem ich genau das nicht mehr eingesehen habe, schließlich war ich zahlender Kunde! Nach etwa fünfzehn Minuten habe ich den Manager kennengelernt, der mir das Teil persönlich aus dem Regal geholt hat und einen kleinen Gutschein gab es auch! Verdammt, ich war wahrscheinlich Kunde der Woche und Kantinengespräch! Aber sie hatte es so gewollt.

Natürlich ist mein Möbelhaus-Beispiel so ziemlich das banalste Kundenproblem, dass man sich vorstellen kann. Die Gründe jedoch, weshalb die Situation zwischen der Einkaufsberaterin und mir derart eskalierte, sind absolut exemplarisch für Kundenprobleme oder Problemkunden.

Gegenseitiges Verständnis als Ziel und Lösung

Was mich wirklich rasend gemacht hat, war dass ich ein Problem(-chen) hatte und dieses nicht wahrgenommen oder verstanden wurde. Gleichzeitig hatte ich die Erwartungshaltung, dass ich als Kunde eben doch ein bisschen Königin bin, oder wenigstens Prinzessin. Wie man erfolgreich mit königlichen Kunden jeder Art umgeht, um ein Projekt für alle Beteiligten positiv abzuschließen, stelle ich euch im Folgenden vor. Meine drei-Stufen-Strategie deeskaliert eine Situation nicht nur, sondern stellt die Basis für eine gemeinsame Problemlösung und somit für eine konstruktive Zusammenarbeit dar.

Schritt eins: Zuhören!

Wenn ich ein Problem lösen möchte, muss ich es verstehen und um es zu verstehen, muss ich zuhören. Hört sich sehr einfach an, ist aber unglaublich kompliziert, denn wenn wir Stress haben (und ein sich beschwerender Kunde sorgt für Stress), möchte unser Gehirn nicht zuhören, sondern lieber kämpfen oder flüchten. Beides trägt in unserer modernen Welt nicht zu einer nachhaltigen Problemlösung bei! Deshalb muss ich mich in einer entsprechenden Situation ganz besonders darauf konzentrieren, aktiv zuzuhören. Meinem Gegenüber signalisiere ich das dadurch, dass ich ihn nicht unterbreche und durch meine Körpersprache zeige, dass ich mich voll und ganz auf ihn konzentriere.

Schritt zwei: Verständnis sichern!

Um sicher zu stellen, dass ich das Gehörte auch richtig verstanden habe, ist es hilfreich, alles nochmals in eigenen Worten zu wiederholen, oder zu paraphrasieren. Dieses, zugegeben zu Beginn etwas ungewohnte Vorgehen hat gleich mehrere Vorteil: erstens kann ich so sicher stellen, dass ich das Gesagte wirklich so verstanden haben, wie es mein Gesprächspartner gemeint hat. Zweitens wird mein Gegenüber sofort entspannen, weil er das Gefühl hat, dass seine Probleme wahrgenommen und sogar verstanden werden. Drittens kann ich die Zeit, in der ich das bereits Gesagte wiederhole, nutzen, um mir Gedanken über eigene Argumente zu machen. Viertens entschleunige ich so die Gesamtsituation, was sehr intensiv zu einer Deeskalation beiträgt. Seinen Ursprung hat das Paraphrasieren übrigens in den Philosophen-Schulen des alten Griechenlands. Die angehenden Philosophen durften immer erst ein eigenes Argument in die Diskussion einbringen, wenn vorher das Argument des Gegenüber paraphrasiert wurde. Funktioniert also offensichtlich schon seit einigen Jahren. Also nur Mut, probiert es aus. Gerne auch erstmal privat. Aus eigener Erfahrung gebe ich zu, dass sich das bewusste Paraphrasieren zunächst sonderbar anfühlt, die positive Wirkung auf den Gesprächspartner wird jedoch überwiegen, versprochen!

Schritt drei: Fragen!

