impuls ratazzi nelles

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Grübeln ist wie schaukeln...

… man ist ganz gut beschäftigt, kommt aber kein Stück weiter

Lass mich raten, du hast reingeklickt, weil du diese Situationen kennst? Du grübelst und grübelst, überdenkst und überdenkst und während du damit beschäftigt bist, eine Situation von links und rechts und oben und unten möglichst genau und umsichtig zu beleuchten, galoppiert das Leben links und rechts und oben und unten an dir vorbei. Wie viele Chancen hast du so schon vertan? Ich so einige! Aber das muss ja nicht so bleiben. Gut, schaukeln macht durchaus Spaß, aber nicht, wenn ich vom Fleck kommen will. Und so ist es eben auch mit dem Grübeln. Dieser Blog soll keinesfalls ein Aufruf dazu sein, zukünftig blindlinks loszustürmen. Aber ich finde der Mensch hat es verdient, bewusst wählen zu können und in Hinblick auf meine ausgesprochen vorsichtige Attitüde, alles erstmal ganz konservativ abzuwägen, ist es mir gar nicht so leichtgefallen, eine vernünftige Alternative zu finden. Inzwischen habe ich eine, die sogar richtig Spaß macht. Und weil ich in der letzten Woche von diesem Spaß sehr viel hatte, dachte ich mir, ich nutze die Gelegenheit, meine Gedanken heute mit dir zu teilen.

Schon wieder dieses Gehirn

Wie kommt man also nun raus aus der Grübel-Falle? Eigentlich ist es gar nicht so schwer. Anstatt sich in endlosen Denkschleifen und was-wäre-wenn-Szenarien zu verlieren, müsste man es eben einfach mal ausprobieren. Entweder es geht gut, oder es geht schief, aber immerhin geht es und tritt nicht auf der Stelle. Genau damit hat der Mensch jedoch ein ganz, ganz großes Problem. Ich habe schon so oft über unser Gehirn erzählt und was bleibt ist die Quintessenz, dass dieses Gehirn nicht mitbekommen hat, dass wir nicht mehr in Höhlen leben, wo es immer nur um Leben oder Tod, fressen oder gefressen werden geht, sondern dass unsere Welt bunter und abstrakter geworden ist. Dummerweise denken und handeln wir noch immer so, als würde es jedes Mal ums nackte Überleben gehen. Dieses Paradigma, das unser Gehirn gerne kompromisslos verinnerlicht, zwingt uns eine Verhaltensweise auf, die uns in unserer modernen Welt tatsächlich selten weiterhilft. Man müsste seinem Gehirn eben beibringen, dass nicht jede Entscheidung, die sich im Nachhinein als falsch herausstellt, auch gleich tödlich sein muss. Was ist so schlimm daran, sich einfach mal auszuprobieren? Ich denke gerade an meinen allerersten Blog (oder wars der zweite?), in dem ich von dieser doofen Steinzeitfrau berichtet habe, der aus Versehen das Mammut ins Feuer gefallen ist. Wahrscheinlich war der Mann stinksauer, weil er dachte, Madame hat das Abendessen versaut. Weil nichts anderes da war, wird eben das gegrillte Mammut trotzdem gegessen und völlig erstaunt stellt der Steinzeitmann fest, dass gegrillt viel besser ist. Es gibt tatsächlich Fehler, die sich im Nachhinein als wahrer Segen herausstellen.

Weil die Welt den Wahnsinn braucht

Vielleicht war es aber auch ganz anders und unsere Steinzeitfrau war einfach etwas verrückter als alle anderen Steinzeitfrauen und dachte sich: “Na ja, wir haben zwar nur dieses eine Stück Mammut und im Kühlschrank ist auch kein Gemüse mehr, aber warum nicht einfach mal etwas Neues ausprobieren. Ich werfe unser letztes Stück Fleisch jetzt einfach mal ins Feuer und schaue was passiert. Entweder es verbrennt und wir haben nichts zu essen, oder es wird vielleicht ganz cool“. Ich höre den Steinzeitmann bis heute schimpfen! Wahrscheinlich hat ihre Mutter sie sehr laut und deutlich gewarnt. Von der Schwiegermutter ganz zu schweigen… Aber unsere mutige und vielleicht auch etwas wahnsinnige Steinzeitfrau zieht es durch! Die Geburtsstunde eines globalen Trends! Und die Moral von der Geschicht’? - In jeder Generation gab es zum Glück den ein oder anderen mutigen Menschen, der nicht gegrübelt und abgewägt, sondern einfach mal etwas ausprobiert hat. Das nennt man dann Weiterentwicklung.

