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Auf der Suche nach dem Sinn: Abraham Maslow und die Humanistische Psychologie - Agile Mindset anno 1945

Die Humanistische Psychologie - weil der Mensch von Grund auf gut ist…

Der US-Amerikaner Abraham Maslow (1908 - 1970) gilt als Mitbegründer der Humanistischen Psychologie, die sich selbst als “dritte Kraft” der Psychologie sieht. Die Humanistische Psychologie stellt den erlebenden Menschen in den Mittelpunkt und richtet sich damit direkt gegen die vergleichende Verhaltenswissenschaft, die das Verhalten (von Tieren) in den Mittelpunkt stellt und die Psychoanalyse, die vom Verhalten neurotischer Menschen ausgeht. Die Schule der Humanistischen Psychologie fokussiert sich auf das aktive Streben des Menschen nach Anerkennung, Wertschätzung und Selbstverwirklichung um ein erfülltes Leben zu führen. Eine der zentralen Thesen ist die Anerkennung und Aufrechterhaltung der Würde und des Wertes eines jeden Einzelnen.

Maslow war der festen und unerschütterlichen Überzeugung, dass der Mensch von Grund auf gut ist und jeder Mensch die Fähigkeiten und Ressourcen hat, sich kreativ zu entfalten. Er ging davon aus, dass Persönlichkeitsbilder wie Destruktivität, Sadismus und Grausamkeit keine ureigenen menschlichen Verhaltensweisen sind, sondern viel mehr Frustreaktionen darauf, dass die uns angeborenen Bedürfnisse nicht vollumfänglich gestillt werden. Diese Bedürfnisse hat Maslow in seiner Bedürfnispyramide hierarchisch sortiert und seit mehr als 60 Jahren wagt niemand daran zu rütteln. OK, je nachdem, was gerade so los ist, ergänzt man gerne wahlweise WLAN oder Toilettenpapier. In ihren Grundzügen bleit sie jedoch bestehen, was eindeutig zeigt, dass wohl was dran ist, an Maslows Idee vom Menschen.

Die Bedürfnispyramide nach Maslow

Wie gesagt hat Maslow die menschlichen Bedürfnisse hierarchisch angeordnet. Das heißt, die Bedürfnisse müssen nacheinander gestillt werden. Wenn die Basis nicht befriedigt ist, braucht man über die Spitze nicht nachdenken!

Die Basis seiner Pyramide stellen für Maslow die körperlichen Grundbedürfnisse dar: Essen, Trinken, Schlaf, Bewegung. Werden diese Bedürfnisse konstant gestillt, verlieren sie an Bedeutung und der Mensch kann sich anderen Dingen zuwenden.

Auf der nächsten Stufe steht das Sicherheitsbedürfnis: der Wunsch nach Stabilität, Ordnung und Schutz. Wird dieses Bedürfnis nicht gestillt, verliert der Mensch in einer dynamischen und komplexen Welt sofort den Überblick und die Nerven, weil all sein Streben in Richtung einer vorhersagbaren Welt (die es ja nicht gibt! Voll un-VUCA!) geht.

Auf Stufe drei stellt Maslow die sozialen Bedürfnisse: Zugehörigkeit, Freundschafts- und Liebesbedürfnisse, gemocht werden, beliebt sein.

Es folgt auf Stufe vier der Wunsch nach Anerkennung, Respekt, Selbstliebe, Wertschätzung. Diese Bedürfnisebene umfasst auch den Wunsch nach Stärke, Leistung und Kompetenz (was einen durchaus ehrgeizig werden lässt), sowie den Wunsch nach Prestige, Status, Ruhm und Macht, wobei man Macht in diesem Zusammenhang nicht unbedingt negativ bewerten sollte. Es geht vielmehr um die Abwesenheit von Ohnmachtsgefühlen. Klingt gleich netter, oder? Diese Stufe ist die Grundlage für unseren Selbstwert.

Die Spitze der Bedürfnispyramide stellt schließlich das Bedürfnis nach Selbstverwirklichung dar. Hierbei geht es um die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit, die von Person zu Person ganz individuell ist. Im Prinzip geht es um persönliches Wachstum, Persönlichkeitsentwicklung. Letzten Endes geht es darum, seinen individuellen Lebensauftrag zu erfüllen (durch Kreativität, dem Einsatz für Gerechtigkeit, selbstloses Kümmern um andere, etc.). Hierbei kommt es dann zu Eigenschaften wie Kreativität, Fröhlichkeit, Freundlichkeit, Ehrlichkeit, Liebe, Güte, Mut…

Das agile Mindset anno 1945

Mit diesem Ansatz war Maslow anno 1945 ausgesprochen fortschrittlich. Sein Buch “Motivation und Persönlichkeit” hatte großen Einfluss auf Führung und Management, ging man doch bis dato davon aus, dass der Mensch im Wirtschaftskontext, also bei der Arbeit, nicht grund-gut und leistungsbereit sei. Bis dato wurden Menschen in Wirtschaftsorganisationen als unwissender Anwender gesehen, dem man genau sagen muss, was er wie zu tun hat, weil Kreativität ja höchstens etwas für die Top-Chefs war. Man musste Menschen stets antreiben weil sie eigentlich bockig und faul sind und man hielt es zunehmend für eine gute Idee, ihnen Karotten in Form von leistungsabhängigen Boni vor die Nase zu halten, damit sie auch das Maximum an Leistung erbringen.