Ich lasse mir das Zepter nur ungern aus der Hand nehmen und es ist eine altbekannte Weisheit: wer fragt, führt! Und nicht nur um die Gesprächsführung nicht aus der Hand zu geben, sind Fragen ein wirklich wertvolles Tool. Zusätzlich signalisieren Fragen meinem Gegenüber, meinem Kunden, dass er mir wichtig ist, weil ich mich für ihn interessiere. Und Fragen gibt es ja wie Sand am Meer: von den berühmten W-Fragen, über offene und geschlossenen Fragen, bis hin zu den sogenannten systemischen Fragen. Über diese vielleicht weniger bekannten systemischen Fragen werde ich in den nächsten zwei oder drei Wochen mal einen kompletten Artikel schreiben, weil sie wirklich großartig Möglichkeiten in der Kommunikation eröffnen und keineswegs nur etwas für professionelle Coaches sind. Aber insgesamt sollte man sich im Vorfeld nicht so viele Gedanken darüber machen, welche Fragen man stellen wird. Wenn man sich wirklich für seinen Kunden und dessen Problemraum interessiert, werden die richtigen Fragen sicher von ganz alleine kommen.

Alles eine Frage der inneren Haltung

Ich fasse mal zusammen: ich höre zu, paraphrasiere und frage nach! Eigentlich mal wieder ganz einfach. Allerdings steckt der Teufel im Detail, denn der Einstieg, und somit die Basis dieser Strategie, ist sehr von unserer Stimmungslage abhängig. Wenn ich sauer bin, mich angegriffen oder kritisiert fühle, bin ich auf Krawall gebürstet. Das hat die Evolution so für uns eingerichtet, weil es sich irgendwann einmal bewährt hat. Also keine Sorgen, wer wütend ist, ist keineswegs unprofessionell, sondern hat ein normal arbeitendes Gehirn. Allerdings schaltet Wut unser Gehör ab. Das heißt, eh ich überhaupt in der Lage bin, eine Situation zu deeskalieren oder konstruktiver zu gestalten, muss meine innere Haltung auf entspannte Neugier auf die Perspektive meines Kundens umschwingen. Das ist die eigentlich Kunst, die damit beginnt, dass man sich zugesteht, auch mal wütend (und damit vielleicht sogar “unprofessionell”) zu sein und das bewusst an sich wahrnimmt. Denn nur dann kann ich versuchen, mich für einen kurzen Moment zurück zu ziehen, um mich zu beruhigen und dann in ein konstruktives Gespräch zu gehen.

Tja, und liebe Vertriebler, Projekt-Schaffende, Dienstleister und Verkäufer, da der Kunde König ist und bleibt, ist es eure Aufgabe, als erstes Kooperationsbereitschaft, Interesse und Verständnis zu zeigen. Viele von Euch kennen sicher Murphy’s Law, aber kennt ihr in diesem Zusammenhang auch Murphy’s goldene Regel? - Wer das Gold hat, macht die Regel! Ich persönlich finde, ich kann nur das von anderen erwarten, was ich auch selbst in der Lage bin, zu leisten. Möchte ich also, dass mein Gegenüber sich meine Sicht der Dinge anhört und vielleicht sogar versteht, muss ich mir ja wohl auch die Perspektive meines Gegenübers anhören, gleiche Regeln für alle. Ist mein Gegenüber zahlender Kunde, darf dieser selbstverständlich von mir erwarten, den ersten Schritt zu gehen, auch wenn ich es gerne anders hätte. Wer das Gold hat, macht die Regel!

Ich verspreche, in naher Zukunft einige Ideen dazu zusammen zu fassen, wie ich meinen kleinen inneren Teufel in den beschriebenen Situationen in den Griff bekomme, um wirklich ruhig und entspannt zuhören zu können. Bis dahin lasse ich euch mit drei magischen Worten zurück: Verstehen! Verstehen! Verstehen!

Eure Constance

Constanze Homepage (38).jpg

Zuhören…

Weil kämpfen manchmal Blödsinn ist!