Über Fehler und die Wissenschaft

Übrigens ist genau das die Basis wissenschaftlicher Forschung: die Jungs und Mädels probieren etwas aus und schauen ob es funktioniert, oder eben nicht. Wenn es funktioniert, winkt vielleicht der Nobelpreis und wenn nicht hat man auch etwas gelernt. - Nämlich, dass man dieses Ergebnis ausschließen kann. Die Harvard-Professorin Amy C. Edmondson nennt diese bewussten und analysierten Fehler, aus welchen neues Wissen resultiert, übrigens intelligente Fehler. Sie sind, wie gesagt, die wissenschaftliche Basis für jede Forschung. Auch Amy selbst hat ihre Forschung mit einem dieser intelligenten Fehler begonnen. Wer meinen Artikel von letzter Woche gelesen hat, erinnert sich vielleicht daran, dass sich Amys Einstiegsthese zur Grundlagenforschung für ihre Dissertation nach der ersten Forschungsreihe als komplett falsch und unhaltbar herausstellte. Anstatt den Kopf in den Sand zu stecken, hat sie sich entschieden, zu schauen, was sie aus diesem falschen Ansatz lernen kann. Was herauskam, war die legendäre These, dass High Performance Teams mehr Fehler machen, als normale Teams und schließlich das Thema, das Amy nun schon ihr gesamtes Leben als Wissenschaftlerin begleitet: die Psychological Safety.

Ich weiß, ich bin keine Harvard-Professorin und du wahrscheinlich auch nicht. -Wo um alles in der Welt sind wir falsch abgebogen? Aber was noch nicht ist, kann ja noch werden! Think big! Und sei mutig. Ich erinnere mich an dieser Stelle an die wirklich wilde Woche im letzten Jahr, in der ich entschieden habe, meinen sicheren, geliebten und bis ins kleinste Detail bekannten Job nach 21 Jahren an den Nagel zu hängen, um Agile Coach in einer agilen Bank mitten in einem riesigen Transformationsprozess zu werden. Ich habe mir die Entscheidung nicht leicht gemacht und habe so viel gegrübelt, dass ich heute wirklich froh bin, diese Möglichkeit vor lauter Grübelei nicht vertan zu haben. Mit meinem ängstlichen Gehirn habe ich den Deal gemacht, ihm zu versprechen, dass ein neuer Job keine Lebensgefahr darstellt und dass wir ja, falls es doch doof ist, auch etwas anderes machen können. Mit viel Geduld habe ich mein Gehirn überredet, mit mir gemeinsam das Abenteuer “Weiterentwicklung” anzugehen. Und ja, es ist anstrengend und aufregend und manchmal verunsichert uns diese ganze Bankenwelt schon ganz schön, aber es macht Spaß und wird schon gut gehen! Und wenn nicht, suchen wir uns etwas anderes, also mein Gehirn und ich.

Grübeln und die VUCA-Welt

Da sind wir also angekommen, mein Gehirn und meine Wenigkeit, mitten in einem agilen Unternehmen, dass sich mit Hilfe dieser Agilität in einem sehr dynamischen und komplexen Marktumfeld beweist. Warum ist Agilität oder ein agiles Mindset hier hilfreich? Ganz einfach: Während klassisch aufgestellte Konkurrenten noch grübeln, hat das agile Unternehmen den Deal schon in trockene Tücher gebracht, das neue Produkt am Markt etabliert und den Kunden überzeugt! Warum agile Unternehmen schneller sind? Weil sie ihre Mitarbeiter dazu bringen, Dinge auszuprobieren, anstatt sie zu zerdenken. Weil sie bereit sind, aus Fehlern zu lernen und zwar schnell! Und weil sie ihre Mitarbeiter dazu ermuntern, auch mal verrückt zu sein, etwas Verrücktes zu erfinden, dass es so noch nicht gab. Und wenn es nicht funktioniert, wird sich einmal geschüttelt und weiter geht’s! -So zumindest das Ideal. Natürlich ist das ein Prozess und wer jahrelang Teil einer Grübel-Kultur war, tut sich anfangs sicher schwer damit, einfach mal zu machen. Unterstütz werden Menschen in agilen Organisationen deshalb durch eine unglaubliche Menge an agilen Methoden, die wie zum Beispiel den Kata-Sessions, die Struktur und somit Sicherheit geben, wenn man etwas Neues ausprobiert. Im Scrum wie im Kanban trifft man sich täglich um den Status Quo zu überprüfen, nur für den Fall, dass man droht vom richtigen Weg abzukommen, und in regelmäßigen Retrospektiven hat man die Möglichkeit aus Fehlern zu lernen, um es das nächste Mal doch besser zu machen. Im Design Thinking werden Menschen dazu ermutigt, total verrückt über den Tellerrand hinauszuschauen, kreativ und grenzenlos zu sein. Und damit man bei all diesem Wahnsinn den Fokus nicht verliert, gibt es das System der Objectives and Key Results. Und natürlich gibt es noch so viel mehr, kein Anspruch auf Vollständigkeit!