Und dann kam Maslow, der sagte, dass wenn man Menschen so bezahlt, dass sie sich über die Befriedigung ihrer physiologischen Grundbedürfnisse keine Gedanken mehr machen müssen, man ihnen Sicherheit und Struktur gibt (in dem man nicht permanent mit Kündigung, schlechten Beurteilungen, Gehaltskürzungen, oder Insolvenz des Unternehmens droht), man sie zum Teil des Teams macht, ihnen Anerkennung und Respekt schenkt, hat man plötzlich engagierte, kreative, mutige und leistungsbereite Mitarbeiter, die einen Sinn in dem finden, was sie tun und es deshalb sogar gerne tun! Toll! Was braucht man mehr, in einem zunehmend komplexen und dynamischen Umfeld?

Und wann hat man genug Anerkennung und Selbstverwirklichung???

- Eigentlich nie!

Maslow unterscheidet zwischen Defizit- bzw. Mangelbedürfnissen und den Wachstumsbedürfnissen. Habe ich immer ausreichend Nahrung, Schlaf, emotionale Sicherheit, Zuwendung, fühle mich zugehörig, etc., erlischt irgendwann mein explizites Verlangen nach diesen Bedürfnissen. Kein Mangel vorhanden. Irgendwann ist man eben satt und ausgeschlafen. Alles gut.

Mit den Bedürfnissen nach Anerkennung und Selbstverwirklichung sieht es etwas anders aus. Sie sind aus Maslows Perspektive sogenannte Wachstumsbedürfnisse, an denen wir ein Leben lang arbeiten und eben wachsen. Klar kann ich mein Bedürfnis nach Kreativität zum Beispiel durch das Schreiben eines Blogs stillen. Es ist aber mit Nichten so, dass dann nach soundso vielen Blogs gut ist und das Bedürfnis befriedigt ist. Im Gegenteil, ich wachse und entwickle mich und irgendwann werde ich das Bedürfnis haben, den nächsten Schritt gehen zu wollen, oder zu müssen. Keine Sorge, noch bin ich bei weitem nicht so weit, mich in Richtung Podcast weiterzuentwickeln. Allerdings musste ich mich in ganz anderer Hinsicht in dieser Woche fragen, wo und wie ich mich weiterentwickeln möchte, oder muss, um auch weiterhin glücklich und zufrieden zu sein. Wo soll meine Kreativität hinführen und wo finde ich den geeigneten Rahmen dafür, mich entsprechend auszutoben? Zum Glück hatte ich bereits während des ersten Lockdowns schon genügend Zeit, mir Gedanken darüber zu machen, was denn mein ganz eigener individueller Lebensauftrag sein könnte, was mich erfüllt und glücklich macht und wo ich mich weiterentwickeln möchte. Bei den Wachstumsbedürfnissen müssen wir Menschen perspektivisch denken und handeln, um auch weiterhin glücklich und zufrieden zu bleiben. Jedoch bedeutet dieses perspektivische Denken auch, dass wir uns immer mal wieder aus unserer Komfortzone hinaus bewegen müssen. Das hört sich so einfach an und ich weiß nicht, wie häufig ich genau dieses “Raus aus der Komfortzone” im Lehrsaal propagiert habe… Wenn man darüber spricht, hört sich das so sinnvoll und selbstverständlich an. In dieser Woche habe ich an mir selbst merken dürfen, wie schwierig das ist, wie viel Angst das macht. Ich habe aber auch gemerkt, wie gut es sich anfühlt, wenn man diese Angst überwunden hat und über den eigenen Schatten gesprungen ist. Nach einigen weniger ruhigen Nächten, spüre ich jetzt eine große Euphorie und das Gefühl, dass die Welt mir offensteht und mein Leben eben nicht auf ausgetretenen Pfaden stattfindet, die zwar super sicher, aber auch totlangweilig sind. Wo und wie ich mich dann zukünftig mit der Machete des Mutes durch den Dschungel des Neuen und Unbekannten aufmachen werde, werde ich in den nächste Wochen berichten, mit aller Euphorie und allen Unsicherheiten.

Eure Constance