Mich macht das glücklich

Wie es sich anfühlt, Dinge ausprobieren zu dürfen, natürlich nach bestem Wissen und Gewissen, aber ohne diesen Zwang, dass direkt alles perfekt funktionieren muss, habe ich in der letzten Woche einmal mehr selbst gespürt. Es beflügelt mich total und macht mich noch viel kreativer, weil ich angstfreier agieren kann. Mein Gehirn hat begriffen, dass es nicht um Leben und Tod geht und ist deshalb einfach viel leistungsfähiger und mutiger. Für mich macht es einen großen Unterschied, nicht als externer Berater ein Produkt an den Mann oder die Frau bringen zu müssen, sondern als interner Coach zum Beispiel mein Herzensprojekt “Feedback-Kultur und Psychological Safety” mindestens ein Jahr lang gestalten und begleiten zu dürfen und dabei sogar die Möglichkeit zu haben, mal etwas auszuprobieren. Denn vielleicht wird dieses “etwas” am Ende zu etwas ganz Großem und ich hatte bislang einfach noch nicht die Möglichkeit oder den Rahmen, es einfach mal zu testen. Und wenn es floppt, dann kann ich es wenigstens loslassen und mich mit anderen Ansätzen beschäftigen. So funktioniert Agilität. Denn wenn nur ein Prozent dieser mutigen und verrückten Mitarbeiter etwas Großes entdecken, während sie sich ausprobieren, dann ist es genau das, was dafür sorgt, dass agile Organisationen am Ende die Nase vorne haben. Denn das sind die Innovationen, die es in klassischen Strukturen nie geben wird.

Aber auch außerhalb der Organisationsstrukturen, in denen wir alle mehr oder weniger gefangen sind, weil wir ja alle unser Geld verdienen müssen, ist es total sinnvoll, hier und da mal von der Schaukel zu springen und vorwärts zu gehen. Auch im privaten Kontext macht das glücklich. Dieser Blog ist hierfür ein gutes Beispiel. Wie lange habe ich davon geträumt, zu schreiben. Eigentlich soll es ein Buch werden. Leider hat der Verleger noch nicht angeklopft! Also dachte ich mir, ich fange mal mit einem Blog an… Über ein Jahr habe ich vor mich hin gegrübelt, wie das funktioniert, also rein technisch, was ich überhaupt schreiben soll, ob es überhaupt jemand lesen würde und so weiter und so fort. Vor einem Jahr bin ich einfach von der Schaukel gesprungen, habe losgelegt und geschaut, was passiert. Ich finde, meine Blogs werden Schritt für Schritt besser, meine sehr laienhaften Marketingstrategien auch und die Leserzahlen steigen zwar langsam, aber stetig. Läuft also! Deshalb werde ich jetzt auch ein weiteres Herzensprojekt angehen, das am Ende richtig fett sein wird, also so richtig, richtig fett! - Wenn es denn was wird. Nur wenn ich darüber immer nur nachdenke, werde ich es nie herausfinden. Deshalb lege ich jetzt los, einen kleinen Schritt nach dem anderen. Und falls ich scheitere, ja mein Gott, was ist denn dann? Dann bleibt alles so wie es jetzt ist und das ist doch auch nicht so schlecht.

Sei mutig und spring hier und da mal ab von deiner schönen Schaukel! Fühlt sich gut an! Macht sogar Spaß!

Deine Constance